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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Bucht, und Bolitho richtete sich mühsam auf, denn die beiden Linienschiffe erwarteten ihn. Dann sah er Pomfrets Admiralswimpel vom Besan der
Hyperion
wehen und wußte, daß Herrick die Maßnahme seines Kommandanten verstanden hatte, auch wenn er sie vielleicht nicht billigte.
    Eine halbe Stunde später hatte beide Schiffe Anker gelichtet; und als der auffrischende Wind den Rauch der brennenden Stadt aufs Meer hinaustrieb, stand Bolitho an den Finknetzen, die Hände auf dem Rücken ineinander verschränkt. Im stillen Wasser des Hafenbeckens spiegelten sich die Flammen wider.
    Als die Segel der
Hyperion
sich füllten, und sie Kurs auf die offene See nahm, kam die allerletzte Szene dieser Tragödie – wie ausgesucht und genau für diesen Moment berechnet.
    Ein einzelner Reiter erschien hoch auf dem südlichen Vorland der Bucht; hell leuchtete sein gelber Uniformrock im bleichen Licht, als er den auslaufenden Schiffen nachsah. Bolitho brauchte kein Fernrohr, um den spanischen Oberst zu erkennen. Kein Wunder, daß die Schiffe vom Vorland aus nicht beschossen worden waren. Salgados Kavallerie hatte gute Arbeit geleistet; aber um welchen Preis, das sah man an dieser einsamen Gestalt.
    Noch während Bolitho hinsah, sank der Spanier seitlich aus dem Sattel und blieb am Rand der Klippe liegen. Hatte ihn ein Musketenschuß gefällt, dessen Knall nicht bis zu Bolitho gedrungen war, oder war er vorher schon so schwer verwundet worden, daß er jetzt vom Pferd stürzte? Niemand wußte es.
    Salgados Pferd trat zurück und beschnupperte seinen Herrn, als wolle es ihn zum Leben erwecken. Noch lange, nachdem die Schiffe die offene See gewonnen hatten, stand das Pferd als scharfumrissene Silhouette vor dem wölken verhangenen Himmel wie ein Monument.
    Bolitho wandte sich ab. Ein Monument für unsere Toten, dachte er.
    Dann sah er Herrick müde an. »Sobald die
Harvester
und die
Chanticleer
heran sind, setzen Sie einen Kurs ab, mit dem wir Cozar umrunden, Mr. Herrick«, sagte er.
    »Wir stoßen also wieder zur Flotte, Sir?«
    Bolitho nickte und wandte sich abermals der wirbelnden Rauchwolke zu. »Hier haben wir nichts mehr zu suchen.«
    Ashby wartete, bis Bolitho das Achterdeck verlassen hatte, und sagte dann langsam: »Aber bei Gott, die Franzosen werden sich an unseren Besuch noch lange erinnern, Mr. Herrick!«
    Herrick seufzte tief auf. »Und ich auch, Hauptmann Ashby. Ich auch.«
    Dann zog er sein Teleskop auf und richtete es auf die
Tenacious,
die dem Signal gehorchte und über Stag ging, um ihre achterliche Station einzunehmen.
    Vom Heckfenster seiner Kajüte aus beobachtete Bolitho den Dreidecker ebenfalls. Kalkweiß standen die Segel im Frühlicht. Was wohl Dash jetzt denken mochte? Und ob er sich an seine Loyalitätsbeteuerungen noch erinnern würde, wenn die Aufregung über die Kämpfe und den Rückzug vorbei war und die Admiralität kühl die Untersuchung des Falles einleitete und vielleicht sogar einen Sündenbock suchte?
    Er drehte sich um, denn Inch stand in der Tür. »Wollen Sie mich sprechen?«
    Inch starrte noch von Schmutz und Rauch der brennenden Stadt, und sein Pferdegesicht war schlaff vor Erschöpfung. Er suchte etwas in seiner Tasche. »Bitte um Entschuldigung, aber in der Hitze des Gefechts und über dem Arrangieren der toten Soldaten habe ich ganz vergessen, Ihnen das hier zu übergeben.« Er zog einen kleinen Gegenstand hervor, der unter den tanzenden Lichtreflexen des Kielwassers hell aufglänzte.
    Bolitho starrte auf Inchs Hand und konnte kaum begreifen, was er mit seinen eigenen Augen sah. »Wo haben Sie das her?« fragte er.
    »Ein Sträfling hat ihn mir gegeben, Sir«, berichtete Inch, »kurz bevor die letzten an Bord der
Erebus
gebracht wurden.«
    Bolitho ergriff den Ring und betrachtete ihn auf der offenen Handfläche.
    Inch musterte seinen Kommandanten neugierig. »Dieser Mann kam in der allerletzten Sekunde, hielt mir den Ring hin und sagte, ich solle ihn persönlich an Sie übergeben.« Er zögerte. »Sie sollten ihn Ihrer, äh, Braut schenken, sagte er.«
    Bolitho war zumute, als würde die Kajüte ganz eng. Es war doch unmöglich… Unsicher fragte Inch: »Kennen Sie den Ring, Sir?«
    Bolitho ging nicht darauf ein, sondern fragte: »Diesen Mann – haben Sie ihn genauer gesehen?« Er trat einen Schritt auf Inch zu.
    »Ja oder nein?«
    Inch wi ch zurück. »Es war schon dunkel, Sir.« Er kniff die Augen nachdenklich zusammen. »Sein Haar war schon grau, aber er war durchaus ein Gentleman, würde

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