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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Brockmanns. »Verräter. Mein Vater. Totgeschlagen wie eine Ratte. Ich wurde nicht wahnsinnig, o nein, aber ich lernte, was Haß ist. Haß auf mein eigenes Volk. Und ich stellte mich denen zur Verfügung, die meine Landsleute mehr hassen als den Scheitan: Den Israelis. Ich wurde eine Agentin …«
    Brockmann sprang nun doch auf. Aisha sank zurück in den Sand, ein Häufchen Mensch, sie kroch fast in sich zusammen und versteckte sich hinter dem Vorhang ihrer Haare.
    »Du … du bist auch vom Geheimdienst?« fragte Brockmann stockend. »Und du bist nur zu mir gekommen, um mich zu überwachen?«
    »Zunächst ja. Oh, ich kannte dich ja nicht, Oulf. Aber dann sah ich dich … weißt du noch, in der Nacht, am Brunnen von Bir Assi? Und in der ersten Sekunde, als ich dich sah, wußte ich, daß mein Leben von dieser Nacht an anders werden würde.«
    Brockmann senkte den Kopf. Was Aisha erzählte, erschütterte ihn maßlos. Weniger ihr tragischer Lebenslauf als vielmehr das verrückt wachsende Gefühl, dieses heiße Drängen zu ihr, zu ihren Lippen, zu ihrem katzenhaften, bronzenen Körper. Er wandte sich schroff ab und blickte auf Lore Hollerau. Ihre Sonnenbrille war verrutscht. Die Lider waren vernarbt. Und darunter lagen fahle, braune, leblose Augen. Lag das ewige Dunkel.
    »Wer hat das Sprengstoffpaket zu mir gebracht?« fragte Brockmann plötzlich laut. Er wagte nicht, sich dabei umzudrehen und Aisha anzusehen. Das kann nicht sein, dachte er bloß. Wenn das wahr ist, o mein Gott, was mache ich dann?
    »Wer hat das Paket gebracht?« fragte er noch einmal, als er keine Antwort bekam.
    Schweigen. Dann die Stimme Aishas, ganz klein und wie erstickt:
    »Du wolltest den töten, der das Paket gebracht hat …«
    »Ja.«
    »Du wirst es nicht nötig haben, Oulf.«
    Brockmann wirbelte herum. Aisha kniete im Sand und hatte die Pistole gegen ihre Schläfe gedrückt. Er sah, wie sich ihr Finger durchbog, wie er sich dem Druckpunkt näherte.
    »Aisha!« brüllte er grell. »Aisha! Nein! Nein!«
    Mit drei riesigen Schritten sprang er auf sie zu, stürzte sich auf sie, schlug ihr die Waffe aus der Hand. Sie rollten ringend durch den aufstaubenden Sand, sie umklammerten sich, wie eine Wildkatze biß und kratzte Aisha um sich … dann lag sie plötzlich still, ihre Arme schlangen sich um Brockmanns Nacken und ihre halbgeöffneten Lippen glühten ihm entgegen.
    »Oulf …«, flüsterte sie. »O Oulf – wie liebe ich dich.«
    Willenlos ließ sich Brockmann zu ihr herunterziehen. Ihr Mund, ihr Körper wölbten sich ihm entgegen. Er starrte in ihre Augen, in diese großen, schwarzen, glühenden Augen, die unter seinen streichelnden Fingern zu explodieren schienen.
    »Ich bringe dich um …«, stammelte Brockmann. »Ich bringe dich um …«
    »Welch ein herrlicher Tod, Oulf.« Ihr Körper bebte.
    »Aisha –«, flüsterte er. »Wir sind wahnsinnig.«
    »Es ist der einzige Zustand, in dem wir glücklich sein dürfen.«
    Sein Kopf sank auf ihre Brust … und dann war keine Wüste mehr um ihn, keine glühende Sonne, keine Hoffnungslosigkeit, keine Todesangst … er sah und fühlte und hörte nur Aisha und hätte heulen können vor Glück.
    Als die Nacht hereinbrach, weckten sie Lore und gaben ihr zu essen und zu trinken.
    Sie vermieden es, sich anzusehen, sie sprachen kaum miteinander. Nach dem Vulkanausbruch ihrer Leidenschaft war die Ernüchterung gekommen, fiel über sie her mit einer vielfach verstärkten Gewalt.
    Noch sieben Tage Wüste. Noch sieben Tage Sand. Noch sieben Tage Sonnenglut.
    Aber die Wassersäcke hatten nur noch einen Vorrat für fünf Tage. Aisha hatte die Flüssigkeitsmenge durchgerechnet. Zwei Tage fehlten. Zwei Tage ohne Wasser bei 60 Grad Hitze. Man durfte nicht weiterdenken. Das Grauen kroch frierend durch den Körper.
    »Es geht mir wieder besser«, sagte Lore Hollerau. Sie saß gegen eine Kiste gelehnt und trank den starken Kaffee, den Aisha gekocht hatte. »Vorhin dachte ich, es ist zu Ende. Ich bin heruntergefallen, nicht wahr?«
    »Ja. Du warst völlig fertig.« Brockmann streichelte ihren Handrücken. Aishas Augen blitzten nicht mehr auf. Sie streichelt er, mich liebt er, dachte sie. Sie war die Siegerin; sie konnte sich den Luxus leisten, ihm das Mitleid für die andere zu gönnen.
    »Aber jetzt fühle ich mich wieder stark.« Lore erhob sich und tastete nach Alf. »Sieh mal, wie sicher ich wieder gehen kann. Ich glaube, heute war der heißeste Tag.«
    Langsam gingen Brockmann und Lore zwischen den ruhenden

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