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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wußte, als in der Minute, als sie an Bord gekommen war. Was er über sie gehört hatte, waren Informationen aus dritter oder vierter Hand, und um so rätselhafter, weil sie unvollständig waren. Der Steward des Midshipmanlogis hatte Midshipman Piper seinem Kameraden Caswell erzählen hören, was Seton ihm über seine Schwester anvertraut hatte. Der Steward hatte es natürlich Gimlett weitererzählt, der mit sichtlichem Widerstreben und nur unter Prügelandrohung einiges davon Allday enthüllt hatte. Und dieser wiederum hatte, etwa während Bolitho sich rasierte oder er ihm, wenn das Schiff mitten in der Nacht in eine heftige Bö geriet, in seinen schweren Bordmantel half, beiläufig darüber gesprochen. Bolitho hatte es ebenso beiläufig zur Kenntnis genommen und somit nicht nur Zeit gespart, sondern auch das Gesicht gewahrt.
    Als er jetzt an Deck hin und her ging, das Kinn tief im Schal vergraben, machte er sich im Geist ein Bild von dem Mädchen, das Pomfrets junge Frau werden sollte. Cheney zählte sechsundzwanzig Jahre und war bis vor kurzem in Pomfrets Londoner Haus als eine Art Haushälterin tätig gewesen. Das war Bolitho im ersten Moment ziemlich verdächtig vorgekommen, doch nach Alldays Angaben hatte Pomfret es zum beiderseitigen Vorteil so arrangiert, damit sie ihren kränklichen Vater pflegen konnte, der aus irgendeinem Grund, den Bolitho nicht erfuhr, in diesem Hause wohnte, als sei es sein eigenes. Ihr Vater war jetzt tot, und sie hatte auf der ganzen Welt nur noch ihren Bruder. Ihre Mutter war bei einem Aufstand auf Jamaika umgekommen; revoltierende Sklaven hatten die Setonsche Farm überfallen, mehr weil sie in ihrem Weg lag, als aus irgendeinem besonderen Grund. Bolithos Stirnrunzeln vertiefte sich. Das war interessant. Pomfret war damals einem vor Jamaika operierenden Geschwader zugeteilt gewesen und wahrscheinlich irgendwie mit den Setons bekanntgeworden; zumindest in jenen Tagen mußte die Familie des Mädchens ziemlich wohlhabend und einflußreich gewesen sein. Aber was danach geschehen war, daraus wurde Bolitho nicht ganz klug. Nur eines war klar: ihre trotzige Haltung, die er zunächst für angeborene Arroganz gehalten hatte, war lediglich Notwehr. Es konnte nicht leicht für sie gewesen sein, allein in London zurechtzukommen. Ein letztes Stückchen Information hatte ihm Allday erst heute früh verpaßt: Pomfret hatte die Vormundschaft über Midshipman Seton übernommen. Anscheinend lag dem Admiral sehr viel daran, seine Position bei dem Mädchen zu stärken, dachte Bolitho.
    Leutnant Dalby kam über das stockdunkle Deck und faßte an den Hut. »Alle Lampen brennen vorschriftsmäßig«, meldete er.
    Bolitho blieb stehen und suchte die langsamen Transporter mit den Augen. Jeder führte eine einzelne Laterne, und so waren sie auch während der Nacht untereinander ständig in Sichtkontakt. Es war seine Idee gewesen, und auch er hatte es schon als übertriebene Vorsicht empfunden. Andererseits hatte die Schaluppe
Snipe,
dem Konvoi weit voraus wie ein stöbernder Terrier, nachmittags signalisiert, daß sie im Südwesten ein unbekanntes Segel ausgemacht hatte. Es war seitdem nicht wieder gesichtet worden, aber man mußte vorsichtig sein. Wahrscheinlich ein spanischer Kauffahrer, dachte er, obwohl der Geleitzug ziemlich weit draußen stand, über sechzig Meilen vom nächsten Land entfernt. Immerhin waren sie im Golf von Valencia und kamen mit jedem Tag der französischen Küste näher.
    »Recht so, Mr. Dalby.« Er hatte wenig Lust, sich mit dem Dritten zu unterhalten, der zu leicht ins Schwatzen kam, wenn man ihm Gelegenheit dazu gab. Doch Dalby sprach schon weiter: »Wenn sich das Wetter hält, sind wir in fünf Tagen vor Cozar, Sir.« Er schlug laut die Hände zusammen, denn nach des Tages Hitze war es jetzt empfindlich kalt. »Hoffentlich wird Miss Seton von ihrer neuen Heimat nicht enttäuscht sein.«
    Das war auch ein Punkt, über den sich Bolitho des öfteren Gedanken gemacht hatte. Aber daß dieser Dalby so leichthin darüber redete, versetzte ihn in eine unvernünftige Wut.
    »Kümmern Sie sich gefälligst um Ihren Dienst, Mr. Dalby«, fuhr er ihn an. »Sie hätten schon längst die Wache herausrufen und die Luvbrassen dichtholen lassen müssen, die schlagen ja wie Glockenseile!«
    Dalby verschwand eiligst, und Bolitho seufzte. Es ging ihn zwar überhaupt nichts an – aber wie konnte Pomfret ein Mädchen nach Cozar holen, in diese sonnengebleichte Hölle?
    Am Achterdecksniedergang bewegte

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