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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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drehte sich nach vorn, »kommen sie. Bitte keine lauten Geräusche. Hören können Nashörner nämlich sehr gut. Und riechen auch. Aber im Moment steht der Wind günstig.«
    Sie fuhren durch lichtes Gestrüpp, und auf einmal hielt Johannes an.
    Nur ein paar Meter entfernt grasten die urzeitlichen Gestalten wie friedliche Kühe. Allerdings waren sie erheblich größer.
    Vanessa hielt die Luft an. Die Hörner auf den breiten Nasen erschienen gewaltig. Sie konnte sich gut vorstellen, dass sie jeden Wagen aushebeln konnten, wenn sie es darauf anlegten. Oder ihn einfach durchbohren.
    Kian hob eine Hand, als eine Touristin etwas fragen wollte, und warf ihr einen Blick zu, der sie verstummen ließ.
    Eines der gigantischen Tiere hob den Kopf, schaute sie an, die Nasenlöcher bebten.
    Kian gab Johannes ein Zeichen, und in einem ungeheuer langsamen Tempo schlichen sie an den Nashörnern vorbei, bis sie ein ganzes Stück entfernt waren.
    Kian wandte sich der Touristin zu. »Was wollten Sie fragen?«
    »Waren das Männchen oder Weibchen?«
    »Zwei Kühe, ein Bulle«, sagte Kian. »Der Bulle ist noch nicht geschlechtsreif und deshalb noch bei seiner Mutter. Sobald er erwachsen ist, lebt er allein. Nashörner sind meistens Einzelgänger. Die Bullen besetzen ein bestimmtes Territorium und verteidigen es. Die Kühe sieht man manchmal auch in kleinen Gruppen.«
    Die Touristin lachte. »Wir Frauen müssen uns eben unterhalten können.« Die anderen lachten mit. Die Spannung löste sich, die sie alle gefangen gehalten hatte.
    Kian warf ihr einen merkwürdigen Blick zu und hob ihn dann zu den übrigen Fahrgästen. »Als nächstes sehen wir Geparde. Wir haben Fleisch dabei und werden sie füttern.« Er blieb diesmal nicht auf dem Trittbrett stehen, sondern glitt neben Johannes ins Fahrerhaus.
    Sie fuhren schneller, so dass der Sand hinter ihnen aufwirbelte. Vanessa hustete. Die Luft war so trocken, dass es nicht viel nützte. Sie wünschte sich einen Schluck Wasser. Langsam konnte sie sich vorstellen, wie sich die Tiere fühlen mussten, wenn es kein Wasser gab.
    Etwas später hielten sie erneut an, und obwohl nicht ein einziges Tier in der Umgebung zu sehen war, packte Johannes eine Blechkiste auf die Kühlerhaube und öffnete sie. Er sprang auf die Haube, nahm ein Stück Fleisch aus der Kiste und schwenkte damit durch die Luft.
    Auf einmal kamen von allen Seiten gelbschwarze Schatten angeschossen. Johannes warf ihnen das Fleisch zu, und sobald eines der Tiere einen Brocken ergattert hatte, zog es sich damit schnell hinter einen Strauch oder in einige Entfernung zurück, um zu fressen.
    Es waren geradezu zierliche Gestalten, verglichen mit den Nashörnern, die sie eben gesehen hatten. Extrem schlank, schnell und wendig. Wie große, langbeinige Katzen. Sie sahen recht harmlos aus und begannen sogar zu schnurren.
    »Kann man die streicheln?«, fragte eine andere Touristin als die mit dem Interesse für kommunikative Nashörner.
    »Es gibt Farmen, die so etwas anbieten. Viele Geparde sind auch völlig artfremd wie Hunde im Haus aufgewachsen. Leider finden manche Leute das lustig«, sagte Kian. »Ebenso wie sich Affen als Kinderersatz zuzulegen.« Er zog die Augenbrauen zusammen. »Aber unsere Geparde hier sind wild. Sie sind zwar nicht die größten Raubtiere, aber dennoch nicht ungefährlich. Also nein, man kann sie nicht streicheln.«
    »Schade«, sagte die Frau. »Sie schnurren wie meine Muschi zu Hause.«
    »Aber sie sind nicht Ihre Muschi«, erwiderte Kian reichlich grob. Vielleicht war ihm diese Frage schon zu oft gestellt worden.
    Vanessa beobachtete die ihr so bekannte steile Falte auf seiner Stirn. Sie hatte sich immer gezeigt, wenn sie sich gestritten hatten. Er war verärgert.
    »Es gibt aber doch auch Jungtiere, die auf der Farm aufgezogen werden«, sagte sie. Das hatte Kian ihr selbst erzählt. »Weil sie keine Mutter mehr haben.«
    Kian wandte ihr sein Gesicht zu. Kein Muskel zuckte darin. »Ja, das kommt vor«, sagte er. »Leider sorgen Wilderer immer wieder für Nachschub an mutterlosen Jungtieren. Aber wir wildern sie so schnell wie möglich aus. Sie sollen sich nicht zu sehr an die Menschen gewöhnen. Die tun ihnen sowieso nichts Gutes.«
    Nachdem die Fleischportionen verteilt waren, fuhren sie weiter. Sie sahen noch mehr Tiere, Giraffen, Antilopen, kleine Erdhörnchen, die sich drohend neben dem Weg aufbauten, als wollten sie dem großen Wagen den Kampf ansagen.
    Vanessa musste lachen. Für diese kleinen Tiere zählte

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