Nächte am Nil
geheimnisvolle, berüchtigte Henker der Abwehr.
Zareb hatte dem Tod ins Auge gesehen.
*
Villa ›Roseneck‹, der Wohnsitz Hauptmann Brahms' im Villenviertel von Kairo, hatte einen neuen Bewohner.
Allerdings wußte das niemand als der Diener und Vertraute, der nubische Neger Baraf, ein riesenhafter Mensch mit dem Kopf eines Gorillas und mit Oberarmen wie dreifach gedrehte Schiffstaue. Baraf verdankte sein Leben dem deutschen Hauptmann Josef Brahms. Vor zwei Jahren war er von der ägyptischen Polizei ergriffen worden, als er gerade dabei war, zwei Menschen zu erwürgen, in jeder Hand einen. Er wurde zum Tode verurteilt, aber Brahms sah ihn in der Todeszelle, als er einen gefangenen Spion besuchte, und sagte später zu General Assban: »Dieses nubische Untier ist genau das, was ich brauche. Wenn dieser Baraf bei mir ist, brauchen wir keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen.«
Der Nubier Baraf wurde begnadigt und Diener von Brahms. Seit zwei Jahren schwieg er wie das Grab, dem er entronnen war. Er hätte sich für seinen Herrn vierteilen lassen, ohne ein Wort zu sagen.
Als Zuraida in die Villa ›Roseneck‹ gebracht wurde, war es Baraf, der sich ihrer annahm, ihr ein Zimmer unter dem Dach gab, sie mit Essen und Trinken und den neuesten Zeitungen und Illustrierten versorgte und sie vor allen Besuchern verborgen hielt.
Vier Tage darauf fuhr man Brahms nach Kairo. Seine Platzwunde heilte gut. General Assban sah ein, daß es besser sei, wenn Brahms zu Hause bliebe, als in einem Krankenhaus zu liegen, zumal die flüchtige Agentin noch nicht gefaßt war. Nach einem kurzen Gespräch ließ er ihn wieder zurückbringen. Kaum war der Militärkrankenwagen abgefahren, rannte Brahms hinauf ins obere Stockwerk.
Zuraida empfing ihn mit offenen Armen. Mit einem lauten Seufzen umarmten sie sich.
»Der Herr ist sehr krank, er schläft gerade«, sagte der Diener Baraf zu jedem, der in den nächsten Stunden Brahms sprechen wollte. »Ich kann ihn unmöglich wecken. Es täte ihm nicht gut.«
Am nächsten Tag aber entwickelte die ›Dienststelle Darahn‹ eine rege Tätigkeit. Nach guter, alter deutscher Polizeiarbeit begann man das Puzzlespiel mit den Mosaiken winziger Spuren und Frageergebnissen. Drei Tage lang wurde alles verhört, was mit europäischen Reisenden in Berührung kommen konnte … vom Flugkapitän bis zur Toilettenfrau, vom Kamelvermieter bis zum dreckigsten Ruderbootverleiher. Sogar die Limonadenverkäufer am Nilufer wurden befragt und die ›blinden Bettler‹ an den Anlegestellen. Auch die hatten nichts gesehen.
Aber dann, am dritten Tag, rannte Brahms in Zuraidas Zimmer und schwenkte eine Funkmeldung des Einsatzwagens VI.
»Das kann es sein!« rief er. »Das ist eine heiße Spur! Zuraida, Liebling, wie sieht diese Birgit Brockmann aus?«
»Mittelgroß, herrliches blondes Haar, ein ebenmäßiges, nicht zu schlankes Gesicht, eine schöne, frauliche Figur, blaue, strahlende Augen.«
»Also ein absolut ›deutscher Typ‹?«
»Nicht ganz. Sie sieht, wie soll ich sagen …« Zuraida suchte nach einem passenden Ausdruck. »Sie sieht interessant und doch süß aus.«
»Hier!« Brahms schwenkte wieder die Funkmeldung vom Nilufer. »Wir haben einen Dolmetscher verhört. Er hat vor drei Tagen einer deutschen blonden Frau Auskunft gegeben. Sie wollte wissen, wie man nach Fort Gizeh kommt. Das hat ihn maßlos verwundert.«
Zuraida sprang auf. »Das war sie. In Fort Gizeh hat Brockmann einmal gearbeitet, bis man ihn nach Bir Assi brachte.«
»Diese blonde Frau hat ein Boot bestiegen, ein Rundfahrtboot. Wir haben den Schiffsführer auch verhört. Er sagt, die blonde Frau sei nach der Rundfahrt wieder ausgestiegen.« Brahms setzte sich. »Merkwürdigerweise aber hat der Dolmetscher, der an diesem Tag bis zur Abenddämmerung Dienst hatte, sie nicht zurückkommen sehen.«
»Man sollte den Schiffsführer genauer verhören.«
»Er ist schon auf dem Wege hierher, mein Süßes.« Brahms lächelte, griff in Zuraidas Haare und zog sie an sich.
Baraf, der Nubier, war so diskret, erst dreimal zu klopfen, ehe er vor der Tür laut sagte: »Herr, der Verhaftete wartet unten.«
»Ich komme sofort.« Brahms löste sich aus den Armen Zuraidas und ordnete seine Haare und seine Kleidung. Leise sagte er: »Wir werden uns noch mit unserer Liebe umbringen.«
»Wäre das nicht der schönste Tod, Liebster?«
»Schöner wäre es, das Leben anzuhalten und ein Jahrzehnt lang so glücklich zu sein.«
Zuraida schüttelte den Kopf. Sie
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