Namibische Nächte (German Edition)
war. Sie taumelte fast ins Bad und nahm schnell eine Dusche.
Danach zog sie eine leichte Bluse an und eine 7/8-Hose. Sie musste sich unbedingt so ein luftiges, weites Kleid besorgen, wie das junge Mädchen am Fenster es getragen hatte. Es waren wundervolle Farben, und so ein Kleid war in der Hitze bestimmt wesentlich angenehmer.
Nachdem sie sich mit Sonnencreme eingesprüht hatte, ging sie hinaus. Ein Hut wäre praktisch gewesen. Die Sonne schien hier noch heißer zu stechen als in Windhoek. Es war ja auch Mittag, und der fast weißglühende Ball stand kerzengerade am Himmel.
Sie legte eine Hand über die Augen und versuchte hinaufzublicken. Es war unmöglich. Aber an den praktisch fehlenden, sich nur leicht von den Objekten abhebenden Schatten sah man, dass die Sonne direkt über ihnen stand.
Die Luft war so klar, dass alles wie mit scharfen Konturen aus dem Hintergrund herausgeschnitten erschien. Es gab keine Übergänge, keine weich fließenden Ränder. Alles war durch extrem gegensätzliche Kontraste gekennzeichnet. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Als ob jemand es mit einem harten Bleistift auf Papier gemalt hätte.
Sie ging langsam zu dem großen Gebäude hinüber, in dem auch die Rezeption war. Direkt daneben war ein Schild mit der Aufschrift Restaurant und einem Pfeil, der um die Ecke zeigte.
Ein Restaurant im Busch. Vanessa schüttelte leicht lächelnd den Kopf. Namibia war definitiv ein Land, das viele Überraschungen bot.
Kurz darauf stellte sie fest, dass die Bezeichnung Restaurant weit übertrieben war. Als sie um die Ecke bog, sah sie einen langgezogenen Tisch aus dunklem, poliertem Holz, schwere, schnörkellos zusammengesetzte Balken, die an den Seiten von langen Bänken flankiert wurden. Offenbar würden alle Gäste gemeinsam hier draußen essen. In einem Land, in dem es so gut wie nie regnete, war es nicht nötig, sich in einen ummauerten Raum zurückzuziehen.
Der Tisch wurde von großen Sonnendächern, einer Art Planen, deren Material jedoch wie von feinen Löchern durchzogen schien, geschützt, sodass hier, wie sonst praktisch nirgendwo, Schatten entstand.
Sie schaute sich um, und schon erschien das junge Mädchen mit dem lachenden Gesicht in der Tür, die zum Haus hineinführte. »Setzen Sie sich. Ich bringe das Essen gleich.«
»Bin ich allein?« Der lange Tisch war wohl kaum für eine Person gedacht.
Das junge Mädchen zeigte weiße Zähne, die wie die Sonne selbst strahlten. »Die anderen sind schon fertig. Sie haben lange geschlafen.« Sie drehte sich um und verschwand im Inneren des Hauses.
Vanessa setzte sich so, dass sie die Weite der Savanne überblicken konnte. Sie kam sich vor wie in einem Traum. Sie saß hier, unter der heißen Sonne Afrikas, mit einem Blick, den es ihr schwerfiel zu beschreiben, so unwirklich war er.
Kurz hinter den Gebäuden begann der Busch. Dort war kein Haus und kein Mensch mehr zu sehen. Die Landschaft wirkte nur ein paar Meter von den menschlichen Behausungen entfernt bereits einsam und verlassen.
Sie verfiel fast in Trance, so sehr zog sie die Atmosphäre in ihren Bann.
Bis klappernde Geräusche sie aufweckten. Es wurden etliche Schüsseln vor sie hingestellt. Teller und Besteck waren schon auf dem Tisch gewesen.
Sie lachte. »Das kann ich aber nicht alles essen.«
»Sie essen so viel, wie Sie wollen«, forderte das junge Mädchen sie auf, das nun von einem jungen Mann begleitet wurde, um alle Schüsseln auf einmal transportieren zu können. »Guten Appetit.«
Der junge Mann und sie verschwanden wieder im Haus.
Vanessa öffnete die Schüsseln. Eine enthielt Gulasch, eine Gemüse, eine dritte Pudding mit Obst, und dann gab es noch eine Schüssel mit einer Art Brei. Milipap , fiel ihr ein. Kian hatte ihr davon erzählt. Das Grundnahrungsmittel der Bevölkerung hier. Vielleicht war es das. Sie hatte den Namen damals so lustig gefunden, dass sie ihn sich gemerkt hatte.
Sie nahm sich etwas von allem außer dem Pudding und begann zu essen.
»Wie ich sehe, schmeckt es dir.«
Vanessa erstarrte. Die Stimme hatte sie von hinten angesprochen. Sie schluckte und blickte auf. »Ja, danke.« Langsam erholte sie sich von dem Schock und begann zu lächeln. »Du kochst aber nicht selbst, oder?«
Kian schüttelte den Kopf. »Das war noch nie mein Gebiet.«
»Nein.« Vanessa schluckte erneut, unauffällig, wie sie hoffte. »Nein, ich weiß.«
Kian stand neben ihr und blickte mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck auf sie hinunter. »Du hast für
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