Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
langes T-Shirt anzog. Alex folgte mir. Er rückte mir auf die Pelle. Aber ich wollte ihn nicht ansehen.
„Ich wusste nicht, dass es dir was ausmacht“, sagte er, weil ich mich nicht umdrehte.
Mit dem Handtuch drückte ich das Wasser vorsichtig aus den Haaren, damit die Zöpfe nicht ausfransten. Dann nahm ich eine Flasche Öl von der Kommode und massierte es in die Dreadlocks. Ich war mir nicht sicher, was ich Alex antworten sollte. Die Worte, die mir spontan in den Sinn kamen, klangen verbittert.
„Es tut mir leid“, sagte er, doch er klang nicht so.
Ich drehte mich zu ihm um. „Eigentlich ist es mir egal. Viele Leute trinken Alkohol, Alex. Und viele rauchen hin und wieder Gras. Aber du hast das noch nie gemacht. Und ich muss mich darum fragen, warum jetzt? Warum heute Abend? Ich muss mich einfach fragen, was zum Teufel in letzter Zeit mit dir los ist?“
Er zuckte zusammen. „Olivia …“
Ich hielt die Hand hoch. „Nein. Ich will die Antwort gar nicht hören, wenn es nur wieder ein Haufen Scheiße ist. Ich höre dir nicht zu.“
„Woher weißt du, ob es Scheiße ist, wenn ich es dir nicht sagen darf?“ Sein schiefes Grinsen wärmte mir dieses Mal nicht das Herz. Seine Augen waren für mich völlig undurchdringlich. Wir waren wieder ganz am Anfang, ein niederdrückendes Gefühl.
Ich starrte ihn an, doch er senkte den Blick nicht. Die selige Trunkenheit nach dem Seder-Erlebnis war verschwunden, ich fühlte mich einfach nur dumm. Wie hatte ich glauben können, dass ein Abendessen, ein paar Stunden nur, mich von Grund auf ändern konnten? Wie hatte ich nur glauben können, dass ich wusste, wer ich war?
„Ich will mich nicht mit dir streiten“, sagte ich ruhig und beschäftigte meine Hände, indem ich die Töpfchen und Tiegel auf meiner Kommode hin und her schob. Ich öffnete ein Töpfchen und rieb einen Batzen Creme in meine Haut.
„Ich will mich auch nicht mit dir streiten.“
„Es ist spät, und ich bin müde. Ich denke, es ist das Beste, wenn du nach Hause gehst.“
Zwischen uns legte sich bleiernes Schweigen.
„Scheiße. So hatte ich das nicht geplant“, murmelte Alex. „Ich dachte, du kommst nach Hause, wir trinken ein Glas Wein …“
Ich schniefte und richtete meine Aufmerksamkeit darauf, die Creme zu verreiben. „Ich habe dir doch gesagt, ich will mich nicht streiten.“
„Ich streite doch gar nicht!“ Er klang ehrlich verzweifelt. Ich atmete tief ein und roch wieder das Marihuana. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Es waren nicht die Drogen oder der Alkohol, die zwischen uns standen. Sondern sein Verhalten, das so anders war als sonst. Vielleicht war auch mein Verhalten anders als sonst.
„Olivia. Würdest du mich wohl ansehen? Bitte?“
Im ersten Moment begriff ich gar nichts. Die kleine Samtschatulle, der hoffnungsvolle Blick. Alex sank vor mir auf ein Knie. Die Schatulle hielt er auf einer Handfläche und öffnete sie mit der anderen Hand. Etwas Schimmerndes glitzerte darin. Es war hell genug, um mich zur Kommode zurückweichen zu lassen. Ich prallte zurück und knallte gegen die Kommode, dass die Töpfchen leise klapperten.
„Olivia Mackey, willst du meine Frau werden?“
„Wie bitte?“
Er stand auf und kam näher. Der Ring glitzerte so hell im gedämpften Licht meines Schlafzimmers, dass ich ohne jeden Zweifel wusste, es musste sich um einen Diamanten handeln. Natürlich war es einer. Wer verlobte sich mit etwas anderem? Alex bot mir einen Diamantring und die Chance, seine Frau zuwerden. Und ich konnte ihn nur anstarren.
„Willst du meine Frau werden?“, wiederholte er.
Ich schaute in sein Gesicht und dachte erst, ich würde Nein sagen. Egal wie schnell sich das zwischen uns entwickelt hatte oder wie sehr er sich in mich verliebt hatte – die Hochzeit war nicht schon der nächste Schritt. Ich hatte schon einmal einen Ring bekommen, und damit das Versprechen auf eine Ehe. Und das hatte ein übles Ende genommen.
Aber mit Alex lagen die Dinge anders.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll …“
„Sag Ja, Olivia.“ Alex nahm den Ring von seinem Samtpolster und griff nach meiner Hand. „Sag Ja.“
Ich schaute ihm in die Augen und sah in diesem Blick alles. Angst. Hoffnung. Stolz und Liebe. Auch jene Leidenschaft, die mir so vertraut und willkommen war. Er lächelte und ließ den Ring über meiner Fingerspitze schweben, ohne ihn mir anzustecken.
Ich dachte an all die Gründe, warum ich Nein sagen sollte. Keiner davon war richtig überzeugend.
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