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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Wochen dauern, bis wir zurückgerufen werden. Niemand weiß, was die Franzosen planen und auszuführen imstande sind. Aber angesichts dieser Umstände ist unser Platz die hohe See. Was der Feind auch für Siege in Europa erringt, er kann den Krieg nicht gewinnen, solange unsere Schiffe bereit sind, ihn zu bekämpfen.« Er bemerkte, daß Herrick sachlich nickte und der junge Caswell sich auf die Lippen biß. »Wir werden täglich exerzieren. Aber wir müssen noch weitergehen. Versuchen Sie zu erreichen, daß die Leute sich nicht zu viel mit sich selbst beschäftigen. Arrangieren Sie Wettkämpfe, ganz egal wie banal und unbeträchtlich; tun Sie Ihr Bestes, um ihnen Mut zu machen. Was vorher an Gutem oder Schlechtem unbemerkt geblieben ist, bricht hervor, wenn wir mit Langeweile und Einsamkeit nicht fertig werden.« Er hob sein Glas. »In diesem Sinne meine Herren, trinken wir auf unser Schiff. Gott segne es!«
    Die Gläser klangen, und die Offiziere warteten darauf, daß Bolitho weitersprach. Etwas schärfer fuhr er fort: »Da sich unsere Anzahl verringert hat, befördere ich Midshipman Gordon zum Vizeleutnant. Er wird Mr. Rooke bei der unteren Batterie assistieren.«
    Er hielt inne, denn die anderen Midshipmen hieben Gordon auf die Schultern; dessen Gesicht, eine einzige Ansammlung von Sommersprossen, spaltete sich zu einem überraschten Grinsen. Bolitho warf Rooke einen schnellen Blick zu; der sagte nichts, nickte aber. Es war eine wohldurchdachte Entscheidung, denn Gordon war bei der Erstürmung des Leuchtfeuers von St. Clar anscheinend sehr gut mit Rooke ausgekommen; vermutlich weil sie beide aus alter, einflußreicher Familie stammten. Gordons Onkel war Konteradmiral, und wahrscheinlich hielt Rooke deswegen sein unangenehmes Temperament etwas im Zaum.
    »Außerdem«, fuhr Bolitho fort, und das Stimmengewirr erstarb, »meine ich, einer der Steuermannsmaaten könnte als Wachoffizier Dienst tun, bis Mr. Fowler wieder gesund ist.«
    Inch sah auf. »Darf ich Bunce vorschlagen, Sir? Ein sehr verläßlicher Mann.«
    »Sie dürfen, Mr. Inch. Sagen Sie es ihm gleich nachher.« Inch nickte und nahm einen Zug aus seinem Glas. Er hatte sich vielleicht am meisten von allen verändert. Vom Fünften und jüngsten Offizier war er zum Vierten aufgestiegen, aber was noch wichtiger war, er hatte auch das dazugehörige Selbstvertrauen gewonnen.
    Plötzlich richteten sich aller Augen auf das Skylight, denn von dort erklang ein gedämpfter Ruf: »Halt! Mensch, was machst du denn, zum Teufel?« Es folgten das Geräusch rennender Füße und dann dieselbe Stimme, jedoch laut und schallend: »Achtung – Mann über Bord!«
    Die Offiziere eilten an Deck, und Gossett brüllte:» Kreuzmarssegel back! Kutter zu Wasser!«
    Das Achterdeck lag ganz im Finstern, kein Stern war durch die reglosen Wolken zu sehen. Dunkle Gestalten liefen die Decksgänge entlang, und achtern hörte Bolitho, wie die Männer der Kutterbesatzung, vom Alarmruf aufgeschreckt, sich gegenseitig umrannten.
    »Was ist los, Gossett?« rief Bolitho, »Wie war das möglich?« Bunce, der untersetzte Steue rmannsmaat, den Inch vorhin erwähnt hatte, schob sich durch die eilenden Männer. »Hab’s gesehen, Sir«, erklärte er mit dienstlichem Gruß. »Ich stand am Ruder, weil einer meiner Leute gerade die Kompaßlampen auswechselte.« Er schauerte. »Als ich hochsehe, Sir, glotzt mich plötzlich sein Gesicht an! Herrgott, war das scheußlich – ich bete zu meinem Schöpfer, daß ich so was nicht noch mal sehen muß!«
    Das backgestellte Segel schlug donnernd, das Schiff rollte wie betrunken, und irgendwo jenseits der Kampanje hörte Bolitho das Platschen von Riemen im Wasser und die Befehlsrufe des Bootsmanns im Kutter. »Mr. Fowler war’s, Sir«, berichtete Bunce weiter.
    »Er hatte sich die Verbände abgerissen, hielt einen Spiegel in der Hand und weinte wie ein kleines Kind. Die ganze Zeit starrte er dabei sein Gesicht im Spiegel an!«
    »Stimmt, Sir«, kam eine Stimme aus dem Dunkel. »Es war alles zerfetzt von den Augen bis zum Kinn, und überhaupt keine Nase mehr!«
    Langsam schritt Bolitho zu den Netzen. Der arme Fowler… Er war ein schmucker Leutnant gewesen, bis er, von einem Degenhieb gefällt, mit zerfetztem Gesicht neben ihm auf die Planken gesunken war.
    »Ich wollt’ ihn noch aufhalten, Sir«, sagte Bunce zu Herrick, »aber er war ja wie verrückt. Und beinahe nackt; ich könnt’ ihn einfach nich’ zu fassen kriegen.« Wieder überlief ihn ein

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