Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Aus Toulon.« Er bewegte die Zügel, denn Bolitho hatte sein Pferd wieder angetrieben. »Meine Befehle lauten, die Stellung hier bis auf weiteres zu halten. Außerdem das Lager so weit wie möglich auszudehnen und zu erweitern.« Er sprach so rasch, als hätte er Angst vor dem, was Bolitho dazu sagen würde.
    »Wir haben jedes Stück Leinwand zurechtgeschnitten, das wir auftreiben konnten. Alte Segel, Hängematten, alles. Meine Leute gehen nur herum, zünden Lagerfeuer an und haben ein Auge auf die Sträflinge.« Seine schmalen Schultern sanken etwas zusammen.
    »Es macht einen richtig nervös.«
    Bolitho schaute ihn mit plötzlichem Mitgefühl an. Ein Junge, mehr nicht. Er konnte noch nicht lange genug im Dienst sein, um viel Kampferfahrung zu besitzen, und doch hatte man ihm eine Aufgabe zugemutet, bei der ältere als er vor der Zeit graue Haare bekommen würden.
    »Also steht es in Toulon nicht gut?« fragte er.
    Cowper nickte. »Sieht so aus, Sir. Lord Hood hatte zwei Regimenter mit, aber sie können nicht viel mehr tun, als die Stadt zu besetzen und die Forts in der Umgebung zu halten. Anscheinend sind viele Franzosen, die man für treue Royalisten hielt, zu den Revolutionären übergegangen.«
    »Und für St. Clar sind keine Truppen übrig.« Bolitho sprach seine Gedanken laut aus. »Aber zweifellos hat Lord Hood die Situation in der Hand.«
    »Das steht zu hoffen, Sir«, sagte Cowper, aber es klang wenig überzeugt.
    Stumm passierten sie die Holzbrücke über den tiefen Graben mit den gefährlich aussehenden spitzen Pfählen und ritten durch die offenen Tore in die Festung ein. Nur ein einsamer Soldat schritt an der Brustwehr auf und ab; ein zweiter rannte herbei, um die Pferde zu übernehmen. Außer ihm war der einzig sichtbare Mensch ein halbnackter, an ein Lafettenrad gebundener Mann, dem die Haut vom Sonnenbrand in Fetzen ging und der sich mit offenem Mund mitleiderregend in der glühenden Sonne wand. »Wegen Wachvergehens, Sir«, erläuterte Cowper bedrückt. »Mein Sergeant sagt, das wäre die einzig richtige Strafe.« Er wandte sich ab. »Disziplin muß wohl mit solchen Mitteln erzwungen werden.«
    »Bestrafung im Felde ist gut und richtig, wenn Sie eine ganze Armee hinter sich haben, Mr. Cowper«, entgegnete Bolitho. »Aber Sie sollten Ihrem Sergeanten lieber klarmachen, daß im Ernstfall ein schlechter Soldat immer noch besser ist als ein toter.«
    Cowper nickte entschlossen. »Danke, Sir. Das sage ich ihm bestimmt.«
    War man erst einmal in dem runden Turm, so fühlte sich die Luft nach der Gluthitze im Hof kühl, beinahe eisig an. Als Bolitho hinter dem Fähnrich die Stufen emporstieg, mußte er an damals zurückdenken, als der enge Raum voller Musketenqualm gewesen war und von den Schreien und Flüchen Verwundeter und Sterbender gebebt hatte.
    Das Quartier, in dem Jahr für Jahr ein Festungskommandant nach dem anderen gehaust hatte, war düster und charakterlos. Der Hauptraum, der auf die Landspitze hinausblickte, war der Form des Turmes entsprechend gerundet, und seine schmalen, tiefeingeschnittenen Fenster leuchteten wie frohe Bilder aus einer anderen Welt. Hier lagen ein paar Binsenmatten auf dem Fußboden, und er sah auch einige der einfachen, aber wohlgeformten Möbel, die der Schiffszimmermann der
Hyperion
gebaut hatte.
    Eine kleine Seitentür öffnete sich, und das Mädchen, gefolgt von ihrem Bruder und Midshipman Piper, trat ins Zimmer. »Captain Bolitho möchte Sie besuchen, Ma’am«, sagte Cowper mit einem drohenden Blick auf die Midshipmen. »Wenn Sie mich begleiten wollen, meine Herren, zeige ich Ihnen gern die – äh – ganze Festung.«
    »Entschuldigen Sie, Sir, daß ich nicht an der Pier war, als Sie kamen, Sir«, stotterte Seton.
    Etwas unbestimmt entgegnete Bolitho: »Ich habe auch nicht damit gerechnet.« Er blickte dem Mädchen nach, das an ein Fenster trat. Cheney trug ein lockeres weißes Kleid, und das volle kastanienbraune Haar hing ihr offen über die Schultern.
    Als die anderen aus dem Zimmer gingen, sagte sie: »Sie sind mir willkommen, Captain.« Ihre Augen richteten sich auf seinen leeren Ärmel. »Ich hörte von meinem Bruder, was geschehen ist. Es muß schrecklich gewesen sein.«
    »Er hat sich gut gehalten, Miss Seton«, sagte Bolitho gepreßt.
    »Seine eigene Verwundung wäre auch für einen alten Seemann schlimm genug gewesen.«
    Doch schien sie das gar nicht zu hören. »Als ich ihn mit seinem verbundenen Arm sah, glaubte ich, daß ich Sie hasse. Er ist doch

Weitere Kostenlose Bücher