Naminé - Liebe Deinen Feind
Vater ließ seine Faust wütend auf die Tischplatte knallen.
»Cyon! Ich verbiete es dir, so mit einem Gast zu reden!«, schrie er ihn nun an und seine blauen A ugen funkelten. Reje stand auf. »Ich ziehe mich auf mein Zimmer zurück. Ich werde das mit der Hochzeit noch einmal überdenken.« Ohne ein weiteres Wort ging er. Naminés Vater sah ihm fassungslos nach.
Die beiden Geschwister warfen sich erst vielsagende Blicke zu, bevo r sie laut zu lachen begannen. Naminés Mutter schüttelte nur den Kopf. »Ihr seid mir ja zwei! Cyon, schäm dich!«, sagte sie zu ihrem Sohn und tadelte ihn gespielt. Cyon zwinkerte Naminé zu. »Ich werde nicht zulassen, dass du meine Schwester den Falschen heiratet.«
***
»Hör auf zu träumen!«
Efals schneidige Stimme riss Naminé aus den Gedanken. Sie duckte sich gerade noch unter seinem Schwertschlag hindurch und parierte die Klinge, die ihrem Hals gefährlich nahe kam.
Naminés Arme zitterten und Schweiß rann ihren nackten Ellenbogen hinab. Überall juckte es. Die Waldelbin hatte sich wieder die Paste aufgetragen, die sie zu einer Hochelbin machte. Efal hatte darauf bestanden. Es war ein Befehl gewesen.
Naminé löste den Schwertstreich auf und trat einige Schr itte zurück. Sie atmete schwer. Es war schon kurz nach Mittag. Die beiden trainierten seit heute Morgen, ohne Pause. Während Naminé sich der Hälfte ihrer Kleidung entledigt hatte und nur noch in einer kurzen Hose, barfuß, und einem kurzärmeligen Seidenhemd kämpfte, trug Efal immer noch seine ganze schwarze Montur und sie sah keine Schweißperle auf seiner Haut. Er muss doch fast umfallen vor Hitze! , dachte sie erschöpft.
Ihr Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden, der auf ihrer linken Brust ruhte. »Sagt mir, Meister der unbarmherzigen Schwerthiebe, wann werdet Ihr mir endlich eine Pause vor Eurem erhitzten Gemüt geben?«, fragte sie ihn nun leicht spöttisch. Es macht ihr Spaß, diese gehobene Ausdrucksweise zu benutzen. Efal sah sie böse an, während er kurz mit der linken Hand über die Schwertklinge fuhr.
»Ich kann dir auch die Zunge rausschneiden, wenn du noch einmal so etwas zu mir sagst, Spitzohr. Aber Sias wäre nicht erfreut darüber«, erwiderte er mit einem bösen Grinsen. Naminé schnaubte. Sias. Er hielt sich im Hintergrund. Er stand im Schatten eines Pfirsichbaumes, der im Hinterhof des Gasthofes stand und sah den beiden zu. Er bewegte sich nicht und erwiderte auch sonst nichts.
Der Vierundzwanzigjährige sah aus wie eine Statue. Naminé schielte kurz zu ihm. Sie wusste nicht, was in ihm vorging . Efal griff erneut an. Naminé bemerkte es gerade noch und wehrte ihn ab. Dabei rutschte sie aus und fiel auf den Boden. Efal wirbelte mit seinem Schwert herum und hielt ihr die Spitze dorthin, wo ihr Herz war. Sias rührte sich.
»Ich könnte dich jetzt töten, Spitzohr! Doch ich mache es nicht. Ich weiß, dass du diesen Amon nicht töten wirst, dafür bist du viel zu schwach. Ich will sehen, wie du versagst und wie Sias dich dann für dein Versagen mit dem Tod bestrafen muss! Darauf freue ich mich schon, seit ich dich das erste Mal gesehen habe«, raunte er ihr zu.
Er drehte sich um und verstaute sein Schwert. »Wir sind fertig für heute. In drei Stunden werde ich mir diesen Amon mit dir ansehen«, sagte er noch, dann verschwand er im Gasthaus.
Naminé atmete tief aus, bevor sie sich aufrichtete. »Ich hasse ihn«, zischte sie und war den Tränen nahe. Sie wollte Amon nicht töten! Sie seufzte und löste den Zopf. Ihr langes, blondes Haar fiel wie ein Wasserfall ihren Körper hinab.
Naminé ging zu Sias und lehnte erschöpft ihren Kopf gegen seine Brust. Der Elbenjäger blieb ruhig stehen. »Wie hast du es nur all die Jahre mit ihm ausgehalten?«, fragte sie ihn nun.
»Ich weiß es selbst nicht mehr«, antwortete er ihr schließlich. Er verkrampfte sich plötzlich. »Ich habe einfach meinen Kopf ausgeschalten, als ich zu ihm kam.« Naminé sah zu ihm und sah ihn aus blauen Augen an. »Wie kamst du zu Efal? Du hast es mir immer noch nicht erzählt.«
»Efal hat mich in Nâge gefunden, auf der Straße. Es war ein schlimmer Tag«, erklärte er ihr karg. Naminé sah ihn immer noch an. »Würdest du es mir bitte genauer erzählen?«, bettelte sie nun und gab ihn einen Kuss auf sein Kinn. Sias seufzte tief und legte den Kopf in den Nacken. »Ja, ich erzähle dir davon.«
***
Ein Blitz fuhr den Himmel hinab und erhellte kurz seine Umgebung. Der Regen prasselte auf ihn
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