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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich nicht wohl.«
    »Ach.« Ihre anfängliche Verärgerung und Enttäuschung machten neuer Hoffnung Platz, als sie Emma ansah. »Sie braucht Ruhe. Das Haus ist ja ideal für Kinder. Sie wollen doch ihr Baby sicher nicht in New York aufwachsen lassen?«
    »Nein.« Michael machte sich nicht die Mühe, den Irrtum zu korrigieren, sondern schob Emma zur Tür hinaus. »Wir melden uns!« rief er noch, als er sich auf dem Fahrersitz niederließ. Wären seine Gedanken nicht um Emmas aschfahles Gesicht und die Aussicht, ein Dreißigtausend-Dollar-Auto fahren zu können, gekreist, hätte er vielleicht den dunkelblauen Sedan bemerkt, der sich an ihre Fersen heftete.
    »Entschuldige bitte«, flüsterte Emma.
    »Was denn?«
    »Ich hab' mich dumm benommen.«
    »Du hast dich gut gehalten. Sieh mal, ich habe noch nie einen nahen Angehörigen verloren, aber ich kann dir nachfühlen, was das bedeutet. Steigere dich da nicht in etwas hinein, Emma.«
    »Du meinst, ich soll es nicht so schwer nehmen?« Sie lächelte schwach. »Ich hoffe, das gelingt mir. Ich dachte, wenn ich wieder dort stünde, an genau derselben Stelle, und mich scharf konzentriere, dann käme die Erinnerung vielleicht wieder. Aber das war nicht der Fall...« Achselzuckend setzte sie die Sonnenbrille wieder auf. »Du warst wirklich ein guter Freund.«
    »So bin ich«, brummte Michael. »Immer Kumpel. Hunger?«
    Erst wollte sie verneinen, doch dann gab sie zu: »Halb verhungert.«
    »Für einen Hamburger reicht's. Hoffe ich«, fügte er hinzu und zählte im Geiste sein Geld.
    »Ich liebe Hamburger. Und da du so ein guter Kumpel warst, geht der auf meine Rechnung.«
    Michael hielt vor einem McDonald's. Da er in seiner Brieftasche nur drei Dollar sowie die Telefonnummer einer Rothaarigen, an die er sich kaum noch erinnern konnte, entdeckte, schluckte er seinen männlichen Stolz hinunter.
    »Ich dachte, wir könnten am Strand essen.«
    »Gute Idee.« Emma schloss die Augen und lehnte sich zurück. Sie war froh, dass sie gekommen war. Froh, dass sie diese Treppe benutzt hatte. Froh, dass sie hier war, dass der warme Wind in ihren Haaren spielte und Michael neben ihr saß. »In New York hat es gegossen wie aus Eimern, als ich weggefahren bin.«
    »Auch im sonnigen Kalifornien gibt es Universitäten.«
    »Ich mag New York«, erwiderte sie abwesend. »Schon immer. Meine Freundin und ich haben da eine Wohnung gekauft. Mittlerweile ist sie fast bewohnbar.«
    »Freundin?«
    »Ja. Marianne und ich sind zusammen zur Schule gegangen. Wir haben uns schon als Kinder geschworen, eines Tages in New York zu leben. Jetzt ist es soweit. Sie ist Kunststudentin und malt auch selber.«
    »Ist sie gut?«
    »Sie ist sehr gut. Eines Tages werden sich die Galerien um ihre Bilder reißen. Sie hat die herrlichsten Karikaturen von den Nonnen gezeichnet.« Emma brach ab, da sie bemerkte, dass er die Stirn runzelte.
    »Was ist?«
    »Ein Cop schläft nie. Siehst du den Sedan da, genau hinter uns?«
    Emma blickte über ihre Schulter. »Ja. Und?«
    »Der fährt uns schon hinterher, seit wir die Hamburger geholt haben.« Er wechselte die Fahrspur. Der Sedan tat das gleiche. »Wenn es sich nicht so blöd anhören würde, würde ich sagen, wir werden verfolgt.«
    Emma seufzte ergeben. »Das wird Sweeney sein.«
    »Sweeney?«
    »Mein Leibwächter. Ich schwöre dir, dieser Mann findet mich überall. Manchmal glaube ich, Papa hat mir einen Minisender unter die Haut gepflanzt.«
    »Könnte sein. Das ergibt einen Sinn.« Doch Michael war nicht gewillt, sich auf so stümperhafte Weise beschatten zu lassen, nicht hier und nicht jetzt. »Ich werde ihn abhängen.«
    Emma nahm die Brille ab. In ihren Augen leuchtete zum erstenmal, seit er sie kannte, echte Freude. »Wirklich?«
    »Wart's ab. Dieser Flitzer hier gibt ihm Staub zu schlukken.«
    »Dann los«, forderte sie ihn grinsend auf.
    Michael trat das Gaspedal durch, schnitt einen Ford und beschleunigte auf achtzig. »Früher sind wir heimlich Rennen gefahren - Jugendsünden.« Er riss das Lenkrad herum, quetschte sich zwischen zwei BMWs, beschleunigte auf neunzig und schoss haarscharf an einem Caddy vorbei.
    »Du bist gut.« Lachend drehte Emma sich im Sitz um und beobachtete den Verkehr. »Ich sehe ihn nicht mehr.«
    »Er ist weiter hinten und versucht, an dem Caddy vorbeizukommen. Ich hab' den Caddyfahrer geschnitten, und der ist jetzt so sauer, dass er seine Wut an ihm auslässt.« Michael raste auf eine Ausfahrt zu. Eine unerlaubte Drehung, ein Aufheulen des

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