Namibia
Gobabis nach Botswana und von dort nach Tanzania und Ägypten führte, wurde mit der angolanischen Unabhängigkeit 1975 Angola das Hauptziel der Flüchtlinge, zumal sich die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen PLAN-Kämpfern und der südafrikanischen Armee im Ovamboland ausweiteten. Bis 1988 haben rund 50 000 Namibier Zuflucht in Angola gesucht.
Die angolanische Grenze zu Namibia wurde ein Austragungsort des Großmächtekampfes: Die USA unterstützten über Pretoria die UNITA (União Nacional para a Independência Total de Angola), während die Sowjetunion mit Hilfe von Kuba der MPLA (Movimento Popular de Libertação de Angola) zur Seite stand. Angola versank im Bürgerkrieg, tausende Schwarze und Weiße flüchteten nach Namibia. Die SWAPO, die zuerst mit der antikolonialen UNITA sympathisierte, schlug sich wenig später auf die Seite der kommunistischen MPLA, da sie sich ja schlecht auf einer Seite mit den USA und damit mit Südafrika befinden konnte.
Die Südafrikaner verstärkten in der Folge ihre militärischen Aktionen im Norden des Landes, um von hier aus SWAPO-Lager in Angola zu bombardieren. Der grausamste Luftangriff auf ein solches Lager fand am 4. Mai 1978 auf Cassinga, ein SWAPO-Lager 250 km von der namibischen Grenze entfernt, statt. 600 Menschen, darunter Frauen und Kinder, starben. Der 4. Mai ist heute ein Feiertag in Namibia.
Die Turnhallenkonferenz
Unter zunehmendem internationalem Druck musste Südafrika den Namibiern nach und nach ein gewisses Maß an Selbstbestimmung zugestehen. Dies sollte jedoch nur in separaten geografischen und ethnischen Homelands geschehen, um den politischen Einfluss der namibischen Bevölkerung so gering wie möglich zu halten und eine Opposition nicht erstarken zu lassen. Pretoria rief 1975 eine konstitutionelle Versammlung in Windhoek im Turnhallengebäude des alten Sportklubs ein. Die Delegationen wurden strikt aus den elf ethnischen Gruppen nach dem Odendaal-Plan gebildet. Dies war das allererste Mal, dass Weiße und Schwarze gemeinsam an einem Tisch saßen, um über die Zukunft Namibias zu beraten. Die Delegierten wurden von Südafrika allerdings derart bevormundet, dass sich ein Teil abspaltete, in der Demokratischen Turnhallen-Allianz (DTA) formierte und (seither) als Oppositionspartei auftrat.
Die Konferenz legte trotzdem einen Entwurf zur Verwaltung vor, der sich jedoch an die absurdenVorgaben des Odendaal-Plans hielt und von südafrikanischer Politik ganz allgemein stark beeinflusst blieb. Als logische Konsequenz lehnte die UNO diesen Entwurf ab, stattdessen legte im Jahre 1978 die so genannte Westliche Kontaktgruppe, bestehend aus Delegierten aus Großbritannien, Kanada, Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und den USA, den Vereinten Nationen einen Lösungsplan für Namibia vor.
1978 gab es die ersten gemischtrassigen Wahlen, aus denen die DTA als stärkste Partei hervorging. SWAPO und SWANU (South West African National Union) boykottierten die Wahl; die Westliche Kontaktgruppe erklärte die Wahlen für null und nichtig, da sie nicht unter UNO-Aufsicht stattfanden. Bis 1989 regierten mehrere Interimsregierungen das Land, die alle von Südafrika eingesetzt wurden. Die Ironie der Geschichte lag darin, dass der UN-Rat für Namibia zwar die legale Autorität war, jedoch keinen Zugriff auf Namibia hatte, während die reale südafrikanische Administration in Namibia jenseits der Landesgrenzen keine Legalität besaß.
Die UN-Resolution 435
Seit 1977 führten die fünf oben genannten Westmächte Vermittlungsgespräche zwischen Südafrika, der UNO, der SWAPO, deren Führer sich immer noch im Exil befanden, und einigen lokalen Parteien, etwa mit der DTA.
Das Ergebnis war ein Entwurf zu einem Lösungskonzept für Namibia, der vom UN-Sicherheitsrat 1978 angenommen und in der Resolution 435 formuliert wurde – im Wesentlichen war dies ein detailliertes und zeitlich abgestimmtes Programm, das einen friedlichen Übergang zur Unabhängigkeit vorsah, mit freien, fairen Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung unter Aufsicht der Vereinten Nationen. Der Plan wurde von Südafrika, der SWAPO, den Frontlinienstaaten und den meisten internen Parteien akzeptiert. Südafrika schaffte daraufhin die ersten Apartheidgesetze ab.
Die Schwerpunkte der Resolution 435 waren:
Friedenserhaltung im Land
Freilassung aller politischen Häftlinge
Aufhebung aller rassistischen und restriktiven Gesetze, die die Wahlen beeinflussen könnten (so durften bis dato
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