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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sind gesund«, sagte er in deutscher Sprache. »Ich brauche nur in Ihre Augen zu sehen. Der Blick eines Kranken ist anders.«
    Birgit nickte leicht. »Ja –« Ihre Stimme war klein und voller Hilflosigkeit. »Bitte, bitte helfen Sie mir, Doktor …«
    Der Hakim sah sich um. Er kannte die orientalischen Paläste. Man war allein und doch nicht unbeobachtet. In einer Säule, in einer arabesken Verzierung, in einer Lampe konnte ein Abhörgerät eingebaut sein, hinter einer Wand durch einen Schlitz in dem zahlreichen Schnitzwerk, konnten wache Augen lauern.
    Er antwortete deshalb nicht, sondern packte seine Arzttasche aus, entnahm ihr ein Membranstethoskop und beugte sich zu Birgit herunter.
    »Sprechen Sie ganz leise, ohne die Lippen zu bewegen«, flüsterte er, während er so tat, als horche er Birgit das Herz ab. »Können Sie das?«
    »Ja –«, hauchte sie. Sie legte den Kopf zurück und starrte an die Decke. Der Hakim beugte sich näher zu ihr.
    »Er hat mich betäubt und entführt«, flüsterte Birgit. »Er will mich zwingen … Sie wissen … was ich meine … Aber alle Millionen können mich nicht dazu bewegen … Ich suche meinen Mann … Dr. Alf Brockmann … Raketenwissenschaftler … deshalb bin ich in Ägypten …«
    »Atmen Sie ein paarmal tief durch«, sagte der Hakim laut. »Und sagen Sie mal laut Ah!«
    »Ah –«, machte Birgit.
    Der Arzt nickte und ›horchte‹ weiter ab. Er betastete Birgits Kopf und bewegte dabei die Lippen wie in einem stummen Selbstgespräch. In Wahrheit sagte er leise:
    »Es gibt nur eine Möglichkeit herauszukommen: Sie müssen sehr krank sein und in eine Klinik gebracht werden. Ich werde Sahedi sagen, daß Sie sterben werden, wenn Sie nicht sofort zu Professor Babachelma kommen. Babachelma ist Facharzt für Herz und Kreislauf. Ich werde sagen, Sie haben einen schweren Herzschaden. Das muß er glauben.«
    Birgit schloß die Augen. Es war ein Zeichen der Zustimmung. »Ich danke Ihnen, El Hakim«, sagte sie leise.
    Der Arzt lächelte. Er rollte die Schläuche des Stethoskops zusammen und packte sie in die Tasche. Dann deckte er Birgit wieder zu. Im gleichen Augenblick öffnete sich wieder die Tür und Faruk trat ein.
    Also doch beobachtet, dachte der Arzt. Es müßte kein Harem sein, wenn nicht ständig ein Paar Augen wachen.
    »Was fehlt meiner Sonne?« fragte Sahedi blumig. »Ist sie sehr krank?« Besorgt sah er zu Birgit. Sie lag mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen, als sei sie schon gestorben.
    »Gehen wir hinaus«, sagte der Arzt gedämpft. »Sie muß jetzt schlafen.«
    Vor dem Zimmer, in einer leeren, prunkvollen Halle, trat der Arzt an die vergitterten Fenster und sah hinaus in den märchenhaften Innenhof mit den Brunnen und den alabasternen Bänken.
    »Sie ist sehr krank.«
    Sahedi wurde blaß. »Sie erschrecken mich, Doktor.«
    »Die Wahrheit ist immer erschreckend. Und ich soll doch die Wahrheit sagen.«
    »Die volle! Rücksichtslos.«
    »Sie hat einen schweren Herzschaden. Der linke Herzmuskel arbeitet nur noch zögernd, die Durchblutung ist gestört. Ein böser Fall von Coronarinsuffizienz.«
    »Und was soll geschehen?« fragte Sahedi zurück.
    »Sie muß in die Klinik von Professor Babachelma.«
    »Unmöglich!« Faruk wandte sich ab. Sein dicker Nacken zuckte. »Ich soll meine Sonne weggeben, wo ich sie gerade erobert habe?«
    »Wollen Sie in drei oder sechs Tagen eine Tote umarmen?« fragte der Hakim grob.
    »So akut wird es nicht sein.«
    »So akut ist es!« Der Arzt löste sich vom Fenster und schritt zum Ausgang. Faruk rannte ihm nach und riß ihn am Ärmel zu sich herum.
    »Ich habe genug Räume in meinem Haus. Ich kann mir eine eigene Klinik leisten. Ärzte, Schwestern, alle nötigen Geräte. Ich habe Millionen. Ich kann auch einen Professor Babachelma bezahlen. Er soll zu mir kommen und meine goldene Taube behandeln. Ich miete Babachelma!« rief Sahedi. Sein rundes Gesicht glühte.
    Der Arzt sah ihn fast mitleidig an. »Es gibt Dinge, die man nicht mit Millionen kaufen kann … Babachelma nicht, nicht ein neues Herz, und auch nicht die Liebe einer Frau.«
    »Alles hat seinen Preis.«
    »Dann kaufen Sie den Tod ab. Versuchen Sie es.« Der Arzt drückte die goldene Klinke herunter. Hinter der Tür warteten zwei stumme, riesige Diener in weißen Burnussen. In ihren Gürteln glitzerten Dolche und silberbeschlagene, langläufige Pistolen. »Ich habe Ihnen als Arzt einen Rat gegeben, den einzigen, den es gibt. Von jetzt ab tragen Sie allein die

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