Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
die noch zu erledigen waren. Dalby war tot, und er hatte Caswell zum Vizeleutnant befördert, um die Lücke in seinem Offiziersstab zu füllen. So war das eben: ein Mann starb, ein anderer stieg auf.
    Die Schwerverwundeten mußten an Land oder auf eines der Transportschiffe geschafft werden, wo sie ordentlich gepflegt we rden konnten. Der Bestand an Kugeln, Pulver und zahllosen anderen Dinge mußte ergänzt werden.
    Cobban erhob sich, seine gewaltigen, blankgewichsten Stiefel knarrten heftig. Er war sehr groß; wenn er stand, wirkte Pomfret neben ihm wie ein Zwerg. »Nun«, dröhnte er, »ich gehe an Land. Wenn wir St. Clar am Fünften einnehmen wollen, ist vorher viel zu tun.« Er hängte den Säbel ein und runzelte nachdenklich die Stirn.
    »Immerhin ist es im September kühler, da marschiert es sich besser. Meine Truppen werden jedenfalls tun, was ihnen befohlen wird.« Und Bolitho sah an den schmalen, zusammengepreßten Lippen des Colonel, daß ihm seine Offiziere vermutlich ziemlich gleichgültig waren – von den einfachen Soldaten ganz zu schweigen.
    Pomfret wartete, bis Cobban draußen war, und sagte dann gereizt: »Sehr lästig, das Militär, aber unter diesen Umständen…« Er tippte flüchtig auf die Karte. »Ich nehme an, Miss Seton befand sich während der Schlacht an einem sicheren Ort?«
    Vielleicht weil er dauernd an sie gedacht hatte oder auch, weil seine Müdigkeit ihm einen Streich spielte, kam es Bolitho vor, als klinge Pomfrets Frage nervös oder sogar argwöhnisch.
    »Jawohl, Sir«, antwortete er und schlug die Augen nieder, als ihm wieder die nackten Gestalten im Orlopdeck, die schwingenden Laternen, das Mädchen in blutbespritzter Uniform in den Sinn kamen.
    »Gut«, nickte Pomfret. »Freut mich zu hören. Ich habe sie in der Festung untergebracht. Das wird ausreichen, bis…« Er beendete den Satz nicht. Es war auch nicht nötig.
    Bolitho erwiderte nur: »Meine Zimmerleute haben ein paar Möbel gebaut. Ich dachte, dann würde es Miss Seton in der Festung etwas gemütlicher haben.«
    Pomfret blickte ihn sekundenlang an. »Aufmerksam von Ihnen.
    Höchst aufmerksam. Ja, Sie können die Sachen hinüberschaffen lassen, sobald es Ihnen paßt.« Er schritt zum Fenster und sprach rasch weiter: »Wir segeln am Ersten des Monats. Haben Sie Ihr Schiff bis dahin fertig!« Er starrte zum schwarzen Rumpf des Sträflingsschiffes hinüber. »Abschaum! Der letzte Dreck von Newgate, selbstverständlich. Aber für das, was hier zu tun ist, genügen sie.« Und ohne sich umzudrehen, schloß er: »Das war’s, Bolitho.«
    Bolitho trat in die blendende Helle hinaus. Pomfret hatte nicht einmal ihm oder seinen Leuten gratuliert, daß sie die kostbaren Transporter gerettet und dabei sogar noch zwei Angreifer zu Wracks geschossen hatten. Typisch für den Mann, dachte er bitter. Solche Leistungen waren für Pomfret offenbar selbstverständlich.
    Nur zu einem Mißerfolg hätte er etwas gesagt, und Bolitho konnte sich auch vorstellen, was.
    Stumm kletterte er in seine Gig und setzte sich auf der Heckbank zurecht. Als sich die Riemen hoben und wie Schwingen ins Wasser tauchten, mußte er an Dalby und die Verzweiflung seiner letzten Minuten denken. Glücksspiel war der Fluch und Untergang so manchen guten Offiziers. Monatelang in der Enge ihres Schiffes eingesperrt, auf ihre eigene Gesellschaft angewiesen, durch harte Disziplin von den Männern getrennt, die sie zu führen hatten – da war es durchaus nichts Ungewöhnliches, daß Männer wie Dalby ihr Letztes auf eine Karte setzten und verloren. Erst harmlose Ze rstreuung, dann grausame Wirklichkeit – Bolitho wußte genau, wie gefährlich das Spiel war. Sein eigener Bruder hatte des Vaters Herz gebrochen, indem er einen Offizierskameraden in sinnlosem Duell wegen einer Spielschuld getötet hatte.
    Er riß sich aus seinem dumpfen Brüten und befahl scharf: »Kurs auf den Transporter dort drüben!«
    Allday blickte zu ihm auf. »Die
Erebus,
Captain?«
    Bolitho nickte. »Sie hat die Überlebenden der
Snipe
an Bord.« Allday legte Ruder und sagte nichts. Es war kaum Sache eines Linienschiffkommandanten, sich in eigener Person um ein paar eventuelle Rekruten zu kümmern; es konnten auch nur eine Handvoll Männer mit dem Leben davongekommen sein. Aber er wußte aus Erfahrung: Bolitho hatte schwere Sorgen. Wenn er sich so benahm wie jetzt, sagte man besser überhaupt nichts.
    Jedenfalls wartete der Kapitän der
Erebus
schon darauf, Bolitho zu begrüßen. Er grinste zum

Weitere Kostenlose Bücher