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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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danach hatten sie sich zurückgesehnt. Isolde . . . Vanessa biss die Zähne zusammen.
    Sieben Jahre. Sie spürte einen Stich. Vor sieben Jahren war Kian gegangen. Dass Isolde danach nie mehr bei Vanessa aufgetaucht war, hatte Vanessa nicht wirklich wahrgenommen. Ihr lag nichts an Isolde. Aber wahrscheinlich war Kian damals nicht allein gegangen. Er hatte Isolde mitgenommen.
    Da ihr Ältester sechs war, hatte Isolde ihn wohl bald nach ihrer Rückkehr bekommen. Wahrscheinlich war sie schon schwanger gewesen, als –
    Natürlich. Vanessa fiel es wie Schuppen von den Augen. Das hatte Kian ja super hingekriegt. Deshalb hatte er sich von Vanessa getrennt und war sofort verschwunden. Selbstverständlich hatte er etwas mit Isolde gehabt, obwohl er das immer bestritten hatte. Und dann war sie schwanger geworden, und sie mussten so schnell wie möglich zurück nach Namibia, um zu heiraten.
    Namibische Frauen waren da unerbittlich, das hatte Kian ihr einmal erzählt. Er fand die lockere Art in Deutschland etwas zu locker. In Namibia waren die Sitten strenger.
    Ob Isolde Kian erpresst hatte? überlegte Vanessa. Nein, wahrscheinlich musste sie das gar nicht. Er war so ein Ehrenmann. Ja klar. Ehrenmann – gleichzeitig mit Vanessa und Isolde . . .
    All diese Vorwürfe, nur weil sie nicht wie Isolde war – jetzt konnte sie sie sich erklären. Kian war immer irritiert gewesen, wenn Vanessa von ihm verlangte, etwas zu tun, das nach Altväteransicht Frauenarbeit war. Er erwartete von ihr, dass sie einkaufte, kochte, putzte, seine Hemden bügelte.
    Wenn Vanessa sich darüber aufregte, lachte Isolde nur. Sie fand es völlig normal, dass ein Mann das nicht tat. In Namibia gingen die Uhren wohl noch etwas anders.
    Dafür fühlte Kian sich allerdings für alles verantwortlich, was ›Männerarbeit‹ war. Er hatte ihr nicht nur das Regal aufgebaut, sondern auch sonst viel in der Wohnung repariert, sich um das Auto gekümmert . . . Vanessa musste zugeben, dass sie ihm viele dieser Dinge überlassen hatte, weil sie sie wirklich nicht gern tat. Oder gar nicht konnte. Einen Klempner oder Elektriker hätte rufen müssen, das Auto in die Werkstatt bringen.
    Es war angenehm, einen Mann wie Kian im Haus zu haben. Nicht nur in dieser Hinsicht. Vanessa hatte sich noch nie so geborgen gefühlt wie bei ihm. Sie hatte sich nie so . . . geliebt gefühlt. Obwohl Kian es ihr nie sagte, spürte sie es. Hatte sie jedenfalls gedacht.
    Aber dann immer wieder diese schrecklichen Auseinandersetzungen. Besonders, als sie mehr Zeit für ihre Arbeit brauchte. Er konnte nicht verstehen, dass ihr das so wichtig war. Da kamen Sprüche, von denen sie geglaubt hatte, dass sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr existierten.
    Und Isolde hatte ihn immer unterstützt. Vanessa knirschte mit den Zähnen. Wie auch heute hatte Isolde sie gefragt, ob sie denn keine Kinder wollte. Sie wäre ja nun auch nicht mehr die Jüngste.
    Nicht mehr die Jüngste? Mit Mitte zwanzig? Vanessa hatte nur nach Luft geschnappt und es nicht glauben können. Für Kinder war immer noch Zeit, fand sie. Natürlich wollte sie welche, aber dazu musste ihre Existenz erst einmal gesichert sein.
    Warum sie denn nicht einfach heiraten würde, hatte Isolde sie gefragt, dann wäre ihre Existenz doch gesichert.
    Vanessa hatte nur den Kopf geschüttelt.
    Diese Auseinandersetzungen hatten an Kians und Vanessas Beziehung gezehrt. Zwar hatten sie sich irgendwie immer wieder versöhnt, aber es blieb ein bitterer Nachgeschmack zurück.
    Vanessa liebte Kian, aber anscheinend reichte das nicht. Sie war eben nicht Isolde. Sie war nicht die Frau, die er sich als Mutter seiner Kinder wünschte und als seine Ehefrau.
    Der Wagen machte einen Satz, und Vanessa wäre fast vom Sitz geworfen worden. Sie musste sich auf die Fahrt konzentrieren, nicht auf die Vergangenheit.
    Die Umgebung hatte sich leicht verändert, sie waren in eine Art Flussbett hineingefahren, nur dass darin kein Wasser floss. Ein Trockenfluss, erklärte Kian, der auf dem Trittbrett des Wagens stand und sich nur locker am Dach festhielt. In Namibia nannte man das Rivier , nach der Bezeichnung in der Sprache Afrikaans, die hier eine der meistgesprochenen Sprachen war, noch aus der südafrikanischen Mandatszeit.
    Kian warf kurz einen Blick zu den Tourgästen hinauf. Vanessa konnte nicht sagen, ob er sie überhaupt wahrgenommen hatte.
    »Jetzt sieht es harmlos aus, nur Sand«, fuhr Kian mit den Erklärungen fort, die er sicherlich schon tausendmal abgegeben

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