Namibische Nächte (German Edition)
dem Rezeption stand.
Vanessa und ihre Mitreisenden stiegen aus, und während die beiden anderen sofort in die Rezeption stiefelten, schaute Vanessa sich noch einmal um. Meine Güte, Afrika, dachte sie, mehr und mehr gefangen von der weichen, warmen Luft, den Geräuschen, den Gerüchen, der berauschenden Atmosphäre. Sie klopfte sich den Staub von der Kleidung, dann ging auch sie in das Gebäude hinein.
Es war, als herrschte hier im Inneren noch mehr Afrika als draußen. Zebrafelle an den Wänden, Zebrabezüge auf den Sesseln, die überall herumstanden, ein Holzboden mit afrikanischem Muster, hauptsächlich Tieren. Elefanten, Löwen, Nashörner. Und über ihr eine hoch wie eine Zirkuskuppel aufragende Holzkonstruktion, die das offenbar aus dickem Buschgras bestehende Dach hielt.
Sie hatte solche Häuser schon auf Fotos gesehen, aber nur von außen. Dort sahen sie fast so aus wie reetgedeckte Häuser in Norddeutschland. Doch von innen war der Eindruck ein völlig anderer. Hoch und luftig, als könnte man von hier direkt den Himmel erreichen.
Vanessa ging zur Rezeptionstheke vor und wartete, bis sie dran war.
Es liefen eine Menge Leute in diesem Bereich herum, offensichtlich Angestellte, und alle, wie zu erwarten, schwarz. Die einzigen Weißen schienen Roswitha, Siggi und Vanessa zu sein.
Plötzlich tauchte in einer Tür hinter der Rezeption ein blonder Kopf auf. Im nächsten Moment folgte dem Kopf ein Mann in Safarikleidung.
Vanessa erstarrte.
Der Mann sah sie nicht, sondern ging hinter der Rezeptionstheke zu einem Schrank. Erst, als er sich umdrehte, um in sein Büro zurückzukehren, bemerkte er Vanessa und erstarrte ebenfalls. Ihre Augen trafen sich über die Köpfe der anderen hinweg.
Vanessa fing sich wieder. Sie räusperte sich, um den Frosch in ihrem Hals loszuwerden. »Hallo Kian«, brachte sie leicht krächzend hervor.
Er starrte immer noch in ihr Gesicht, als hätte er sie nicht gehört. Dann endlich kam Bewegung in ihn. »Vanessa.« Seine Stimme klang neutral. Sein braungebranntes Gesicht wirkte wie eine Maske.
»Ich . . .« Vanessa lachte verlegen. »Ich hätte nie gedacht – Was tust du hier?«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ich betreibe diese Farm«, sagte er.
»Du . . . das ist . . . deine Farm?« Vanessa öffnete entgeistert die Augen. Wenn sie das gewusst hätte . . . Bei der Buchung hatte sie nirgendwo Kians Namen gesehen.
»Zum Teil farmen wir noch, aber mittlerweile haben wir mehr Gäste als Rinder.« Er verzog das Gesicht. »Obwohl der Unterschied manchmal nicht so leicht zu erkennen ist.«
Vanessa spitzte die Lippen. »Oh, danke«, sagte sie.
»War nicht so gemeint.« Sein Gesichtsausdruck wirkte nun fast schon grimmig. Als freudige Begrüßung konnte man das nicht bezeichnen.
Vanessa fühlte, wir ihr Herz, das beim ersten Anblick von Kian heftig zu schlagen begonnen hatte, sich wieder beruhigte. Er war immer noch der große, blonde Siegfried, jetzt sogar noch muskulöser als früher, aber sie war ganz sicher nicht mehr seine Kriemhild – wenn sie das überhaupt je gewesen war.
»Du sagtest wir «, nahm sie den Faden wieder auf. »Du bist verheiratet?«
Er antwortete nicht. Sein Blick war auf Vanessa geheftet, als ob er sie durchbohren wollte.
Meine Güte, sieben Jahre habe ich ihn nicht gesehen, dachte Vanessa. Warum fühlt es sich an wie gestern? Sieben Jahre haben wir getrennte Leben geführt. Seins hat mit meinem nichts mehr zu tun.
Kian musterte sie mit unergründlicher Miene. »Dir scheint es gut zu gehen.«
Vanessa zögerte, dann nickte sie. »Ja. Ja, es geht mir gut.«
»Muss wohl so sein.« Sein grimmiger Gesichtsausdruck schien nicht weichen zu wollen. »Nicht jeder kann sich einen Urlaub in Namibia leisten. Ist ziemlich teuer hier.«
»Das stimmt.« Vanessa atmete tief durch. Was hatte sie erwartet? Dass er sie in seine Arme schließen und küssen würde? Nach sieben Jahren? Und nachdem sie sich damals so heftig getrennt hatten?
Sie hatte gedacht, sie würde nichts mehr für ihn empfinden. Sie hatte gedacht, sie wäre über ihn hinweg.
Doch nun, in diesem Moment, als sie ihn wie die Verkörperung von Robert Redford in Jenseits von Afrika vor sich sah, merkte sie, dass sie sich belogen hatte.
Er nickte ihr zu. »Wir sehen uns dann sicher noch.« Den Rücken zu ihr gewandt ging er in sein Büro zurück.
»Ja, wir sehen uns dann sicher noch«, murmelte Vanessa.
Aber sie war sich nicht sicher, ob sie das überhaupt wollte.
Kian verwirrte sie, wie es nie ein
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