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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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dann wäre er bald reich und berühmt. Was soll’s, Tery liegt jedenfalls unter der Hütte. Ich weiß nicht, ob sie noch steht, aber den Platz finde ich noch - direkt am See.«
    »Nicht weit von Karen Bests Grab.«
    Dazu hatte Ape anscheinend nichts zu sagen.
    »Gibt es noch mehr Leichen, von denen Sie uns erzählen möchten?«
    »Nein, nicht daß ich wüßte. Können wir jetzt aufhören? Ich sehne mich nach einem anständigen Bett.«
    »Sie haben also die ganze Zeit über Trafficants Tantiemen eingestrichen.«
    »Na und? In den letzten fünf Jahren ist gar nichts mehr reingekommen.«
    »Und davor?«
    »Das kann ich nicht genau sagen. Hundertfünfzigtausend vielleicht. «
    »Und wieviel haben Sie Trafficant ausgezahlt?«
    »Siebentausend Dollar, und die hat er am selben Abend beim Würfeln verloren. Deshalb war er auch pleite, als Lowell ihn vor die Tür setzen wollte. Er war ein Bestsellerautor. Ihm standen noch fünfundachtzigtausend Dollar zu, und er hatte keine Ahnung davon. - Können Sie jetzt vielleicht das Taxi bestellen?«
    »Nicht so eilig, Mr. Ape.«
    »Kann ich wenigstens etwas Vernünftiges zu essen bestellen? Der Fraß hier ist ungenießbar.«
    Bleichert beachtete ihn nicht und las in seinen Notizen.
    In diesem Augenblick öffnete sich eine Tür, und ein untersetzter schwarzer Gefängniswärter kam herein.
    »Staatsanwalt Bleichert?« Er schaute auf mein Namensschild, und ich zeigte auf die Glaswand.
    »Sind sie noch beschäftigt?«
    »Ich glaube, sie sind eben fertig geworden.«
    Er schaute durch die Glasscheibe. Bleichert las noch in seinen Papieren und schaute verärgert auf, als der Beamte klopfte.
    »Tut mir leid, daß ich stören muß, aber ich habe eine wichtige Nachricht für Sie.«
    »Von wem? Ich habe zu tun.«
    »Von Detective Sturgis.«
    »Was will er denn?«
    »Er sagt, es ist vertraulich, Sir.«
    »Eine Sekunde - Landis, ich komme gleich wieder.« Er kam aus dem Verhörraum und schloß die Tür. »Also, was ist so verdammt dringend, daß Sie mich aus dem Verhör holen müssen?«
    Der Beamte schaute zu mir. Dann ging er mit Bleichert in eine entfernte Ecke und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Bleicherts Gesicht hellte sich auf. »Ist das wahr? Sind Sie sicher?«
    »Das hat er gesagt.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Eine Stunde oder so.«
    »Und er ist ganz sicher?«
    »Nach seiner Auskunft, ja.«
    »Wunderbar - vielen Dank.«
    Der Beamte ging weg, und Bleichert ging federnden Schrittes in die Verhörzelle zurück.
    »Können wir jetzt den Papierkrieg erledigen?« fragte Ape.
    »Sicher«, antwortete Bleichert lächelnd, »es gibt eine Menge zu erledigen.«
    MacHenny begann sich Sorgen zu machen. »Stan?«
    Bleichert öffnete sein Jackett und schob seine Daumen unter den Gürtel. »Es hat eine kleine Veränderung gegeben, meine Herren. Ich habe soeben erfahren, daß Mr. Lowell heute nachmittag einem schweren Schlaganfall erlegen ist. Damit ist unser Abkommen null und nichtig. Mr. Apes Geständnis wird von nun an als Beweismittel gegen ihn verwendet.«
    Ape wurde so weiß wie sein Kaschmirpulli. MacHenny stand auf und wedelte mit den Armen, als hätte ihn ein Wespenschwarm angegriffen.
    »Jetzt hören Sie mal…«
    Bleichert sammelte seine Papiere ein.
    »Das ist Verrat!«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Das können Sie nicht mit mir machen!« geiferte MacHenny.
    »Das kann ich sehr wohl.« Er wedelte mit dem Geständnis.
    »Unseren Handel können Sie vergessen, und das hier kommt zu den Akten. Vielen Dank.«

48
    Ein Begräbnis fand nicht statt.
    Die Verbrennung erfolgte im Ausbildungszentrum der Bestattungsunternehmen gegenüber der städtischen Leichenhalle. Die Urne stand auf einem Regal, bis Ken sie abholte. Er fragte Lucy, ob sie mitkommen wolle, um die Asche am Malibu-Pier in den Ozean zu streuen. Sie lehnte ab und kam statt dessen zu mir nach Hause.
    »Er hatte wohl kein besonders schönes Leben.«
    »Nein, das hatte er gewiß nicht«, stimmte ich ihr zu.
    »Ich nehme an, ich sollte Mitleid mit ihm haben, aber das einzige, was ich empfinden kann, ist Erleichterung.«
    »Das ist unter den Umständen gut zu verstehen.«
    Sie blickte aufs Meer hinaus. »Er konnte seinem Los nicht entkommen, genausowenig wie ich.«
    »Was macht Ihnen Sorgen?«
    »Daß ein Teil von ihm in mir sein könnte. Wenn ich je Kinder haben sollte -«
    »Ihre Kinder werden wunderbar sein.«
    »Wie können Sie da so sicher sein?«
    »Weil Sie ein lieber, rücksichtsvoller Mensch sind. Ihr Vater war das absolute Gegenteil.

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