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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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und Glasstückchen.
    Aber das konnte nicht von Dauer sein. Kleine Streitigkeiten wuchsen sich zu Schlägereien aus, Unzufriedenheit und Beschwe rden zogen wie Giftschwaden durch das Gedränge an Bord; und einmal schlug ein wütender Matrose einen Unteroffizier ins Gesicht. Das brachte ihm selbstverständlich Prügelstrafe ein. Und diese blieb nicht die einzige.
    Auch die Offiziere waren gegen die wachsende Unruhe und Unzufriedenheit nicht immun. Bei einem Kartenspiel in der Offiziersmesse hatte Rooke den Zahlmeister des Falschspiels bezichtigt. Hätte Herrick nicht mit fester Hand eingegriffen, hätte der Vorfall blutige Konsequenzen gehabt. Doch auch Herricks wachsames Auge konnte nicht alles sehen.
    Der einzige Verbündete Bolithos war das Wetter. Im Verlauf der Wochen verschlechterte es sich beträchtlich, und häufig mußten die Matrosen in einer einzigen Stunde alle Segel setzen und wieder reffen; dann waren sie so müde, daß sie nicht einmal die Energie zum Essen aufbrachten. Allerdings gab es auch nichts Vernünftiges mehr zu essen. Was Bolitho in St. Clar an frischen Lebensmitteln hatte auftreiben können, war bald verbraucht, und jetzt lebte das ganze Schiff von den Grundrationen: Salzfleisch und Schiffszwi eback – viel mehr gab es nicht.
    In der elften Woche, als die
Hyperion
die südliche Strecke ihrer Patrouille absegelte, flaute die scharfe Brise ab, die sie tagelang begleitet hatte. Der Wind krimpte ein paar Strich, und dieser Wechsel brachte Regen.
    Bolitho stand in Luv auf dem Achterdeck und sah den Regen wie einen eisernen Vorhang auf das Schiff zukommen. Er trug weder Rock noch Hut und ließ sich richtig durchweichen. Im Vergleich zu dem fauligen Trinkwasser schmeckte der Regen wie Wein; und als er mit zusammengekniffenen Augen in den Wind spähte, sah er mehrere der auf dem Oberdeck arbeitenden Matrosen gleich ihm in diesem Himmelsguß stehen, als wollten sie ihre Wut und Niedergeschlagenheit abwaschen lassen.
    Tomlin, der Bootsmann, ließ im Vorschiff eiligst Segeltucheimer aufstellen; und Crane, der Küfer, trieb seine Maaten an, die leeren Fässer fertigzumachen, damit sie gefüllt werden konnten, ehe der Regen aufhörte. Und jetzt kann ich nicht einmal mehr sagen, daß ich den Hafen anlaufen muß, um Trinkwasser aufzunehmen, dachte Bolitho mißmutig. So schnell kann aus einem Freund ein Feind werden!
    Herrick kam übers Deck. Sein triefendes Haar klebte auf der Stirn. »Wenn es jetzt aufklart, müssen wir Cozar Backbord voraus in Sicht bekommen, Sir.« Er verzog das Gesicht. »Ich sage anscheinend immer wieder dasselbe.«
    Da hatte er recht. Wenn sie die Insel sichteten, bedeutete das nur, daß sie eine Seitenlänge ihres Patrouillenreviers absolviert hatten. Die
Hyperion
fuhr eine Wende und begab sich zum soundsovielten Male auf den langen und langweiligen Törn in Richtung Festland.
    Bolitho lehnte sich über die Reling und achtete nicht darauf, daß Regen und Sprühwasser ihm Rücken und Hosenbeine durchnäßten. Kein Wunder, daß die
Hyperion
so langsam war, bei dem jahrealten Bewuchs an ihrem Unterwasserschiff! Jede Strähne Seegras, jeder Streifen Tang bedeutete eine Meile Ozean unter ihrem geteerten Kiel, jede Muschelkolonie hundert Drehungen des Ruderrades. Bolitho schmeckte Salz zwischen den Zähnen und sah beim Aufblicken, daß der Regen abgezogen war und nur noch im Osten die knüppeligen Wellen aufrauhte.
    »An Deck!« Die Stimme des Ausgucks im Masttopp übertönte den Wind. »Segel Backbord voraus!«
    Bolitho blickte Herrick an. Sie hatten beide gedacht, der Mann würde Cozar in Sicht melden. Ein Schiff – das war etwas Ungewöhnliches, ein Ereignis. »Lassen Sie das zweite Reff herausnehmen, Mr. Herrick«, sagte Bolitho. »Wir sehen uns das mal näher an.«
    Aber das wäre gar nicht nötig gewesen; denn sobald die Brams egel des fremden Schiffes in einem breiten Streifen Sonnenlicht über der Kimm standen, halste es und nahm Kurs direkt auf die
Hyperion.
    Piper war bereits mit seinem Teleskop in den Besanwanten, als sich die ersten Flaggen an der Rah des Fremden entfalteten.
    »Es ist die
Harvester,
Sir!« Er spuckte aus, denn ein plötzlicher Schwall Spritzwasser war in Luv übergekommen und hätte ihn beinahe von seinem unsicheren Platz gefegt.
»Harvester
an
Hyperion«,
keuchte er. »›Habe Depeschen für Sie‹.«
    Bolitho überlief es; er hätte kaum auf dergleichen zu hoffen gewagt. »Klar zum Beidrehen, Mr. Herrick!«
    Kaum hatte die
Hyperion
mit ihren klatschnassen,

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