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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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kurzer Besuch in Beverly Hills wieder ein. »Mir hat es hier immer gefallen.« Er beugte sich vor und legte seine Hand auf ihre. »Stimmt was nicht, Emma?«
    Sie konnte sich nicht erklären, warum die mitfühlende Frage, die liebevolle Hand sie an den Rand ihrer Beherrschung brachten. Es wäre so einfach, sich an ihn zu schmiegen, ihm ihr Herz auszuschütten und sich von ihm trösten zu lassen. Aber was würde das helfen? »Ich weiß es selbst nicht genau.«
    Als Lou eintrat, erhob sie sich und lächelte ihn zögernd an. Michael verspürte einen Anflug von Eifersucht. »Captain.«
    »Emma.« Freudig überrascht ergriff er ihre Hände. »Und so erwachsen!«
    In diesem Augenblick wäre sie beinahe zusammengebrochen, hätte ihren Kopf an seiner Brust geborgen und sich ausgeweint, wie sie es vor so langer Zeit schon einmal getan hatte. Statt dessen hielt sie nur seine Hände fest und studierte sein Gesicht. »Sie haben sich kaum verändert.«
    »Das ist genau das Kompliment, das ein Mann von einer schönen Frau hören möchte.«
    Diesmal war ihr Lächeln echt. »Nein, wirklich. Ich studiere Fotografie, und da bekommt man einen Blick für Gesichter. Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie etwas Zeit für mich haben.«
    »Red keinen Unsinn. Setz dich wieder.« Lou schenkte sich ein Glas Eistee ein, um ihr Zeit zu geben, sich zu beruhigen. »Ist dein Vater auch in der Stadt?«
    »Nein.« Sie spielte mit ihrem eigenen Glas, trank aber nicht. »Er ist in London oder sonst wo. Ich lebe jetzt in New York, gehe da zur Uni.«
    »Ich war seit Jahren nicht mehr in New York.« Lou ließ sich in einen gestreiften Ohrensessel sinken, der so vollkommen zu ihm passte, dass Emma ihn sich kaum in einer anderen Sitzgelegenheit vorstellen konnte. »Fotografie, sagst du. Ich erinnere mich, als ich dich das letzte Mal sah, hattest du eine Kamera.«
    »Ich habe sie immer noch. Papa behauptet immer, er habe, als er mir diese Nikon schenkte, Geister gerufen, die er jetzt nicht loswird.«
    »Wie geht es Brian?«
    »Gut.« Davon war sie jedoch alles andere als überzeugt. »Er hat viel zu tun.« Das stand allerdings fest. Tief durchatmend, beschloss sie, zur Sache zu kommen. »Er weiß nicht, dass ich hier bin. Ich wollte es nicht.«
    »Warum nicht?«
    Emma hob eine Hand und ließ sie dann hilflos wieder sinken. »Er würde sich nur aufregen, und er wäre furchtbar unglücklich, wenn er wüsste, dass ich Sie aufsuchen wollte, um mit Ihnen über Darren zu sprechen.«
    »Michael, kannst du mir eben mal helfen?« Marge wollte aufstehen und taktvoll das Zimmer verlassen, doch Emma hielt sie kopfschüttelnd davon ab.
    »Nein, bitte bleiben Sie. Es handelt sich hier nicht um eine Privatangelegenheit. Darrens Tod war nie unsere Privatsache.« Mit vor Erregung geröteten Wangen setzte sie ihr Glas ab. »Ich habe mich nur gefragt, ob Sie nicht vielleicht etwas wissen, irgend etwas, wovon die Presse damals keinen Wind bekommen hat und was man mir nicht erzählen wollte, weil ich noch zu jung war. Ich konnte diese Ereignisse lange Zeit einfach verdrängen, aber ganz überwinden werde ich das nie. Und letzte Nacht habe ich mich erinnert...«
    »Woran?« Lou beugte sich vor.
    »Nur an ein Lied«, murmelte sie fast unhörbar. »An ein Lied, das ich in jener Nacht gehört habe. Ich weiß es ganz genau, die Musik kam von unten, und ich habe sie gehört, als ich zu Darrens Zimmer ging. Einen Moment lang war alles ganz deutlich, ganz klar. Das Lied, die Worte, Darrens Schreie. Aber sehen Sie, ich komme nie bis zur Tür. Egal, wie sehr ich mich bemühe, mich zu erinnern, ich sehe mich immer nur in der Diele stehen.«
    »Vielleicht bist du gar nicht weiter gekommen.« Lou starrte nachdenklich in sein Glas. Genau wie Emma hatte er den Fall lange Zeit aus seinem Gedächtnis gestrichen, trotzdem kehrten die Gedanken immer wieder zu ihm zurück. Er wusste, dass ihn das Gesicht des kleinen Jungen für immer verfolgen würde. »Emma, es stand nie fest, dass du wirklich den Raum betreten oder etwas gesehen hast. Du hast dir das damals vielleicht nur eingebildet, weil du so verstört warst. Genausogut kannst du etwas gehört haben, was dich erschreckte, bist dann zur Treppe gerannt, um deinen Vater zu rufen, und hinuntergefallen. Du warst doch erst sechs Jahre alt, und du hattest Angst im Dunkeln.«
    Hattest - und hast, dachte sie. »Ich kriege einfach nicht mehr alles auf die Reihe. Und ich hasse diese Unsicherheit, den Gedanken, dass ich ihm hätte helfen, ihn hätte

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