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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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auf einmal hatte er sie scharf und klar in der Linse, denn eine plötzliche Bö fegte den Dunst hinweg wie Rauch.
    »›Schiffe in Nordost‹«, übermittelte Piper das Signal. Er hielt inne und blätterte in seinem Handbuch. ›»Schätzung: sechs Linienschiffe‹.«
    Automatisch verarbeitete Bolithos Verstand die Information der Fregatte und ordnete sie in seine eigenen Erkenntnisse ein. Die Schiffe, wer sie auch sein mochten, lagen fast genau auf dem Kurs der
Hyperion.
Langsamer als diese konnten sie kaum sein, also war anzunehmen, daß sie Gegenkurs fuhren und direkt auf sie zukamen.
    Heiser rief Herrick hinunter: »An Deck! Da ist eine Verfolgung im Gange, Sir! Vielleicht fünf oder sechs Linienschiffe in Kiellinie!«
    Bolitho warf einen kurzen Blick zur
Tenacious
hinüber. »Kommen Sie an Deck, Mr. Herrick!« Er winkte Inch und befahl: »Signal an alle Schiffe, Mr. Inch: ›Machen Sie gefechtsklar‹.«
    Während die Signalflaggen hochgingen, landete Herrick über ein Backstag mit einem Knall direkt neben Bolitho. Der blickte ihn ernst an. »Lassen Sie ›Klar Schiff zum Gefecht‹ anschlagen!«
    Herrick faßte an den Hut. »Aye, aye, Sir!« Dann grinste er.
    »Glauben Sie, wir können denen die Prise direkt vor der Nase we gschnappen, Sir?«
    Doch Bolitho lächelte nicht. »Ich fürchte, das Schiff, das da gejagt wird, ist eines von uns, Mr. Herrick.«
    Übers Wasser kam der rasselnde Trommelwirbel, mit dem die
Tenacious
Klarschiff einleitete. Wahrscheinlich dachte Dash, Bolitho sei verrückt geworden, denn er hielt es wohl ebenso wie He rrick für unmöglich, daß der Feind bereits in solcher Stärke das offene Meer gewonnen hatte.
    Die Trommler der
Hyperion
nahmen das Signal auf; und während die Männer aus den Niedergängen an Deck strömten und von den Maaten, die noch im Laufen die Namen aufriefen, an ihre Gefechtsstationen dirigiert wurden, blickte Bolitho noch einmal zu Pomfrets Wimpel auf, der lustig am Besan flatterte.
    Dann verstummte der betriebsame Lärm. Herrick eilte wieder aufs Achterdeck und meldete: »Schiff klar zum Gefecht, Sir.«
    Immer noch blickte Bolitho nachdenklich zum Masttopp empor.
    »Die
Hyperion
wurde zu lange abseits gehalten, Thomas. Die Admiralsflagge wird dafür sorgen, daß wir heute im Zentrum des Geschehens sind.« Trotz Herricks beunruhigtem Blick sprach er gelassen weiter: »Da sehen Sie also, daß ich Sir Edmund nicht auf die
Tenacious
überführen kann, selbst wenn ich es wollte.«
    Piper war ins Eselshoofd aufgeentert, um besser sehen zu können. »An Deck!« rief er. »Das vorderste Schiff führt unsere Flagge, Sir!«
    Bolitho schlug die Faust in die andere Handfläche. »Hab ich’s nicht gesagt, Thomas?« Innerlich zitterte er vor Spannung. »Lassen Sie die Rahen mit Ketten sichern und die Boote in Schlepp nehmen! Heute darf uns kein überflüssiges Kleinholz um die Ohren fliegen, Thomas!«
    Herrick gab den Befehl weiter und trat beiseite, als ein paar Matrosen aus Tomlins Abteilung nach achtern rannten, um die Schleppleine zu belegen. Wenn eine Kanonenkugel ein Boot an Deck traf, dann barst es in einem Hagel mörderischer Splitter.
    Trotzdem verspürte Herrick Unbehagen, als ein Boot nach dem anderen über Bord gefiert wurde. Es war, als werfe man die letzte Überlebenschance weg.
    Bolitho schien an dergleichen nicht zu denken. »Signal an
Chanticleer:
›Position in Lee einnehmen!‹. Ich will nicht, daß es ihr geht wie der
Snipe.«
Auch er beobachtete das Abfieren der Boote. »Die Schaluppe kann der Schlacht zusehen und uns moralisch unterstützen«, schloß er.
    Herrick starrte ihn verwundert an. Wie schaffte er es bloß, so ruhig, so völlig unbeteiligt zu wirken angesichts der unmittelbaren Gefahr? Aber Bolitho sah gar nicht Herricks Gesicht, aufmerksam musterte er sein Schiff, denn jede Einzelheit mußte geprüft werden.
    Bald war dazu keine Zeit mehr.
    Jedes Geschütz war bemannt, jeder Geschützführer kontrollierte geschäftig Mannschaft und Gerät. Zwischen Pulverkammer und Batterien eilten die kleinen »Pulveraffen« hin und her, Schiffsjungen mit Kartuschen und Ladepfropfen, die Augen weit aufgerissen und die Gesichter vor Konzentration verzerrt: heute war es ihre einzige Aufgabe, jene Rohre mit Nachschub zu versorgen.
    Die Seesoldaten standen an den Netzen, Bajonette aufgepflanzt, Musketen schußfertig. Im Vorschiff konnte Bolitho Lieutenant Shanks und seine Abteilung bei den Karronaden sehen, den Rücken zum Feind, den Blick zum Achterdeck

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