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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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diesen Überlegungen nur seine eigenen Gefühle erforschte. Wäre er noch im Zweifel gewesen, so hätte ihm der plötzliche Schmerz beim bloßen Gedanken, sie zu verlieren, die richtige Antwort gegeben. Es war natürlich absolut lächerlich. So oder so, in Kürze war sie Frau eines Admirals, und zweifellos würde Pomfret seinen Einfluß zu nützen wissen und alsbald seine Flagge in angenehmerer Umgebung hissen.
    Hinter ihm murmelte Gossett einen Gruß, und als Bolitho sich umwandte, sah er Cheney langsam auf die Reling zuschreiten, das Gesicht dem noch dunstigen Sonnenlicht zugewandt. Schon als sie an Bord kam, war sie sonnengebräunter gewesen als bei jungen Damen üblich; seit er wußte, daß sie auf Jamaika aufgewachsen war, wunderte ihn das nicht mehr. Und die Tage auf See hatten ihrer Bräune einen wunderschönen Goldton verliehen; er empfand ihren Anblick, als sie so dastand und die milde Morgensonne genoß, als außerordentlich herzbewegend.
    Verlegen lächelnd lüftete er seinen Dreispitz. »Guten Morgen, Miss Seton. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?« Er sprach lauter als beabsichtigt, und ein Schiffsjunge neben dem Neunpfünder erstarrte über seinem Bimsstein und glotzte zu ihm empor.
    »Sehr gut, Captain«, lächelte sie. »Besser als seit Tagen.«
    »Äh – na, fein.« Er kümmerte sich nicht um die neugierigen Matrosen am Ruder. »Wie Sie sehen, hält sich der Geleitzug gut, und auch der Wind benimmt sich sehr anständig.«
    Sie sah ihn an, und plötzlich wurden ihre Augen ernst. »Dann erreichen wir Cozar also planmäßig?«
    »Ja«, nickte er und hätte beinahe hinzugefügt: »Leider.« Er riß sich zusammen und blickte zum Wimpel empor. »Ich habe dem Zimmermann Auftrag gegeben, ein paar Möbel anzufertigen, damit Sie es auf Cozar gemütlicher haben.«
    Sie sah ihn immer noch an, und er spürte, wie ihm die Wangen heiß wurden. »Er hat es selbst vorgeschlagen«, schloß er verlegen.
    Ein paar Sekunden schwieg sie. Dann nickte sie langsam, und ihre Augen glänzten wieder. »Vielen Dank, Captain. Das war sehr nett von Ihnen.«
    Die Matrosen, die Rudergasten, der Offizier der Wache – alle schienen meilenweit weg zu sein. »Ich wünschte nur, ich könnte mehr für Sie tun«, antwortete er leise.
    Sie wandte sich ab und blickte auf die See; das lange Haar verbarg ihr Gesicht, und er bekam einen furchtbaren Schreck: Nun war er zu weit gegangen, sie würde nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen; geschah ihm ganz recht.
    Aber sie sagte nur: »Vielleicht sollten wir lieber nicht mehr zusammen essen, Captain. Vielleicht wäre es besser, wenn…«
    Sie brach ab, denn von oben ertönte die Stimme des Ausgucks: »An Deck! Die
Snipe
geht über Stag, Sir! Sie hat Signal gesetzt!«
    Diese Meldung riß Bolitho aus der Niedergeschlagenheit, in die ihn Cheneys Worte versetzt hatten.
    »Hinauf mit Ihnen, Mr. Caswell, und stellen Sie fest, was sie will!« Und zu dem Mädchen sagte er möglichst ruhig: »Bitte entschuldigen Sie. Ich wollte keineswegs andeuten, daß ich…« Hilflos suchte er nach Worten.
    Sie wandte sich ihm wieder zu, und er sah, daß sie Tränen in den Augen hatte. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Captain, glauben Sie mir. Sie haben nichts gesagt, was…«
    »An Deck! Signal lautet:
›Snipe
an
Hyperion:
Fremdes Segel mit Kurs Nordnordwest‹« Caswell mußte schreien, um den Wind zu übertönen.
    Als Bolitho sich wieder Cheney zuwenden wollte, war sie nicht mehr da. Mühsam sagte er: »Recht so. Signal an
Snipe…
« Er zog die Brauen zusammen. Jeder Gedanke kostete ihn körperliche Anstrengung. »Signal: ›Sofort rekognoszieren!‹ Und an den Geleitzug: ›Segel kürzen‹.« Caswell glitt an einem Backstag hinunter und rannte auf Signalstation.
    Bolitho schritt an der Heißleine vorbei zur Reling. Ein Signalwimpel nach dem anderen wurde aus dem Gestell genommen und glitt schlangengleich zur Rah hinauf. Eine Meile achteraus legte sich die Fregatte
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leicht in den Wind, und auf mehr als einem erhobenem Teleskop blinkte die Sonne, als die vielfarbigen, so bedeutsamen Signale sich entfalteten.
    Bolitho bemerkte Rookes erwartungsvollen Blick und befahl: »Nehmen Sie die Royals weg, Mr. Rooke, sonst überholen wir noch das Geleit.«
    Jedes verfügbare Teleskop war auf das ferne weiße Federchen gerichtet, als die kleine Schaluppe ihren Kurs änderte und dem Horizont zu segelte. War es wieder einmal falscher Alarm? Aber im Moment konnte Bolitho weder Spannung noch Erleichterung

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