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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Entbindungen bekommen habe. Jeffrey erklärte ihr, warum er nicht gleich damit beginnen wollte. Als er hinzufügte, daß sie aber einstweilen ein Schmerzmittel bekommen könne, falls sie eines wolle, entspannte Patty sich. Bevor er sie verließ, erinnerte Jeffrey sie daran, daß alle Medikamente, die sie bekäme, auch das Baby bekommen würde. Dann bekräftigte er noch einmal, daß es keinen Grund zur Besorgnis gebe; sie sei hier in guten Händen.
    Als er Pattys Zimmer verlassen hatte und gleich wieder einen Magenkrampf erlitt, erkannte Jeffrey, daß er drastischere Maßnahmen gegen seine eigenen Symptome ergreifen müsse, wenn er Pattys Entbindung überstehen wollte. Trotz des Paregoricums ging es ihm zusehends schlechter.
    Er kehrte in den OP-Bereich zurück und betrat den Anästhesieraum neben dem Operationssaal, wo er den größten Teil des Tages zugebracht hatte. Der Raum war leer, und wahrscheinlich würde man ihn erst am nächsten Morgen wieder benutzen.
    Er warf einen Blick durch den Korridor, um sich zu vergewissern, daß die Luft rein war, dann zog er den Vorhang vor. Auch wenn er sich selbst jetzt endlich eingestanden hatte, daß er krank war, würde er es noch lange nicht vor anderen Leuten zugeben.
    Aus der Schublade an seinem Narcomed-III-Narkoseapparat holte Jeffrey eine feine Kopfhaut-IV-Nadel und ein Infusionsbesteck heraus. Dann nahm er eine Infusionsflasche vom Regal und riß den Deckel über dem Gummiventil ab. Mit einem entschlossenen Ruck schob er den Schlauch über das Ventil und hängte die Flasche an den Infusionsständer über dem Narkoseapparat. Er ließ Flüssigkeit in den Schlauch laufen, bis keine Luftblasen mehr da waren, und schloß dann den Plastikknebel.
    Jeffrey hatte sich selbst erst zweimal eine Infusion angelegt, aber er war in der Prozedur geübt genug, um es zu können. Mit den Zähnen hielt er ein Ende des Schlauches fest, schlang ihn sich mit einer Hand um den Oberarm und sah zu, wie die Venen anschwollen.
    Was Jeffrey vorhatte, war ein Trick, den er als Assistenzarzt gelernt hatte. Damals hatten er und seine Kollegen, vor allem die Assistenten in der Chirurgie, nicht krankfeiern wollen, weil sie fürchten mußten, einen möglichen Konkurrenzvorteil einzubüßen. Bei Grippe oder bei Symptomen wie denen, die Jeffrey jetzt verspürte, zogen sie sich einfach kurz zurück, um sich einen Liter Infusionslösung zu infundieren. Der Erfolg war beinahe garantiert - ein Hinweis darauf, daß die meisten Grippe-Symptome auf Flüssigkeitsverlust zurückzuführen waren. Mit einem Liter Infusionslösung in den Adern war es schwer, sich nicht besser zu fühlen. Es war eine Ewigkeit her, daß Jeffrey das letztemal auf eine solche Infusion zurückgegriffen hatte. Er hoffte nur, die Wirkung werde noch immer so stark sein wie damals. Mit seinen zweiundvierzig Jahren fiel es ihm schwer zu glauben, daß er zu jener Zeit an die zwanzig Jahre jünger gewesen sein sollte.
    Gerade wollte er die Nadel in die Vene schieben, als der Vorhang am Eingang aufgezogen wurde. Jeffrey blickte hoch und sah in das überraschte Gesicht Regina Vinsons, einer der Abendschwestern.
    »Oh!« rief Regina. »Entschuldigung.«
    »Kein Problem«, begann Jeffrey, aber Regina war ebenso schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war. Wenn sie ihn hier schon unabsichtlich ertappt hatte, wollte Jeffrey sie auch gleich bitten, ihm zu helfen, die Infusion an die in der Armvene liegende Kanüle anzuschließen. Er griff nach dem Vorhang und riß ihn zurück, um sie noch zu erwischen, aber Regina war schon weit unten im Gewimmel des Korridors. Jeffrey ließ den Vorhang wieder fallen. Na gut, er würde auch ohne sie zurechtkommen.
    Als er die Infusion angelegt hatte, öffnete er den Knebelverschluß, und die Flüssigkeit strömte in seinen Arm. Beinahe sofort setzte das kühle Gefühl ein. Als die Flasche fast leer war, fühlte sich Jeffreys ganzer Unterarm kühl an. Schließlich zog er die Kanüle heraus, drückte einen Alkoholtupfer auf die Einstichstelle und winkelte den Unterarm an, um den Tupfer festzuhalten. Er warf das Infusionsbesteck in den Mülleimer und stand auf. Dann wartete er einen Augenblick ab, um festzustellen, wie es ihm ginge. Die Benommenheit und die Kopfschmerzen waren restlos verflogen. Die Übelkeit ebenfalls. Erfreut über diesen schnellen Erfolg, zog er den Vorhang auf und kehrte zum Umkleideraum zurück.
    Die Abendschicht hatte inzwischen den Dienst angetreten, und die Tagschicht war dabei, sich zu

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