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Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Titel: Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Anderson
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entfliehen zu können.
    „Weißt du, was ich gar nicht mag?“
    Er machte unschuldige Augen, wagte jedoch nichts zu sagen. Sein Kumpel rappelte sich inzwischen hoch und schaute uns schockiert an.
    Ich ließ eine lange Pause entstehen.
    „Menschen, die lügen!“
    Nun rannte er los, um sein Heil in der anderen Richtung zu suchen. Die Hoffnung auf den Erfolg der Lüge hatte sich jäh zerschlagen.
    Jeder weiß doch, dass diese immer nur neue Probleme bringen. Warum lernen Menschen so selten aus ihren Fehlern?

Aufzeichnungen des Gordon von Mirbach

    Heute wurde ich erneut zum Innenminister gerufen. Er empfing mich sitzend und bot mir nicht einmal einen Stuhl an.
    Also blieb ich stehen. Während der Erniedrigung zeigte sich die Stärke des eigenen Charakters. Sollte der Mann seine primitive Freude ruhig genießen. Dadurch fühlte er sich offensichtlich mächtig. Menschen ohne Selbstwert beziehen aus der Herabwürdigung Untergebener die Illusion der eigenen Wichtigkeit, machten sich aber letztlich nur lächerlich.
    „Haben Sie den Gesuchten?“, eröffnete er grußlos das Gespräch.
    „Nein.“
    „Nein?“ Er zog das Wort in die Länge.
    „Man sägt an meinem Stuhl und nennt mich zahnlos“, begann er seinen Vortrag, „und das alles nur, weil ich mich auf einen abgehalfterten Adligen und eine kleine Russin verlasse.“
    Der Minister zischte mich böse wie einen nutzlosen Lakaien an.
    Es klopfte. Ein Beamter schob auf einem Schiebewagen verschiedene Speisen unter verzierten historischen Hauben aus Silber in den Raum.
    „Selbst wenn Ihre Familie noch so berühmt Familie ist, am Ende werden Sie zerfleischt.“
    Dabei begann er sein Essen zu beschnuppern, als wäre dieses viel bedeutsamer als das Gespräch. Mit diesem Benehmen wollte er mich weiter demütigen.
    Der Minister hatte sehr schlechte Zähne und begann schmatzend sein Essen zu kauen.
    „Übrigens, Ihre Freundin ist in Amerika keine Unbekannte!“
    Er schob mir eine Akte herüber.
    „Na, setzen Sie sich schon“, knurrte er unwillig.
    Ich tat es.
    Das Dokument war ein allgemeiner, an alle EU-Länder gerichteter Fahndungsaufruf für Olga. Das Foto war eindeutig. Die Behörden in den Vereinigten Staaten wussten offenbar nicht genau, wo sie sich momentan aufhielt. Das war ungewöhnlich.
    „Wussten Sie, dass sie wegen Mordes gesucht wird?“
    Ich schüttelte erstaunt den Kopf.
    „Wenn an die Öffentlichkeit kommt, dass diese Person für uns arbeitete und Asyl sowie freies Geleit versprochen bekam, sind wir geliefert.“
    Ich hatte schon viele solcher Ersuche gesehen. Wenn die Amerikaner jemanden suchten, wurde immer ein angeblicher Mord oder Terrorgefahr vorgeschoben. Das verlieh dem Dokument international Gewicht.
    „Werden Sie Ihre Zusage an Frau Woroman einhalten?“
    Der Mann unterbrach sein Essen und fixierte mich so, als hätte ich ihn bei der wichtigsten Sache der Welt gestört.
    „Wo ist denn der Anwalt?“
    „Ich weiß es nicht.“
    Der Minister genoss die Pause.
    Meine Ruhe nervte ihn jedoch bald.
    „Sie haben inzwischen ein totes Mädchen gefunden?“
    „Ja, damit haben wir eine erste Spur“, entgegnete ich.
    Er belehrte mich: „Das ist nun sogar ein Mordfall. Die Bürger werden noch unruhiger. Stirbt noch eine Vermisste und Sie haben zusammen mit Ihrer Kleinen bis dahin nicht den Täter geschnappt, lasse ich Sie beide fallen. Finden Sie zumindest den Anwalt!“
    „Wir tun unser Bestes.“
    Er lachte.
    „Soll ich Ihnen dazu etwas sagen?“, fragte er voller Ironie und Gehässigkeit.
    Mein Dienstherr schob sich einen Bissen in den Mund und kaute ihn genüsslich mit seinen wenigen stumpfen Zähnen von einem Kiefer zum anderen.
    „Ich will hier noch etwas sitzen. Meine neue Frau möchte ein größeres Haus. Diese jungen Dinger sind teuer. Die alte macht mir dagegen die Hölle heiß und verlangt eine höhere Abfindung! Ich brauche diesen Job! Also strengen Sie sich an! Ihnen bleibt noch eine Woche. Ohne irgendwelche grandiosen Erfolge war es das. Vorher verhaften Sie aber noch die Russin!“
    Mein Gesicht wurde wurde bleich. Der Wortbruch Olga gegenüber erschien mir noch schlimmer als der Rest.
    „Zählen die schriftlichen Zusagen nicht?“
    „Diese sind für eine Olga Nikolaewna und nicht für eine Olga Nikolajewna. Ein Buchstabe mehr oder weniger wiegt manchmal schwer. Warum werden die kyrillischen Lettern auch jedes Mal unterschiedlich übertragen? Die Russin kann sich ja notfalls bei Gericht beschweren ...“, er ließ eine lange

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