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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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verstehen, dass er damit die Deutschordensritter in Schach hält, und dass dies notwendig ist, ist, um ehrlich zu sein, keine Frage. Aber die Auswirkungen einer solchen Politik können für das gesamte christliche Europa verhängnisvoll sein, wie Ihr wisst.«
    »Leider!«, bestätigte Ludwig von Brieg. »Und die Auswirkungen haben wir ja bereits vor Augen: Zygmunt Korybut und mit ihm ganze Scharen von Polen in Prag. In Mähren Dobko Puchała, Piotr von Lichwino und Fedor von Ostrogski. Wyszek Raczyński an der Seite von Roháč z Dubé. Dort sind die Polen, dort sieht man polnische Wappen, dort erschallen polnische Schlachtrufe. So unterstützt Jagiełło den wahren Glauben! Und seine Erlasse, Verlautbarungen und Verordnungen? Reine Augenwischerei!«
    »Währenddessen gelangen Bleikugeln, Pferde, Waffen, Lebensmittel und Waren aller Art ununterbrochen von Polen nach Böhmen«, setzte Albrecht von Kolditz mit finsterer Miene hinzu. »Was soll das, Bischof? Einerseits schickt ihr den Peterspfennig, dessen ihr euch so rühmt, nach Rom, andererseits liefert ihr Pulver und Kugeln für die hussitischen Kanonen? Gewiss, das sieht eurem König ähnlich, der, wie es so schön heißt, Gott eine Kerze und dem Teufel einen Lichtstumpf stiftet.«
    »Manches schmerzt auch mich«, bekannte Oleśnicki nach einer Weile. »Ich setze mich dafür ein, dass es besser wird, so wahr mir Gott helfe. Aber es ist schade um jedes Wort, wenn ich ein und dieselben Gegenargumente ständig wiederholen muss. Daher kurz und bündig: Ein Beweis für die Absichten des Königreiches Polen ist meine Anwesenheit hier.«
    »Die wir zu schätzen wissen.« Bischof Konrad schlug mit der Hand auf den Tisch. »Aber wer verkörpert denn heute Euer Königreich Polen? Ihr, edler Herr Zbigniew? Oder Witold? Oder die Szafrański? Die Ostrogskis vielleicht? Oder gar Jastrzębski oder Biskupski? Wer herrscht denn in Polen? Doch nicht König Władisław Jagiełło, der Tattergreis, der nicht einmal der eigenen Ehefrau Herr wird. Vielleicht herrscht ja Sonka Holszańska in Polen? Und ihre Liebhaber: Ciołek, Hińcza, Kurowski, Zaremba? Oder wer diese Russin sonst noch vögelt?«
    »Vero, vero.«
Legat Orsini nickte traurig. »Es ist eine Schande, dass dieser König ein
cornuto
ist.«
    »Da wollen wir nun eine wichtige Versammlung abhalten«, der Bischof von Krakau runzelte die Stirn, »und geben uns wie Weiber Gerüchten hin. Oder wie Studenten im Bordell.«
    »Ihr wollt doch wohl nicht leugnen, dass Sonka Jagiełło Hörner aufsetzt und ihm Schande bereitet?«
    »Ich streite dies ab, das sind
vani rumores.
Gerüchte, die die Marienburg verbreitet und schürt.«
    Der Deutschordensritter erhob sich, rot vor Wut und zu einer scharfen Entgegnung bereit, aber Kaspar Schlick hielt ihn mit einer raschen Armbewegung zurück.
    »Pax!«,
warf er ein. »Lassen wir dieses Thema, es gibt wichtigere. Wenn ich dies richtig verstanden habe, ist die Teilnahme Polens am Kreuzzug vorläufig nicht sicher. Ich bedaure das, aber ich respektiere es. Aber, bei den Muscheln des heiligen Jakobus, achtet darauf, Bischof Zbigniew, dass der Vertrag von Käsemark und Jagiełłos Edikte von Trembowla und Wieluń eingehalten werden. Edikte, in denen steht, dass die Grenzen geschlossen und diejenigen, die mit den Hussiten Handel treiben, bestraft werden sollen, aber nach wie vor gelangen Waren und Waffen, wie der Herr Starost von Schweidnitz ganz richtig bemerkt hat, von Polen nach Böhmen . . .«
    »Ich habe versprochen«, unterbrach ihn Oleśnicki ungeduldig, »dass ich alle Anstrengungen zu einer Verbesserung der Situation unternehmen werde. Und das ist kein leeres Versprechen. Wer sich mit den böhmischen Häretikern einlässt, wird in Polen bestraft, es gibt königliche Edikte,
jura sunt clara.
Den Herrn Hetman von Schweidnitz und Seine Exzellenz den Bischof von Breslau möchte ich aber an ein Wort der Schrift erinnern: Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders und bemerkst den Balken im eigenen Auge nicht? Halb Schlesien handelt mit den Hussiten, und niemand unternimmt etwas dagegen!«
    »Ihr seid im Irrtum, werter Bruder Zbigniew.« Bischof Konrad beugte sich über den Tisch. »Ich versichere Euch, dass Maßnahmen getroffen worden sind. Harte Maßnahmen. Auch ohneEdikte, ohne Erlasse, ohne Pergamente als Grundlage, aber manche
defensores haereticorum
verspüren am eigenen Leibe, was es heißt, sich mit den Ketzern zu verbrüdern. Und andere überkommt die nackte Angst, das kann ich

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