Namibia
Namibia, SWAPO und DTA stellten ihre Wahlprogramme vor. Zum Teil gab es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Parteien, die jedoch von der UNTAG aufgelöst werden konnten.
Nicht alle Südafrikaner begrüßten den Wandel in Namibia, Ultrarechte mühten sich nach Kräften, den Unabhängigkeitsprozess zu stören, es gab sogar Versuche, das Wasser in den Lagern für zurückkehrende Exilanten mit Cholerabakterien zu vergiften.
Nichtsdestotrotz fanden vom 7.–11. November 1989 die Wahlen für die verfassungsgebende Versammlung unter Aufsicht der UNTAG statt. Die Wahlbeteiligung betrug 97 %. Die SWAPO erhielt 57 % der Stimmen und damit 41 von 72 Sitzen in der verfassungsgebenden Versammlung, die DTA schaffte es mit 28 % und damit 21 Sitzen immerhin, die Zweidrittelmehrheit der SWAPO zu verhindern. Die restlichen Sitze gingen an viele kleine Parteien: Die United Democratic Front erhielt vier Sitze, die Action Christian National drei Sitze und die Federal Convention of Namibia, die Namibia National Front und die National Patriotic Front je einen Sitz.
SWAPO-Präsident Sam Nujoma, der im September 1989 aus dem Exil zurückgekehrt war, erklärte, keinen Einparteienstaat gründen zu wollen, er sei vielmehr bereit, mit der Opposition beim Aufbau eines neuen Staates zusammenzuarbeiten.
Eine Woche nach der Wahl, die vom UNO-Sonderbeauftragten Martti Ahtisaari als „frei und fair“ bezeichnet wurde, nahm die verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit unter Anleitung der Westlichen Kontaktgruppe auf. Am 9. Februar 1990 wurde die Verfassung der Republik Namibia , die als eine der besten der Welt gilt und in Rekordzeit fertiggestellt wurde, einstimmig von den 72 Mitgliedern der verfassungsgebenden Versammlung verabschiedet. Darin sind verankert:
Machtaufteilung in Legislative, Exekutive (vergleichbar Bundestag und Bundesrat) und unabhängige Gerichtsbarkeit
grundlegende Menschenrechte
Abschaffung der Todesstrafe
Schutz der verschiedenen Sprachen und Kulturen Namibias
Pluralismus und Mehrparteienprinzip
„Affirmative Action“, Bevorzugung früher Benachteiligter (als Ausgleich zur Apartheidpolitik)
bewahrende Nutzung der Natur („sustainable use of ecosystems“)
Im Februar 1990 wurde Sam Nujoma einstimmig von der verfassungsgebenden Versammlung (dem künftigen Parlament) zum Präsidenten Namibias gewählt.
Die unabhängige Republik Namibia
Am 21. März 1990 war es soweit: Nach 105 Jahren Fremdherrschaft, über 40 Jahren Konfrontation und 20 UN-Resolutionen zum Thema Namibia wurde das Land endlich unabhängig. UNO-Generalsekretär Javier Péres de Cuéllar vereidigte Sam Nujoma als ersten Präsidenten der unabhängigen Republik Namibia. Das Land wurde unverzüglich das 160. Mitglied der UNO, außerdem trat es der Southern African Development Community (SADC) bei, der Organisation of African Unity (OAU; im Juli 2002 durch die Nachfolgeorganisation AU, African Union, ersetzt), dem Commonwealth of Nations, der World Bank und einigen weiteren Institutionen und Verbänden. Namibia blieb weiterhin Mitglied der Zollunion des südlichen Afrika.
Die Beziehungen zu Südafrika erhielten mit dem Umbruch in Südafrika natürlich eine neue Dimension. So konnten einige noch offene Konflikte beigelegt werden. Walvis Bay, der einzige Tiefseehafen an der Küste Namibias, das auch nach der Unabhängigkeit Namibias noch immer zu Südafrika gehörte, wurde von Südafrika am 28. Februar 1994 zusammen mit den Atlantikinseln an Namibia übergeben. Die häufig zu findende und von der namibischen Regierung benutzte Bezeichnung „Wiedereingliederung“ oder „Rückgabe“ ist irreführend, da Walvis Bay, seit es Grenzen gab, de facto nie zu Südwestafrika und Namibia gehört hatte.
Über Grenzverläufe gibt es jedoch nach wie vor Uneinigkeit, und immer wieder brechen Konflikte auf. Mitte 1993 fanden Verhandlungen über den Grenzverlauf Südafrika–Namibia am Oranje statt: Bis dato beharrte Südafrika auf der von den Briten 1889 festgelegten Nordgrenze des Oranje, Namibia verwies auf die international übliche Flussmitte als Grenzverlauf. Es gab zwar eine stille Übereinkunft nach diesem Treffen, den Grenzverlauf auf den so genannten „Thalweg des Flusses“, also die jeweils tiefste Stelle, festzulegen. Zumindest hat Namibia das Ergebnis dieses Treffens so gedeutet. Als jedoch im Jahr 2000 weitere Diamantenvorkommen am Oranje entdeckt wurden, brach der Konflikt wieder auf.
Der Grenzkonflikt mit Botswana um
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