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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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allen vieren wieder. Dann rappelte er sich auf und rannte hinkend davon.
    Schoenfeld beugte sich zur Seite, blickte Wolfher an und brummelte unter seinen Bandagen etwas Unverständliches.
    »Hä?« Sterz beugte sich vom Sattel herab. »Was? Was hat der gesagt? Was war das?«
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Samson gleichmütig, »aber mir schien, es war etwas von einem beschissenen Judas.«
    »Das schien mir auch so«, bekräftigte Kuno Wittram. »Beim Fass des heiligen Willibrord! Wir mögen keinen Judas hier in Schönau.«
    Wolfher wurde erst rot, dann blass und ballte die Faust um seinen Peitschenstiel. Wittich trieb sein Pferd an, und Morold zog sein Schwert.
    »Ich rate davon ab«, sagte der in der Tür der Schenke stehende Notker von Weyrach, neben dem auf der einen Seite de Tresckow, auf der anderen Woldan von Nossen standen und Rymbaba und Bożywoj de Lossow dahinter. »Ich rate davon ab, hier etwas anzufangen, meine Herren Sterz. Denn ich schwöre bei Gott, was Ihr anfangt, das vollenden wir.«
     
    »Die haben mir den Bruder ermordet«, keuchte Reynevan, das Auge immer noch auf die Öffnung in der Käshüttenwand gepresst. »Sie, die Sterz’, haben den Mord angezettelt. Gott gib, dass es zum Streit kommt . . . Und die Raubritter hacken sie in Stücke . . . Peterlin wird gerächt.«
    »Darauf würde ich nicht zählen.«
    Er wandte sich um. Die Augen des Goliarden funkelten im Dunkel. »Was meint er damit?«, fragte sich Reynevan. »Worauf soll ich nicht zählen, auf einen Streit oder auf die Rache? Vielleicht weder auf das eine noch auf das andere?«
     
    »Ich will keine Händel«, sagte Wolfher Sterz in verhaltenerem Ton. »Ich suche keinen Streit. Ich frage ganz einfach höflich. Der Mensch, den ich suche, hat mir den Bruder getötet und die Schwägerin geschändet. Ich habe ein Recht darauf, Gerechtigkeit zu fordern . . .«
    »Ach, meine Herren Sterz!« Markwart von Stolberg nickte, als das Gelächter verklungen war. »Schlimm, dass Ihr Euch mit Eurem Übel nach Schönau aufgemacht habt. Ich rate Euch, geht woandershin und sucht dort Eure Gerechtigkeit. Vor Gericht, zum Beispiel.«
    Weyrach prustete, de Lossow wieherte vor Lachen. Sterz erbleichte, weil er wusste, dass sie ihn auslachten, Morold und Wittich knirschten so mit den Zähnen, dass beinahe die Funken sprühten. Wolfher öffnete und schloss ein paarmal den Mund, aber bevor er noch irgendetwas sagen konnte, preschte Jens von Knobelsdorf, genannt Uhu, in den Hof.
     
    »Diese Lumpen«, Reynevan knirschte ebenfalls mit den Zähnen, »dass es für sie keine Strafe gibt . . . Dass Gott sie nicht mit seiner Geißel züchtigt, dass er keinen Engel schickt . . .«
    »Wer weiß?«, seufzte der nach Käse duftende Goliarde in der Dunkelheit. »Wer weiß?«
     
    Der Uhu ritt zu Wolfher, sagte rasch etwas zu ihm, aufgeregt und ganz rot im Gesicht, und deutete Richtung Mühle und Brücke. Er musste nicht lange mit ihm reden. Die Brüder Sterz gaben ihren Rössern die Sporen und jagten im Galopp über den Hof, zur gegenüberliegenden Seite, zwischen den Hütten hindurch zur Furt durch den Fluss. Hinter ihnen drein, ohne sich umzusehen, der Uhu, Haxt und der niesende Rotkirch.
    »Ein Kreuz auf ihren Weg!« Paszko Rymbaba spuckte hinter ihnen aus.
    »Die Mäuse haben die Katze gespürt!«, sagte Woldan von Nossen trocken.
    »Den Tiger!«, verbesserte Markwart von Stolberg. Er hatte näher als die anderen bei den Sterz’ gestanden und hatte mit angehört, was der Uhu Wolfher gesagt hatte.
     
    »Ich würde noch nicht hinuntersteigen«, warnte der Goliarde ihn im Dunkeln.
    Reynevan, der schon fast an der Knotenleine hing, hielt inne.
    »Mir droht schon nichts mehr«, versicherte er ihm. »Aber du gib Acht. Für das, was du vorgelesen hast, verbrennen sie die Leute auf dem Scheiterhaufen.«
    »Es gibt Dinge«, der Goliarde rückte näher heran, so dass das durch eine Ritze dringende Mondlicht auf sein Gesicht fiel, »es gibt Dinge, die es wert sind, dass man dafür sein Leben riskiert. Das wisst Ihr selbst sehr gut, Herr Reynevan.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Das wisst Ihr genau.«
    »Ich kenne dich«, seufzte Reynevan. »Ich habe dich schon gesehen.«
    »Sicher habt Ihr mich gesehen. Bei Eurem Bruder in Powojowitz. Aber seid vorsichtig, besser, man spricht nicht darüber. Geschwätzigkeit ist heutzutage eine Untugend, die Verderben bringt. Mehr als einer hat sich schon durch seine flinke Zunge um Kopf und Kragen geredet, wie . . .«
    »Wie Urban

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