Narkosemord
zu essen?«
»Wow!« sagte Jeffrey. »Was für ein Übergang! Ich muß gestehen, an Essen hab’ ich jetzt gar nicht gedacht. Hast du Hunger?«
»Ich hab’ immer Hunger«, antwortete Kelly und erhob sich von der Couch.
Sie machten das Essen zusammen. Kelly übernahm zwar die eigentliche Arbeit, überließ aber Jeffrey die kleinen Dinge wie den Tisch decken und Salat waschen.
Jeffrey war erstaunt, wie ruhig er sich fühlte. Die Angst vor O’Shea war zwar immer noch da, doch sie beherrschte ihn jetzt nicht mehr so. Mit Kelly an seiner Seite hatte er nicht das Gefühl, als sei er allein. Außerdem fand er, daß sie recht hatte: O’Shea konnte nicht gewußt haben, daß er bei ihr war. Hätte er es gewußt, dann wäre er durch die Tür gekommen, ob Kelly sie ihm aufgemacht hätte oder nicht.
Als er auf die Uhr sah, stellte er fest, daß es höchste Zeit war, im Leichenschauhaus anzurufen. Er hoffte, daß Dr. Seibert noch da war. Jeffrey wollte ihn fragen, ob er irgendwelche Toxine hatte nachweisen können.
»Bis jetzt Fehlanzeige«, teilte ihm Seibert mit, als er ihn am Apparat hatte. »Ich habe Proben von Karen Hodges, Gail Shaffer und sogar von Patty Owen durch den Gaschromatographen geschickt.«
»Jedenfalls vielen Dank, daß Sie’s versucht haben. Doch nach dem, was Sie heute morgen gesagt haben, finde ich das nicht überraschend. Und nur weil Sie kein Toxin finden konnten, muß das ja noch lange nicht heißen, daß keins da ist. Richtig?«
»Richtig«, erwiderte Seibert. »Es könnte sich, wie gesagt, durchaus in einem der Scheitelwerte verstecken. Aber ich habe bei einem Pathologen aus Kalifornien angerufen, der einige Forschungen über Batrachotoxin und damit verwandte Toxine gemacht hat. Leider war er nicht da. Ich habe eine Nachricht hinterlassen und hoffe, er ruft mich zurück und sagt mir, wo das Zeug aus der Säule kommen würde. Und wer weiß, vielleicht kann er uns sogar sagen, wo wir ein markiertes Antitoxin herkriegen könnten. Ich hab’ noch ein bißchen nachgelesen, und unter Berücksichtigung all der Bedingungen, die Sie mir genannt haben, glaube ich, daß Batrachotoxin unser heißester Kandidat ist.«
»Vielen Dank für all Ihre Mühe!« sagte Jeffrey.
»He, kein Problem. Dies ist genau die Art von Fall, die ich liebe. Wegen so was bin ich schließlich in die Pathologie gegangen. Ich bin da jetzt richtig heiß drauf. Wenn Ihr Verdacht sich bestätigt, dann ist das eine echt dicke Nummer, das kann ich Ihnen sagen. Da kommen wir groß mit raus.«
Als Jeffrey aufgelegt hatte, fragte Kelly: »Und? Schon irgendwelche Fortschritte?«
Jeffrey schüttelte den Kopf. »Er kniet sich voll rein, aber bis jetzt hat er noch nichts gefunden. Es ist so frustrierend, so nah dran zu sein und doch immer noch keinen Beweis zu haben, weder für das Verbrechen selbst noch für die Schuld des Hauptverdächtigen.«
Kelly ging zu ihm und drückte ihn. »Komm, jetzt laß den Kopf nicht hängen; wir schaffen das schon irgendwie.«
»Das hoffe ich«, sagte Jeffrey. »Und vor allem hoffe ich, daß wir es schaffen, bevor O’Shea oder die Polizei mich schnappt. Ich glaube, wir bringen jetzt diesen Anruf bei Harding hinter uns.«
»Nach dem Essen. Eins nach dem andern. Wie wär’s, wenn du in der Zwischenzeit eine Flasche Wein aufmachen würdest? Ich denke, wir könnten einen Schluck vertragen.«
Jeffrey holte eine Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank und entfernte die Folie vom Flaschenhals. »Wenn sich dieser Trent Harding tatsächlich als der Täter entpuppen sollte, würde mich brennend interessieren, was für eine Kindheit er gehabt hat. Es muß irgendeine Erklärung für seine Taten geben, selbst wenn sie irrational ist.«
»Das Problem ist, daß er so normal aussieht«, sagte Kelly. »Gut, er hat irgendwie einen ziemlich intensiven Blick, aber vielleicht deuten wir das auch nur hinein. Ansonsten sieht er genauso aus wie der Bursche, der der Kapitän des Football-Teams meiner High-School-Klasse war.«
»Was mich am meisten stört, ist die Wahllosigkeit, mit der der Kerl seine Morde begeht«, sagte Jeffrey, während er den Korkenzieher hervorholte. »Jemanden zu töten ist schon schlimm genug, aber Arzneimittel zu vergiften und aufs Geratewohl damit Leute umzubringen ist so krank, daß es mir schwerfällt, es überhaupt zu begreifen.«
»Wenn er der Mörder ist, dann frage ich mich, wie er im sonstigen Leben so gut funktionieren kann«, meinte Kelly.
Nachdem er die Flasche entkorkt hatte, sagte
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