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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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es so gut wie keine Städte, nur kleine bis größere Dörfer, das meiste war unbebautes Land, Wüste, Busch, Savanne, riesige Farmen. Heute hatte sie zum ersten Mal selbst erlebt, wie es in Wirklichkeit aussah, aber Kian hatte es ihr immer wieder beschrieben. Die Leere, die Weite, die Unbeschränktheit, nach der er sich zurücksehnte.
    Deutschland fand er eng und laut, viel zu überfüllt, viel zu viele Menschen. Und die ganzen Regeln. Das war er nicht gewöhnt. Er war in der Freiheit aufgewachsen, wo er tagelang durch die Savanne streifen konnte, ohne einen Menschen zu sehen.
    »Machst du gleich den Game Drive mit?«, fragte Isolde, während sie Vanessa einen Hut reichte, der an einem Haken im Haus neben der Tür gehangen hatte.
    Vanessa nahm den Hut und drehte ihn in den Händen. »Ich –« Sie räusperte sich, um den Frosch im Hals loszuwerden. »Ich weiß nicht so genau«, sagte sie dann.
    »Es ist nur noch ein Platz frei«, teilte Isolde ihr mit. »Es sind heute viele neue Gäste angekommen, und die wollen alle sofort in den Busch.« Sie lachte. »Sie sind immer ganz wild darauf, als ob er morgen plötzlich verschwunden sein könnte.«
    Viele Gäste. Vanessa hatte ein wenig die Befürchtung gehabt, sie würde auf dieser Fahrt mit Kian allein sein, aber wenn viele andere dabei waren . . . »Gut«, sagte sie. »Ich nehme den letzten Platz.«
    Sie lächelte Isolde selbstsicherer an, als sie sich fühlte, Isolde sollte bloß nicht wissen, wie es ihr ging, und setzte den Hut auf.
    Kurz darauf saß sie in einem Gefährt, das aus einem Pritschenwagen bestand, auf den hohe Sitzbänke geschweißt waren, die wie in einem Theater von der vordersten zur hintersten Reihe immer höher wurden. Sie hatte richtig hinaufklettern müssen.
    Für einen Moment fragte sie sich, was der TÜV zu so etwas sagen würde, aber den gab es hier natürlich nicht. Die Leute bauten sich offensichtlich das zusammen, was sie brauchten.
    Johannes fuhr den Wagen und hatte allen Passagieren, die beim Aufsteigen in die Höhe Hilfe brauchten, eine Hand gereicht. Es waren viele ältere Personen dabei, bei denen Vanessa sich fragte, ob die Sonne nicht zuviel für sie sein würde, weil selbst sie sich schon etwas schwindelig fühlte. Allerdings hatte sie ja jetzt den Hut, und der Wagen war auch mit einer festen Plane überzogen. An den Seiten war alles frei und offen, nur ein paar Stangen des Gestells für das Dach, an denen man sich festhalten konnte.
    Was auch nötig war, wie man merkte, als der Wagen dann losfuhr. Erst im letzten Moment war Kian erschienen und hatte die Gäste begrüßt. Vanessa hatte nur einen kurzen Blick auf ihn erhascht von ihrem erhöhten Platz, bevor er vorn neben Johannes einstieg.
    Der kurze Blick hatte jedoch genügt, um Vanessas Herz wieder in Aufruhr zu versetzen. In Deutschland hatte Kian nie Safarikleidung getragen, auch keinen keck über ein Auge gestülpten braunen Lederhut – und schon gar kein Gewehr. Hier trug er das alles, und im Gegensatz zu einigen der Passagiere, die sie in Frankfurt beobachtet hatte, sah es bei ihm nicht im Mindesten albern aus. Im Gegenteil, er sah aus, als wäre er darin geboren worden.
    Was ja auch irgendwie stimmte. Das war hier seine Alltagskleidung, keine Ausstattung, wie Touristen sie sich für den Urlaub zulegten, um sie danach wieder im Schrank verschwinden zu lassen.
    Kaum hundert Meter vom Haus entfernt bog Johannes in einen schmalen Seitenweg ab. Es rumpelte und schüttelte gewaltig, denn die Fahrspur war tief ausgefahren und unregelmäßig.
    Vanessa hielt sich krampfhaft an den Stangen fest. Glücklicherweise hatte sie einen Außenplatz. Auf jeder der Sitzbänke war Platz für drei Personen, und sie hätte nicht gern in der Mitte sitzen wollen, wo es praktisch keine Möglichkeit gab, sich festzuhalten.
    Außer an seinem Nachbarn, aber während die Frau, die neben Vanessa saß, sich an ihren Mann klammerte, hätte sie es wohl komisch gefunden, wenn Vanessa dasselbe bei ihr getan hätte.
    Vanessa saß in der hintersten, höchsten Sitzreihe und erkannte schnell den Unterschied zu ihrer Fahrt vom Flughafen hierher. Auch wenn der Jeep etwas erhöht gewesen war, aber von hier oben konnte man viel weiter in die Landschaft blicken, erfasste ein tief beeindruckendes Panorama der Hügel, die wie von Nebel verschleiert am entfernten Horizont lagen, während sich davor geduckte Sträucher, trockenes Gras und roter Sand abwechselten.
    Darüber hatten Kian und Isolde sich immer unterhalten, und

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