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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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in Herricks sorgenvolles Gesicht. »Also lassen wir es auf sich beruhen.«
    Zwanzig Minuten später schritt Bolitho zur Fallreepspforte. Sein verwundeter Arm lag unter dem schweren Mantel in einer Binde.
    Herrick stand bei den anderen Offizieren, und Bolitho fühlte sich versucht, ihn beiseitezunehmen und diese dumme Verstimmung zu bereinigen, an der nur er selbst die Schuld trug. Wütend über sich – und noch wütender, weil Herrick seine kläglichen Verteidigungsversuche durchschaut hatte –, blaffte er: »Übernehmen Sie!«, lüftete den Dreispitz und kletterte in das wartende Boot.
    Die Pfeifen schrillten und verklangen, als die Gig aus dem schützenden Schatten des Schiffsrumpfes glitt; wenn er achteraus blickte, sah er Herrick immer noch an Deck stehen und ihm nachschauen, weine untersetzte Gestalt wirkte auf einmal ganz klein im Vergleich zur haushohen Bordwand der
Hyperion.
    Leise fragte Allday: »Ist der Arm besser, Captain?« Dann sah er Bolithos steif zurückgedrückte Schultern und schob die Lippen vor. Da kann sich der eine oder andere noch auf was gefaßt machen, dachte er. Während er Kurs auf den Pier nahm, achtete er sorgfältig auf ein Zeichen, eine winzige Veränderung in Bolithos grimmigen Zügen. Er konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so gesehen zu haben; und tiefgreifende Veränderungen paßten nicht zu Alldays Phlegma. Irgendwie schien ihm Bolitho unter einer merkwürdigen Spannung zu leiden, unter einer nervösen Erwartung, die ihm sonst völlig fremd war. Aber vor sich selbst konnte er ihn nicht schützen, und die Tragweite dieser Entdeckung machte ihm große Sorgen.
    Zu seiner Überraschung und seinem Ärger wurde Bolitho am Pier von einem jungen Infanterieoffizier begrüßt. In Erwiderung der strammen Ehrenbezeugung tippte er an den Hut. »Fähnrich Cowper, Sir, vom 91. Infanterieregiment«, stellte sich der junge Mann vor. Er schluckte heftig, weil Bolitho ihn nur stumm und ohne zu lächeln anblickte, und fuhr unsicher fort: »Ich habe ein Pferd mitgebracht, Sir; ich – ich dachte, das wäre bequemer für Sie.«
    Bolitho nickte. »Sehr aufmerksam von Ihnen.« Er hatte eigentlich zu Fuß auf die Festung gehen wollen, damit er Zeit zum Nachdenken bekam und um sich zu überlegen, was er sagen wollte.
    Der Fähnrich bemerkte sein Zögern und sagte hilfsbereit: »Wenn Sie nicht reiten können, Sir, führe ich das Tier am Zügel.«
    Bolitho musterte ihn kühl. »Ich mag ja Seeoffizier sein, Mr. Cowper, aber außerdem stamme ich aus Cornwall. Pferde sind in meiner Heimat nicht ganz unbekannt.«
    Mit aller Würde, die er aufbringen konnte, schwang er sich auf das schläfrige Tier. Seine Bootsmannschaft und die Ordonnanz des Fähnrichs sahen ehrfürchtig und bewundernd zu.
    Langsam trotteten sie den Sandweg hinan, und bei jedem Stolpern des Pferdes zuckte der Schmerz erneut durch Bolithos Arm. Er zwang sich dazu, die Umgebung zu studieren, wenn auch nur, um sich von seinen trüben Gedanken abzulenken. Der Weg war bis auf einen müden Wachtposten völlig menschenleer. Von den Schäden, die die Karronade und Ashbys siegestrunkene Seesoldaten angerichtet hatten, war nichts mehr zu sehen. Hinter der Wegbiegung erblickte er die Festung und die geraden Reihen der Armeezelte.
    »Ich nehme an, Sie freuen sich darauf, wieder zu Ihren Kameraden in St. Clar zu stoßen?« fragte er.
    Der junge Fähnrich wandte sich leicht im Sattel um und blickte ihn überrascht an. »Ich weiß nicht recht, wie es weitergehen soll, Sir.«
    Bolitho starrte die Festung an. »Hoffentlich ist Ihr Kommandeur besser informiert.«
    Ungerührt von Bolithos Sarkasmus grinste Cowper. »Aber, Sir, der Kommandeur bin ich.«
    Bolitho parierte sein Pferd und musterte den Fähnrich. »
Was
sind Sie?«
    Cowpers Grinsen verschwand, und er rückte unter Bolithos wütendem Starren ungemütlich im Sattel hin und her. »Also, das heißt, ich bin der einzige Offizier hier.«
    Bolitho deutete auf die Zelte. »Und Sie allein befehligen all diese Männer? Um Gottes willen, was reden Sie da?«
    Der junge Mann breitete die Hände aus. »Also – es sind ja nur noch zwanzig Mann und ein Sergeant. Die Zelte sind bloße Attrappen für den Fall, daß eine französische Fregatte rekognoszieren kommt.«
    Bolitho fühlte das Pferd unter sich schwanken, während er Cowpers wahnwitzige Erklärung zu verdauen suchte. »Keine Verstärkung für St. Clar? Überhaupt nichts?«
    »Gar nichts, Sir. Ich habe vor zwei Tagen Instruktionen von Lord Hood bekommen.

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