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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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mit der Stange auf die offene Hand. Sie würde ihren Zweck voll erfüllen, falls er sie brauchte. Ein kräftiger Schlag damit auf die Schienbeine würde jeden außer Gefecht setzen. Er hoffte, daß es nicht dazu kommen würde.
    Sie gingen über die Arthur-Fiedler-Fußgängerbrücke zur Esplanade hinüber. Es war ein angenehmer, lauer Frühlingsabend. Jeffrey bemerkte die bunten Segel von ein paar Segelbooten, die auf dem Weg zu ihren jeweiligen Yachtclubs waren. In der Ferne rumpelte ein Zug der MBTA über die Longfellow Bridge.
     
    O’Shea fluchte. Selbst vor den Hydranten war auf Beacon Hill um diese Tageszeit kein Parkplatz zu finden. Als er endlich eine freie Lücke in der Parkverbotszone auf der Einfahrt zum Storrow Drive gefunden hatte, waren Kelly Everson und Jeffrey Rhodes bereits auf der Fußgängerbrücke, die hinüber zur Esplanade führte. O’Shea nahm seine Handschellen aus dem Wagen und rannte hinunter zum Brückenaufgang.
    O’Shea war einigermaßen verwirrt. Was hatten die beiden hier vor? Ein Abendspaziergang auf der Esplanade war ein seltsames Verhalten für einen verurteilten Straftäter, der auf der Flucht war und der wußte, daß er von einem professionellen Kopfgeldjäger verfolgt wurde. Man hätte fast den Eindruck gewinnen können, die beiden seien ein Liebespaar, das sich einen romantischen Abend machen wollte. O’Shea hatte den starken Verdacht, daß irgend etwas im Busch war, und seine Neugier war geweckt. Er erinnerte sich, daß er Mosconi gesagt hatte, er glaube, Rhodes führe irgend etwas im Schilde. Vielleicht würde er hier und jetzt erfahren, was es war.
    O’Shea überquerte die Brücke und erreichte die Wiese. Er hatte nicht das Gefühl, daß er sich jetzt noch ein Bein ausreißen mußte, um Jeffrey zu schnappen. Das Gelände war perfekt; Rhodes konnte ihm nicht mehr entwischen. Er hatte ihn buchstäblich in der Falle zwischen dem Charles River auf der einen Seite und dem Storrow Drive auf der anderen. Darüber hinaus war gleich in der Nähe, nur einen Steinwurf entfernt, das Charles-Street-Gefängnis, so daß er nicht mal groß mit ihm durch die Stadt zu fahren brauchte, sobald er ihn einkassiert hatte. Deshalb hatte O’Shea es im Moment nicht sonderlich eilig. Er war wirklich neugierig zu erfahren, was Rhodes vorhatte.
    Aus dem Augenwinkel sah O’Shea plötzlich etwas von schräg hinten auf sich zukommen. In einer Reflexbewegung wich er nach links aus und wirbelte herum, dabei blitzschnell in die Hocke gehend. Seine Hand fuhr in seine Jeansjacke und legte sich um den Griff seiner Pistole, die im Schulterhalfter steckte.
    O’Shea fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf schoß, als eine Frisbee-Scheibe an ihm vorbeisegelte, dicht gefolgt von einem jungen Schwarzen, der sie auffing, bevor sie auf der Wiese landete.
    O’Shea erhob sich und atmete auf. Er hatte nicht gemerkt, wie angespannt er innerlich war.
    Auf der Esplanade waren zwei oder drei Dutzend Leute, die alle ihren diversen abendlichen Freizeitvergnügungen frönten. Außer den Frisbee-Spielern gab es eine Gruppe, die Softball spielte, und eine andere, die sich um einen Basketball herumbalgte. Direkt hinter der Wiese, auf dem gepflasterten Vorplatz der Hatch Memorial Shell, bewegte sich eine Gruppe von Rollschuhläufern zu Rap-Rhythmen; den asphaltierten Gehweg hatten die Jogger und die Radfahrer in Beschlag genommen.
    O’Shea ließ den Blick über die Szene schweifen. Was mochten Kelly Everson und Jeffrey Rhodes hier wollen? fragte er sich einmal mehr. Sie beteiligten sich an keiner der Aktivitäten, sondern standen bloß herum und unterhielten sich im Schatten der Bäume, die rings um die schon geschlossene Erfrischungsbude emporragten. Gleich darauf konnte O’Shea erkennen, wie Rhodes Kelly dabei half, einen Walkman an ihrem Gürtel zu befestigen.
    O’Shea stemmte die Hände in die Hüften. Was, zum Teufel, ging hier vor? Während er hinschaute, sah er, wie Rhodes erneut etwas Unerwartetes tat - nämlich, wie er sich niederbeugte und Kelly küßte. »Schau an, du bist mir ja ein ganz Schlimmer«, flüsterte O’Shea. Einen Moment lang hielten Rhodes und Kelly sich mit ausgestreckten Armen an den Händen. Schließlich ließ Rhodes sie los. Dann bückte er sich und hob einen dünnen Stab vom Boden auf.
    Den Stab in der Hand haltend, rannte Rhodes über die Wiese Richtung Bühne. O’Shea war einen Moment lang versucht, ihm zu folgen, aus Angst, er könne hinter der Hatch Shell verschwinden, aber er blieb stehen,

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