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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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Für Rückenkranke war das nichts. Gurte, um sich anzuschnallen, waren ebenfalls nicht vorhanden. Wenn man sich diesen Wagen so betrachtete, schien er noch aus einer Ära zu stammen, als Sicherheitsmaßnahmen absolut kein Thema gewesen waren.
    Dennoch – oder vielleicht gerade weil das alles so ursprünglich war – fühlte sie das Hochgefühl in sich ansteigen, das sie bereits seit der Landung empfand. Am Rand dieser Straße, die eigentlich gar keine war, liefen immer wieder Leute entlang – allerdings nicht so angezogen, wie Vanessa es von den Bildern in Erinnerung hatte, sie trugen ganz normale Kleidung, T-Shirt und Hose oder auch so eine Art knallblauen Arbeitsanzug, einige Frauen mit Kindern hatten ihre meist recht rundlichen Körperformen in eher afrikanisch wirkende Kleider gehüllt.
    Johannes winkte ihnen zu, hielt den Wagen manchmal an und wechselte ein paar Worte mit ihnen, alle schienen sich irgendwie zu kennen. Die schwarzen Gesichter lachten, und offenbar machten sie Bemerkungen über Johannes’ Fahrgäste, was die aber nicht verstehen konnten. Die Sprache klang nicht wie irgendetwas, das Vanessa je gehört hatte. Sie bestand nicht nur aus Wörtern, sondern auch aus einer Art Klick- und Schnalzlauten, bei denen Vanessa sich fragte, wie sie erzeugt wurden. Es schien, als könnten die Leute gleichzeitig sprechen und klicken oder schnalzen.
    »Ich wusste nicht, dass die Gästefarm so weit von Windhoek entfernt ist.« Vanessa schaute ihre Mitreisenden an. »In der Beschreibung klang es, als wäre sie ganz nah.«
    Siggi, Roswithas Mann, lachte. »Das ist sie auch. Für namibische Verhältnisse. So eine Strecke gilt nicht als weit, wenn eine Farm mehrere tausend Hektar groß ist.« Er lächelte Vanessa zuversichtlich an. »Aber wir sind bald da. Höchstens noch eine halbe Stunde.«
    Vanessa schaute versonnen aus dem Fenster. »Es ist nicht so, dass ich bald ankommen will. Es ist so herrlich hier.«
    »Ja, das ist es. Deshalb kommen wir immer wieder her.« Roswitha schloss sich ihrem versonnenen Blick an. »Wir fahren schon seit zwanzig Jahren nach Namibia. Es gibt nichts Schöneres.«
    Vanessa konnte sich diesem Urteil nur anschließen. Dieses heimatliche Gefühl, das sie schon am Flughafen so überraschend beschlichen hatte, wurde immer stärker. Als ob sie nach Hause kommen würde. Allerdings nicht in ein Zuhause, in dem sie aufgewachsen war. Es war mehr wie eine Erinnerung aus einem früheren Leben.
    Aber an so etwas glaubte Vanessa nicht. Dennoch irritierte sie dieses Gefühl, so schön es auch war. Sie fühlte sich hier fremd und gleichzeitig vertraut auf eine Art, die sie bisher nicht gekannt hatte.
    Sie fuhren weiter, und Vanessa bemerkte, dass der Busch am Straßenrand immer dichter wurde, fast undurchdringlich. Plötzlich erschien eine riesige Maschine in ihrem Blickfeld, die direkt auf dem Schotterweg geparkt zu sein schien. Sie sah aus wie eine Mischung aus Bulldozer und Mähdrescher, allerdings ziemlich überdimensional.
    Ohne die Geschwindigkeit des Jeeps großartig zu verringern, fuhr Johannes an dem Gefährt vorbei. Sie landeten fast im Busch, und für einen Augenblick hatte Vanessa das Gefühl, sie würden sich gleich überschlagen, der Jeep neigte sich gefährlich zur Seite.
    Sie hielt sich fest, und als sie wieder auf die Schotterpiste zurückgekehrt waren, fragte sie: »Was war das denn?«
    Statt Johannes, an den die Frage eigentlich gerichtet gewesen war, antwortete Siggi. »Damit wird die Straße geglättet«, erklärte er. »Um die Löcher auszugleichen. Diese Maschinen schälen praktisch die oberste Schicht ab. Danach ist die Pad dann eine Weile glatt, aber es dauert nicht lange, bis die Löcher wieder da sind. Besonders, wenn es regnet.«
    Vanessa blickte zurück, wo die riesige Maschine langsam kleiner wurde. Es war merkwürdig. Hier im Busch zu sein und dann so eine Maschine zu sehen. Ein Gegensatz, der größer nicht hätte sein können. Das war definitiv nicht das, was sie erwartet hatte.
    Kurz darauf verlangsamte Johannes die Fahrt, blieb fast stehen.
    »Giraffen«, seufzte Roswitha hingerissen und blickte durch das Seitenfenster nach oben.
    Vanessa konnte von ihrer Seite aus nichts sehen, aber Johannes drehte den Wagen um, und als sie sich ein wenig hinausbeugte, sah sie plötzlich einen Kopf ein paar Meter über sich schweben. Die Giraffe war hinter einem hohen Gebüsch halb versteckt, nur der Kopf ragte darüber hinaus, und sie zupfte Blätter ab, die sie genüsslich kaute,

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