Narkosemord
Blick zu.
»Was wollen Sie, Rhodes?« fragte Trent.
»Ich möchte mich mit Ihnen treffen«, antwortete Jeffrey. »Persönlich.« Ihm war klargeworden, daß er am Telefon nichts aus Harding herausbekommen würde.
»Und wenn ich Sie nicht treffen will?«
»Das ist Ihr gutes Recht«, sagte Jeffrey. »Aber wenn wir es nicht schaffen, zusammenzukommen, dann weiß ich nicht, wo überall Abzüge von diesen Fotos auftauchen werden.«
»Das ist Erpressung.«
»Sie sind ein kluges Kerlchen«, sagte Jeffrey. »Es freut mich, daß wir uns verstehen. Also, treffen wir uns nun oder nicht?«
»Klar«, sagte Trent, plötzlich den Ton ändernd. »Warum kommen Sie nicht einfach rüber? Wo ich wohne, brauche ich Ihnen ja wohl nicht zu sagen.«
Kelly wedelte aufgeregt mit den Händen und formte mit dem Mund das Wort Nein.
»Sosehr ich den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch auch zu schätzen weiß«, sagte Jeffrey, »ich glaube nicht, daß ich mich sehr wohl in Ihrem Apartment fühlen würde. Ich hätte es schon lieber, wenn ein paar Leute in der Nähe wären.«
»Schlagen Sie einen Treffpunkt vor«, sagte Harding.
Jeffrey spürte, daß er Harding jetzt im Sack hatte. Er dachte einen Augenblick nach. Wo gab es einen sicheren öffentlichen Ort, an dem sie sich treffen konnten? Er erinnerte sich, wie er am Charles River entlanggewandert war. Dort waren immer viele Leute und jede Menge freies Gelände. »Wie wär’s mit der Esplanade unten am Charles River?« schlug Jeffrey vor.
»Wie werde ich Sie erkennen?« fragte Harding.
»Keine Sorge«, sagte Jeffrey. »Ich werde Sie ganz sicher erkennen. Sogar angezogen. Aber ich mach’ Ihnen einen Vorschlag. Halten Sie auf der Bühne der Hatch Shell nach mir Ausschau. Was meinen Sie?«
»Nennen Sie eine Uhrzeit«, sagte Harding. Er konnte seine Wut kaum beherrschen.
»Wie wär’s mit halb zehn?«
»Ich gehe davon aus, daß Sie allein kommen.«
»Ich habe im Moment nicht mehr allzu viele Freunde«, sagte Jeffrey. »Und meine Mutter ist beschäftigt.«
Harding lachte nicht. »Ich hoffe doch, Sie haben Ihre Räuberpistolen noch nicht weitererzählt? Verleumdungen werde ich mir nicht bieten lassen.«
Das glaub’ ich dir gern, dachte Jeffrey. »Also, um halb zehn an der Esplanade.« Er legte auf, bevor Harding noch etwas erwidern konnte.
»Bist du verrückt?« fauchte Kelly, sobald sie aufgelegt hatten. »Du hast doch nicht im Ernst vor, dich mit diesem Wahnsinnigen zu treffen? Das war nicht ausgemacht.«
»Ich mußte improvisieren«, verteidigte sich Jeffrey. »Der Bursche ist clever. Du hast doch selbst gehört, daß am Telefon nichts aus ihm rauszukriegen war. Wenn ich ihn direkt vor mir hab, kann ich sein Gesicht sehen, seine Reaktionen einschätzen. Dann ist die Chance, daß er sich verrät, viel größer.«
»Der Kerl ist geisteskrank. Hast du schon vergessen, wie er mit dem Hammer hinter dir hergelaufen ist?«
»Das waren andere Umstände«, sagte Jeffrey. »Er hat mich in seiner Wohnung erwischt; da hatte er ein Recht, wütend zu sein.«
Kelly wandte den Blick zur Decke und verdrehte die Augen. »Willst du diesen Serienkiller jetzt auch noch verteidigen?«
»Er will seine Fotos wiederhaben«, sagte Jeffrey. »Er wird mir kein Haar krümmen, solange er sie nicht hat. Und ich werde natürlich nicht so blöd sein, sie mitzunehmen. Ich lasse sie hier.«
»Ich glaube, wir sollten lieber wieder über nettere Themen reden, wie zum Beispiel über die Idee, Henry Noble auszubuddeln. Das kommt mir geradezu wie ein Feiertagspicknick vor, verglichen mit einem persönlichen Treffen mit diesem Wahnsinnigen.«
»Der Nachweis eines Toxins in Henry Nobles Leiche würde Chris’ Fall lösen und seinen Namen reinwaschen, doch er würde Trent Harding nicht belasten. Harding ist der Schlüssel zu dieser ganzen grausigen Sache.«
»Aber es wird gefährlich sein - und erzähl mir jetzt bloß nicht wieder, es würde schon nichts schiefgehen. Den Spruch kenn’ ich.«
»Ich gebe zu, es ist nicht ganz ungefährlich. Ich wäre dumm, wenn ich das leugnen würde. Aber wenigstens treffen wir uns in der Öffentlichkeit. Ich glaube nicht, daß Harding sich trauen wird, irgendwas zu machen, wenn Leute dabei sind.«
»Du vergißt etwas ganz Entscheidendes: Du denkst rational, Harding aber nicht.«
»Er ist bei seinen Morden bisher immer sehr scharfsinnig und wohlüberlegt vorgegangen«, erinnerte Jeffrey sie.
»Aber jetzt fühlt er sich in die Enge getrieben, fühlt sich ertappt und hat
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