Nächte am Nil
hatte ihm gesagt:
»Wenn die Untersuchungen über diesen teuflischen Attentatsversuch abgeschlossen sind, werden wir Ihren Jungen herüberholen. Es ist sogar möglich, daß Sie drei Monate Urlaub bekommen, um Ihren Haushalt in Deutschland aufzulösen und ganz in unser Land umzusiedeln. Sie wissen, Sir, daß wir Ihnen die Staatsangehörigkeit angeboten haben. Sie wären nicht der einzige Deutsche, der hiergeblieben ist und jetzt einen ägyptischen Namen trägt.«
»Ich weiß, General.« Alf Brockmann hatte an Assban vorbeigesehen in die unendliche Wüste. »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Nach Birgits Tod hält mich nichts mehr in Deutschland. Ich glaube, ich werde Ihr Angebot annehmen. Im Augenblick bin ich so leer wie die Wüste und ebenso leblos wie der ausgeglühte Sand.«
General Yarib Assban wußte dagegen das beste Mittel, wie er aus seiner orientalischen Einstellung zu allen Dingen des Lebens glaubte. Er sprach Aisha an, die am Schwimmbecken mit einem Netz saß und Blätter aus dem Wasser fischte, und zog sie an den Haaren auf die Beine.
»Hör mal, du schwarze Wildkatze«, sagte er streng, »ich habe gehört, du willst bei dem weißen Herrn in Dienst treten?«
»Ja, General, wenn ich darf«, antwortete Aisha ängstlich und schlug die Augen nieder. Assban lachte und ließ ihre Haare los.
»Du liebst ihn?«
»Nein!« rief Aisha in gespieltem Entsetzen.
»Lüg nicht! Soll ich dich ausprügeln lassen? Ich sehe es an deinen Augen, sie leuchten wie die Sternaugen der Huris im siebten Himmel Allahs. Du siehst den weißen Herrn an und denkst dabei ans Bett.«
»O Herr«, stammelte Aisha und fiel auf die Knie. »Verraten Sie mich nicht. Er wird mich sonst nicht nehmen.«
Es gelang Aisha vorzüglich, diese Rolle zu spielen. General Assban winkte ab und schob die Unterlippe vor.
»Ich genehmige es, du schwarzer Satan«, sagte er und blinzelte Aisha an. »Du trittst bei ihm in Diensten als Mädchen für alles. Verstehst du: für alles. Weißt du, daß seine Frau gestorben ist?«
»Ja, Herr. Ich habe die Urne gesehen.«
»Ein Mann ohne Frau ist wie ein verdorrter Weinstock, sagt der Prophet. Sorge dafür, daß Mr. Brockmann nicht verdorrt.«
»Herr …« Über Aishas Gesicht lief eine dunkle Röte. Assban winkte ab.
»Zier dich nicht, du heiße Stute. Ich weiß, daß du Tag und Nacht davon träumst. Ich will es ja. Ich lege dich ihm ins Bett. Und noch eines …« Er beugte sich nieder und griff wieder in Aishas lange, schwarze Haare: »Es gehört zu meinen Plänen, daß du in seinem Bett liegst, hörst du? Ich lasse dich von einem riesigen Nubier auspeitschen, wenn du nicht in kürzester Zeit seine Geliebte geworden bist.«
»Was nennst du kurze Zeit, Herr?« fragte Aisha leise.
»Ein paar Wochen. Er soll vergessen, was war. Du sollst ihm die Gegenwart versüßen und die Zukunft vergolden. Er soll glücklich sein. Glückliche Männer fragen nicht. Du verstehst?«
»Ich verstehe, Herr.«
»Du trittst sofort in seine Dienste ein. In drei Wochen will ich wissen, daß du ihn liebst.«
»Ja, Herr. Ich werde mir Mühe geben.«
Aisha senkte demütig den Kopf. Assban zögerte, dann strich er ihr über den Kopf, die Schulter, die Brüste und seufzte dabei leise. Es ist schwer für einen Mann, auch für einen General, Schönheit so klaglos zu verschenken.
So war nun auch Aisha immer in Alfs Nähe, wohnte unter einem Dach mit ihm, schüttelte seine Decken, putzte seine Schuhe, wusch seine Hemden, servierte ihm Fruchtsäfte und stand, wenn er zu Hause war, immer hinter ihm wie ein Sklave, der bereit ist, sich auf den Wink seines Herrn in den Nil und zwischen die Krokodile zu stürzen.
Alf Brockmann nahm ihre Gegenwart wahr, er war höflich zu ihr, freundlich und half ihr sogar beim Aufräumen, mehr aber war nicht zwischen ihnen. Das kurze Gefühl, das Flimmern in den Nerven, das sie bei ihrer ersten Begegnung in der Oase Bir Assi gespürt hatten, war nach dem Tode Birgits aus Brockmann verschwunden. Nach dem Attentat auf Lore Hollerau wurde sein Verhältnis zu Aisha noch distanzierter. Jetzt war er nur noch für Lore da und für den großen Plan, alles Gewesene zu vergessen und ein neues Leben anzufangen, unter einem ägyptischen Namen, mit Jörgi und Lore. Und mit Aisha, natürlich. Mit Aisha als gutem Geist des Hauses. Als lautlosem Engel, der alltägliche Wünsche möglich machte.
Aisha fühlte anders. Sie haßte Lore Hollerau von dem Augenblick an, als sie erkannte, daß ihre Blindheit zum stärksten Band
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