Nahkampf der Giganten
hatte. Es schien zu kommen und zu gehen wie ein Segel, nie nahe genug, um es zu identifizieren, und doch verband er in Gedanken etwas Tröstendes, Angenehmes damit.
Langsam wandte er den Kopf, spürte Schwe iß auf seinem Kissen und die feuchtkalte Umarmung der Laken. Neben der Koje saß Gimlett, die Schultern vor Konzentration vorgebeugt, und beobachtete ihn. Sein Körper schien vor und zurück zu schwingen wie ein menschliches Pendel.
»Seit wann liege ich hier?« fragte Bolitho. Kaum erkannte er die eigene Stimme wieder.
Gimlett rückte sein Kissen bequemer zurecht. »Drei Tage, Sir.«
Erschrocken fuhr er zurück, denn Bolitho wollte die Decken beiseitestoßen.
»Drei Tage!« Ungläubig starrte Bolitho in dem engen Gelaß umher. »Himmeldonnerwetter, ich muß aufstehen!«
Ein grimmig lächelnder Allday glitt in seinen Gesichtskreis.
»Sachte, Captain! Ihnen ging’s ziemlich schlecht.« Er beugte sich über ihn und steckte die Decken sogar noch fester.
In hilfloser Wut schloß Bolitho die Augen. »Verdammt noch mal, Allday! Helfen Sie mir auf! Ich befehle es Ihnen, verstanden?«
Doch Allday blieb unbeirrbar ruhig. »Tut mir leid, Captain, aber der Schiffsarzt sagt, Sie sollen liegenbleiben, bis…«
Plötzlich merkte Bolitho, daß die Koje stetig schwankte, daß Gimlett und Allday
wirklich
schwankten. Als er mühsam den Kopf wandte, sah er rötliche Sonnenstrahlen im Takt mit dem regelmäßigen Heben und Senken des Schiffes um das Oberlicht spielen.
»Mein Gott, wir sind auf See!« murmelte er undeutlich. Allday und Gimlett wechselten einen kurzen Blick, und Bolitho fragte rasch: »Wie hat Rooke sie aus dem Hafen bekommen?«
Allday trat so nahe heran, daß Bolitho die dunklen Schatten der Erschöpfung unter seinen Augen sehen konnte. »Ging alles klar, Captain, glauben Sie mir.« Er deutete zum offenen Fenster. »Wir ankern östlich von Cozar, unter dem maurischen Fort. Heute vormittag haben wir den Hafen verlassen – die See war so glatt wie’n Jungfernbauch!«
Aber Bolitho wollte sich nicht beruhigen. Denn in den drei Tagen, die er nutz- und hilflos in seiner Koje lag, hatte sich eine kleine Invasionsflotte segelfertig gemacht. Zu Dutzenden mußten die Signale vom Flaggschiff zu jedem Schiff im Hafen gegangen sein; und was Pomfret jetzt von ihm dachte, mochte der Himmel wissen.
»Wie spät ist es?« fragte er .
»Drei Glasen der ersten Hundewache, Captain.« Allday setzte sich auf einen Stuhl und streckte die Beine. Jetzt, da sein Kommandant dem Zugriff des Fiebers entronnen schien, war er beinahe vergnügt. »Der Admiral hat seine Order geschickt, und außerhalb dieses Schiffes weiß unter Garantie kein Mensch von Ihrer Krankheit.«
Bolitho schloß die Augen. Er konnte sich leicht vorstellen, wie Allday und Gimlett ihn bewacht hatten. Ihre abgespannten Gesichter, ihre offenbare Freude über seine Besserung sprachen Bände. Aber um dieses elende Fieber vor dem versammelten Geschwader geheimzuhalten, brauchte es mehr Leute als einen Bootsführer und einen Steward. In der Erkenntnis, daß die gesamte Schiffsmannschaft dabei mitgewirkt haben mußte, fühlte er plötzlich Tränen der Rührung in seine Augen steigen.
Gelassen sagte Allday: »Nichts zu befürchten, Captain. Sie müssen bloß wieder gesund und kräftig werden.« Er grinste. »Diese ganze Hafenroutine war eine gute Schulung für die jungen Herren.« Er sah, daß Bolitho wieder die Augen öffnete, und fuhr fort: »Der Leutnant von der
Snipe
hat übernommen und die ganze Zeit als Erster Offizier Dienst gemacht. Das Flaggschiff hat zugestimmt, Captain.« Er unterdrückte ein Lächeln. »Sie brauchen nur noch zu bestätigen.«
Beruhigt sagte Bolitho: »Dann muß er ein guter Offizier sein.«
»O ja, das ist er.« Jetzt konnten Allday und Gimlett ihr Grinsen nicht mehr zurückhalten.
Bolitho starrte mit wachsender Gereiztheit von einem zu anderen.
»Na? Was soll dieses verdammte Getue?« rief er; aber das strengte ihn so an, daß er erschöpft in die Kissen zurückfiel und nicht einmal Widerstand leistete, als Gimlett ihm die Stirn mit einem feuchten Tuch wischte.
Dann hörte er eine Bewegung an der Tür und Alldays gelassene Stimme: »Das wird er sein, Captain.« Er wartete nicht erst, bis Bolitho etwas sagte, sondern ging zur Tür und öffnete sie. Die
Hyperion
hatte an ihrem Kabel so geschwojt, daß die kleine Kajüte im Augenblick in tiefem Schatten lag. Und als Bolitho den Hals reckte, um den Mann im Türrahmen zu erblicken,
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