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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mächtige Schulter vor und hüllte sich dann in Gischt wie in ein Tuch. Bei dem achterlichen Wind arbeitete das Deck in stetigem Stampfen; die Luft darüber war erfüllt vom Jaulen der Takelage und dem alles beherrschenden Schlagen und Rauschen der Segel, in denen die Matrosen, von unten winzig anzusehen, immer noch kämpften, um entsprechend Bolithos jüngstem Befehl mehr Segel zu setzen.
    Auf einmal fiel ihm die Frau wieder ein, die dort unten in seiner Kajüte saß. Ihretwegen war er so gereizt. Aber dann sah er Gossetts besorgtes Gesicht und sagte: »Wir müssen wahrscheinlich bald reffen, Mr. Gossett, aber erst einmal wollen wir den Wind ausnutzen, damit wir möglichst rasch von Land freikommen.« Der Master nickte sichtlich erleichtert. Vermutlich begriff er besser als mancher andere an Bord, daß es keinen Sinn hatte, ein Schiff bis zum Mastbruch zu segeln, bloß damit der Kommandant seinen Ärger abreagieren konnte.
    Stärke und Richtung des Windes blieben fast gleichmäßig günstig bis zum vierten Tag nach Gibraltar. Bis dahin war das Geschwader gut 420 Meilen gesegelt. An Bord der
Hyperion
konnte sich niemand an eine so schnelle Reise erinnern. Es hatte kaum Zwischenfälle gegeben. Gegen Abend des vierten Tages schoß der Wind plötzlich nach Nordosten aus und flaute etwas ab. Bolitho fand jedoch, als er an der Luvseite des Achterdecks stand und die prachtvolle, kupferrot glänzende untergehende Sonne bewunderte, er könne zufrieden sein. Die Schiffe waren gut zusammengeblieben; sogar jetzt konnte er, wenn er über den stampfenden Bug nach vorn blickte, die Rümpfe der Transporter in dem seltsamen Licht so aufglänzen sehen, als wären sie aus poliertem Metall. Das größte Schiff, die
Erebus,
führte; ihr folgte in angemessenem Abstand als zweite die
Vanessa.
Beide waren gutgeführte Schiffe, und wie sie da im schwindenden Sonnenlicht glänzten, sahen sie mit ihren aufgemalten falschen Stückpforten und der straffen Takelage tatsächlich wie Kriegsschiffe aus. Nach ihnen kam die
Justice.
Ihr Rumpf war von stumpfem Schwarz, denn sie lag schon im Schatten. Ihre Matrosen arbeiteten noch in der Takelage, um wie auf den anderen Schiffen die Segel für die Nacht zu kürzen.
    Das Sausen des Windes im Rigg wurde unvermittelt übertönt von Gelächter aus der Offiziersmesse. Vermutlich, dachte Bolitho, nützten die Leutnants ihre Freiwache und die seltene Gelegenheit, eine Dame zu bewirten, nach besten Kräften aus.
    Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und nahm seinen Spaziergang längs der Luvreling wieder auf, wobei ihm die beiden Rudergasten und Dalby, der Wachoffizier, interessiert zuschauten. Letzterer hatte sich diskret nach Lee verzogen.
    Merkwürdig, wie Cheney Seton das ganze Schiff im Sturm erobert hatte. Obwohl sie sich immer nur kurze Zeit bei der Kampanje aufhielt, fanden sich jedesmal eine ganze Anzahl Matrosen ein, die dort eigentlich gar nichts zu suchen hatten, und lächelten ihr freundlich zu – oder starrten sie auch bloß an wie eine Erscheinung. Gimlett war natürlich in seinem Element. Wie eine Gluckhenne bemutterte er Cheney Seton und schützte sie gegen jeden Eindringling energischer, als Bolitho es ihm je zugetraut hätte. Und sie hielt ihr Wort. Sie ging Bolitho aus dem Weg und tat nichts, was sie auch nur von fern mit der Schiffsführung in Konflikt bringen konnte.
    Je heftiger ihm die Gedanken durch den Kopf schossen, um so schneller wurden auch seine Schritte; denn ihm war wieder einmal klar geworden, daß Miss Seton es gerade durch ihre Zurückhaltung erreicht hatte, nicht sich, sondern ihn zu isolieren, und zwar noch stärker als sonst. Vielleicht war sie nur aus diesem Grund Inchs Einladung zum Dinner in der Offiziersmesse gefolgt. Halb und halb hatte Bolitho erwartet, ebenfalls eingeladen zu werden, aber das hatten sie nicht getan. Wie er auf dem immer dunkler werdenden Deck auf und ab ging und dem Klatschen seiner Schuhsohlen auf den Planken lauschte, hoffte er fast, daß irgend etwas Unvorhergesehenes, etwa ein Windwechseln eintreten möge, damit er »Alle Mann« pfeifen lassen und die fröhliche Gesellschaft dort unten stören konnte. Jedesmal, wenn er sich in seinem engen Kartenraum zur Ruhe begab, konnte er sich kaum an den Gedanken gewöhnen, daß das Mädchen nur ein paar Fuß von ihm entfernt schlief oder in seiner eigenen Kajüte speiste, während er sich verkroch wie ein unartiger Schuljunge. Noch seltsamer war, daß er auch nach vier Tagen kaum mehr von ihr

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