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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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gut, ich will nur ein bisschen schlafen. In ein paar Wochen ist schon Weihnachten, und dann komme ich nach London, wie versprochen. Eine ganze Woche lang.«
    »Ich bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist«, beharrte Brian.
    Als sie aus ihrem Alptraum erwachte, war er fort. Der Traum war so real, so erschreckend deutlich und lebensecht gewesen wie die Ereignisse vor zwölf Jahren. Kalter Schweiß perlte auf ihrer Haut, als sie nach dem Lichtschalter tastete. Sie brauchte Licht. Im Dunkeln konnte sich so viel verbergen.
    Jetzt herrschte Stille. Fünf Uhr morgens, und alles war ruhig. Die Party war vorbei, und sie war alleine, sicher hinter den Glaswänden ihres Zimmers. Langsam, wie eine alte Frau, stieg sie aus dem Bett, um ihre Kleider abzulegen und in einen Bademantel zu schlüpfen. Behutsam schob sie die Tür auf und schaltete eine weitere Lampe ein.
    Heillose Unordnung bot sich ihrem Blick. Der Geruch nach schalem Bier, kaltem Rauch, Parfüm und Schweiß hing in der Luft. Emma schielte nach oben zu Mariannes Schlafzimmer. Sie wollte sie jetzt nicht stören, indem sie das Chaos sofort beseitigte, obwohl ihre pingelige Natur sich dagegen sträubte. Sie würde bis Sonnenaufgang warten.
    Da war noch etwas, was sie erledigen musste, und sie wollte es sofort tun, ehe die Bedenken die Oberhand gewannen. Sie griff zum Telefon und wählte die Nummer der Auskunft.
    »Hallo. Ich hätte gern die Nummern von American Airlines, Pan Am und TWA.«

17
    Sie würde keinerlei Schuldgefühle aufkommen lassen. Tatsache war, dass sich Emma im Augenblick weigerte, überhaupt etwas zu empfinden. Ihr war klar, dass ihr Vater einen Tobsuchtsanfall bekommen würde, wenn er herausfände, dass sie ohne Leibwächter nach Kalifornien geflogen war. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Ausflug unbemerkt blieb. Mit etwas Glück könnte sie zwei Tage in Kalifornien verbringen, am Sonntag den Nachtflug erwischen und Montag morgen an ihren Kursen teilnehmen, als sei nichts gewesen. Nur Marianne war eingeweiht.
    Dem Himmel sei Dank für Marianne, dachte Emma, als das Flugzeug sanft aufsetzte. Sie hatte keinerlei Fragen gestellt, nachdem sie bemerkt hatte, dass die Antworten der Freundin Qualen bereiteten. Statt dessen war sie im Morgengrauen aufgestanden, hatte sich mit einer blonden Perücke, Sonnenbrille und Emmas Mantel ausstaffiert und war, die Leibwächter im Schlepptau, mit dem Taxi zur Frühmesse gefahren.
    Dieses Manöver ließ Emma genügend Zeit, zum Flughafen zu hetzen und einen Flug an die Küste zu buchen. Für Sweeney und seinen Partner verbrachte Emma McAvoy ein gemütliches Wochenende zu Hause. Sollten Brian oder Johnno anrufen, würde Marianne eben eine Ausrede erfinden müssen; darin war sie unschlagbar.
    Jetzt ließ sich eh nichts mehr ändern. Sie war hier, und sie würde tun, was sie tun musste.
    Sie musste das Haus noch einmal sehen. Zwar war es äußerst unwahrscheinlich, dass es ihr gelänge hineinzukommen, da das Haus schon vor Jahren verkauft worden war, aber sie musste es zumindest noch einmal sehen.
    »Zum Beverly Wilshire«, wies sie den Fahrer an.
    Erschöpft ließ sie den Kopf gegen die Polster sinken und schloss die Augen hinter der dunklen Brille. In ihrem Wintermantel war ihr viel zu warm, aber sie konnte sich nicht dazu aufraffen, ihn auszuziehen. Sie brauchte einen Mietwagen, stellte sie ärgerlich schnaubend fest. Warum hatte sie sich nicht vorher darum gekümmert? Kopfschüttelnd beschloss sie, die Angelegenheit sofort zu regeln, nachdem sie die eilig in eine Tasche geworfenen Sachen ausgepackt hatte.
    Die Geister der Vergangenheit schienen sie zu verfolgen, den Hollywood Boulevard entlang, in Beverly Hills, am Strand von Malibu und in den Bergen, die sich über L. A. erhoben. Bilder von ihr selbst stiegen in ihr auf, als Kind auf ihrer ersten Reise nach Amerika, von ihrem Vater, jünger als heute, der sie auf den Schultern durch Disneyland trug, von einer lächelnden Bev, die schützend eine Hand auf ihre Schulter legte. Und immer wieder Darren, der kichernd seinen Traktor über den Teppich fahren ließ.
    »Miß?«
    Emma blinzelte und konzentrierte sich auf den uniformierten Pförtner, der im Begriff war, ihr aus dem Taxi zu helfen.
    »Wünschen Sie ein Zimmer?«
    »Ja, bitte.« Mit mechanischen Bewegungen bezahlte sie das Taxi und ging durch das Foyer zur Rezeption. Als sie ihren Zimmerschlüssel in Empfang nahm, vergaß sie beinahe, dass sie das erstemal alleine unterwegs war.
    In ihrem Zimmer öffnete sie ihre

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