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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Uhr. Sie schüttelte den Kopf und ritt nahe an Alf Brockmann heran.
    »Es ist noch zu früh, Oulf, um für heute Schluß zu machen. Auch gestern haben wir Zeit verloren. Und wenn wir täglich immer weniger reiten, erreichen wir die Grenze nie.«
    »Lore kann nicht mehr.« Brockmann sah hinüber zu Lore Hollerau. Wie eine festgebundene Puppe mit zerbrochenen Gliedern schwankte sie im Paßgang des Kamels hin und her.
    Aisha schob die Unterlippe vor. Sie wußte, wie es werden würde. Die Ruhepausen wurden immer länger, die Kilometerzahl, die sie wegritten, immer niedriger. Und eines Tages würden sie im Sand liegen, und der Wüstenwind wehte sie zu. Drei Menschen und vier Kamele.
    Brockmann nickte, als er Aishas Gesichtsausdruck sah. »Ich weiß«, sagte er langsam. »Warum sollen wir erreichen, was bisher noch niemand gekonnt hat? Sollen wir umkehren, Aisha?«
    »Nein.«
    Es war eine klare, harte Antwort.
    »Du wirst nie mehr ein freier Mensch sein, wenn du zurückkehrst.« Aisha sah Brockmann mit einem fast fanatischen Blick an. »Ich habe gelernt, daß die Freiheit mehr ist als alles Gold dieser Erde. Wir wissen, was Knechtschaft ist, Oulf. Immer gab es bei uns nur Herren und Sklaven, und ich komme aus einem Geschlecht, das nur dienen mußte und sich unter der Peitsche der Großen krümmte.« Sie beugte sich zu Brockmann und griff nach seinem Arm. »Ich werde lieber mit dir sterben, als mit dir in Unfreiheit leben.«
    Brockmann schwieg. Was ist Freiheit, dachte er. Gibt es sie überhaupt? Immer und überall regiert die Gewalt, herrschen die Ellbogen und Fäuste, ist der Erfolg bei den Skrupellosen. Die Masse Mensch merkt es schon gar nicht mehr. Sie hat sich daran gewöhnt.
    Ehe Alf etwas antworten konnte, sah er, wie Lore Hollerau stärker schwankte, wie sich ihre um den Sattelknauf gekrallten Finger lösten und der schlaffe Körper abzurutschen begann. Mit einem lauten Ruf und zwei Peitschenschlägen trieb er sein Kamel voran und erreichte Lore gerade noch, als sie aus dem Sattel fiel. Er griff daneben, faßte nur noch ihre Bluse, der Stoff zerriß, und mit entblößtem Oberkörper fiel Lore in den Sand und lag unbeweglich, mit ausgebreiteten Armen in der Glut, als sei sie eine weggeworfene, zerschlissene Puppe.
    Brockmann ließ sich ebenfalls vom Kamel fallen, noch bevor die Zeremonie des Niederkniens beendet war. Er nahm Lores Kopf in beide Hände, massierte ihr die Wangen und dann die Brust und küßte sie auf die aufgesprungenen, trockenen, ausgedörrten Lippen. Aisha ritt heran und stieg ebenfalls ab. Steif stand sie neben Alf, starrte hinunter auf die schönen, weißen Brüste und mußte an sich halten, um nicht die Hände Brockmanns zurückzureißen, die immer wieder massierten und klopften und so grauenhaft zärtlich waren.
    »Wasser!« schrie Brockmann Aisha an. Sie zuckte zusammen. Ihre schwarzen, großen Augen wurden zu Schlitzen wie die Augen einer Schlange. »Und die Medizintasche! Steh doch nicht herum und sieh zu!« Und als sich Aisha noch immer nicht rührte, legte er Lores Kopf in seinen Schoß und zog sein Hemd aus, deckte es über den nackten Oberkörper des Mädchens und gab sich selbst der gnadenlosen Sonne preis.
    »Gut denn«, sagte er heiser. »Dann ist das hier das Ende. Nimm dein Kamel und reite weiter, Aisha. Ich brauche dich nicht mehr!«
    Aisha ging langsam zu dem Lastkamel und schnallte den Wassersack und eine Kiste ab. In der Kiste war die Reiseapotheke. Sie schleppte Wassersack und Apotheke zu Brockmann, tauchte ein Handtuch in das Wasser und begann wortlos, das Gesicht und die Brust Lores zu waschen. Dann hielt sie Brockmann ein Röllchen mit Tabletten hin und füllte einen Lederbecher mit Wasser.
    »Wieder ein Tag weniger«, sagte sie, als Lore mühsam die Tabletten schluckte und das nasse Handtuch über ihre Stirn legte. »Das war der Wasservorrat für vierundzwanzig Stunden.«
    Während sich Brockmann weiterhin um Lore bemühte, baute Aisha das Nachtlager auf. Die Decken, ein Sonnensegel, der Spirituskocher, die Kiste mit den Verpflegungsbüchsen. Die Kamele knieten im heißen Sand und schienen zu schlafen. Sie hatten die Augen geschlossen, und ihre Köpfe schwebten knapp über dem Boden.
    Nach einer halben Stunde trat Brockmann zu Aisha und half ihr beim Aufrichten des kleinen Schlafzeltes. Da Zeltheringe in dem Sand keinen Halt fanden, beschwerte man die Leinwand ringsherum mit Kisten und schaufelte Sandhügel darauf.
    »Sie schläft«, sagte Brockmann und stützte sich auf

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