Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
sogar hinter die Säule, damit sie nichts sah. Oder damit man sie nicht sehen konnte, da war ich mir grad nicht ganz sicher. „Ein Typ, mit dem ich mich getroffen habe. Nicht wichtig. Vielleicht geht er ja wieder.“
„Der Typ von deiner Connex-Seite?“
„Er ist nicht mehr meiner.“
„Verdammt, Sarah. Du verbirgst doch etwas vor mir.“
Ihr Lächeln wirkte dieses Mal viel natürlicher, obwohl esimmer noch etwas gequält war. „Du warst wohl zuletzt etwas zu beschäftigt, meine Liebe. Ich wollte deine rosarote Stimmung nicht trüben. Außerdem gibt’s da nichts zu erzählen. Du kennst mich. Ein Typ geht, der nächste Typ kommt, alles egal.“
Ich verzog das Gesicht. „Das ist aber so gar nicht deine Art.“
Es stimmte schon, Sarah traf sich oft mit Männern, und es war ihr nicht immer ernst damit. Sie war … freundlich. Sarah verliebte sich schnell, aber es war nicht immer die große Liebe. Sie war keinesfalls prüde. Aber sie hüpfte auch nicht jede Nacht in ein anderes Bett.
„Sein Name ist Jack“, sagte sie.
Daran, wie ihre Stimme bei diesem kurzen Namen stockte, erkannte ich, dass es ziemlich ernst war.
„Ach Süße. Was ist passiert?“
Sie zuckte heftig mit den Schultern und wischte über ihre Augen. „Nichts. Das ist das Problem. Nichts passiert.“
Eine korpulente Frau in einem fließenden Kleid, deren Make-up zu dick und deren Schmuck zu grell war, ging mit einem deutlich jüngeren Mann im Schlepptau an unserem Tisch vorbei. Die Baseballkappe verdeckte seine Haare und das langärmelige Hemd die Tattoos. Doch die Art, wie Sarah ihn anschaute, verriet mir alles, was ich wissen musste. Er blieb an unserem Tisch stehen. Abrupt, als habe jemand plötzlich seine Füße am Boden festgeklebt.
„Sarah.“ Seine Stimme klang sehnsüchtig, doch sie tat so, als habe sie es nicht gehört.
Sein Blick und meiner kreuzten sich für eine Sekunde. Wir waren beide peinlich berührt, und dann ging er einfach weiter, als habe er nichts gesagt. Ich sah, wie er mit der Frau redete. Seine Hand ruhte auf ihrem Rücken, und ihr gieriger Blick verschlang ihn förmlich. Sie schaute nicht in unsere Richtung, doch sie nickte und stand auf, um zur anderen Seite des Raumes zu gehen, wo wir die beiden hinter einer Wand nicht mehr sehen konnten.
„Willst du gehen?“, fragte ich.
Sarah stocherte wieder in ihrem Salat herum. „Nein. Ich werde mir von diesem Arschloch nicht mein Mittagessen verderben lassen.“
Ich war mir sicher, dass er das bereits geschafft hatte, sagte aber nichts dazu. „Willst du darüber reden?“
„Jack“, sagte Sarah, „ist eine Hure.“
„Oh mein Gott.“ Ich erinnerte mich wieder an unser Gespräch vor ein paar Monaten. „Du hast damals also keine Witze gemacht?“
„Nein. Er vögelt Frauen für Geld.“
„Oh, wow.“ Mehr konnte ich dazu nicht sagen.
Sarah trank wütend einen Schluck Eistee und zerfetzte ihr Brot in winzig kleine Krümel. „Weißt du, zuerst dachte ich – keine Ahnung, ich dachte, es ist ja nur ein Job, oder? Ich bin ja weiß Gott auch keine Heilige. Ich habe auch Typen gevögelt, die ich nicht liebe.“
„Na ja, ich glaube, das tut jeder irgendwann mal.“
Sie schüttelte den Kopf und starrte hilflos auf das Durcheinander auf ihrem Teller. „Und es kümmert mich nicht, dass er das gemacht hat, Liv. Wirklich nicht. Mich stört es nur, dass er es weiterhin macht.“
Ihre Stimme brach, und ich wollte sie gern trösten. Sonst war Sarah immer die Umarmerin, und jetzt brauchte sie jemanden, der sie in den Arm nahm. Ich entschied mich, stattdessen nur ihre Hand zu nehmen und sie mitfühlend zu drücken.
„Es tut mir leid.“
Sie erwiderte den Druck. Dann zog sie die Hand zurück und wischte sich die Krümel von den Handflächen. Sie blickte zu mir auf. Ihre verschmierte Mascara ließ sie noch erschöpfter wirken.
„Ich kenne eine Menge Frauen, die nicht mal darüber hinwegkommen würden, dass er überhaupt so was gemacht hat, verstehst du?“
Ich dachte an meine erste Begegnung mit Alex. „Oh ja, und wie ich das weiß.“
Sie nickte und wirkte jetzt sehr ernst. „Ja, du verstehst das. Ich kann also … nicht vergeben, denn ich finde nicht, dass er etwas falsch gemacht hat. Aber ich kann das, was er vor mir getan hat, einfach beiseiteschieben. Schließlich war das vor meiner Zeit. Und das ist ja nicht das Einzige, was ihn ausmacht. Aber … ich kann nicht mit ihm zusammen sein, wenn er damit weitermacht. Verstehst du?“
Ich dachte an die
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