Narrenturm - Roman
Krawař’ rötete sich vor Zorn, »wenn uns seinerzeit . . . Als Puchała gegen uns zog . . . Wenn der Luxemburger uns unterstützt hätte, hätten wir kein Abkommen schließen müssen.«
»Das Wenn und Aber führt zu nichts.« Schlick zuckte mit den Achseln. »Nicht zu bestreiten ist, dass aufgrund eurer Absprachen den Hussiten jetzt freie Handelswege durch Troppau und Mähren zur Verfügung stehen. Der bereits erwähnte Dobko Puchała und Piotr Polak halten Mährisch Schönberg und Mährisch Neustadt, Odrau und Dolany frei, blockieren Olmütz, gehen auf Beutezüge und terrorisieren die ganze Umgebung. Die dort, nicht ihr, haben Frieden. Ihr habt ein schlechtes Geschäft gemacht, Herr Johann.«
»Überfälle sind nicht ausschließlich Hussiten vorbehalten«, warf der Bischof von Breslau mit boshaftem Lächeln ein. »Ich habe den Häretikern im Jahre einundzwanzig bei Braunau und Trautenau eingeheizt. Mannshoch türmten sich die böhmischen Leichen, und vom Rauch der Scheiterhaufen verdunkelte sich der Himmel. Und diejenigen, die wir nicht erschlagen oder verbrannt haben, haben wir kenntlich gemacht. Auf unsere, auf schlesische Art. Wenn man heute einen Böhmen ohne Nase, Hände oder Füße sieht, kann man getrost annehmen, dass diesbei unserem großartigen Überfall passiert ist. Na, wie ist es, meine Herren, sollten wir die Veranstaltung nicht wiederholen? Das Jahr 1425 ist ein Jubeljahr . . . Vielleicht sollten wir es mit der Ausrottung der Hussiten begehen? Ich gebrauche nicht gern leere Worte, ich bin auch nicht gewohnt, mit Natterngezücht zu verhandeln oder gar Frieden zu schließen! Was meint Ihr dazu, Herr Albrecht? Herr Puta? Gebe mir ein jeder von Euch zweihundert Lanzenträger und Fußvolk mit Feuerwaffen, und ich werde die Ketzer strafen. Der Himmel wird von Trautenau bis Hradec Králové im Feuerschein glänzen. Das versprech’ ich Euch . . .«
»Versprecht lieber nichts«, unterbrach ihn Kaspar Schlick. »Und hebt Euch Euren Eifer für den richtigen Moment auf. Für den Kreuzzug. An Überfällen ist uns nicht gelegen. Auch nicht daran, Hände und Füße abzuschneiden, König Sigismund braucht keine Untertanen ohne Hände und Füße. Auch Seine Heiligkeit wünscht nicht, dass die Böhmen abgeschlachtet, sondern dass sie in den Schoß der heiligen Mutter Kirche zurückgeführt werden. Es geht nicht darum, das Volk hinzumorden, sondern das Heer vom Tábor und Oreb im Kampf zu schlagen. So zu schlagen, dass sie Verhandlungen zustimmen. Lasst uns jetzt daher zum Kern der Sache kommen. Welche Kräfte stellt Schlesien, wenn zum Kreuzzug aufgerufen wird?«
»Genaue Angaben, wenn ich bitten darf!«
»Ihr seid pedantischer als ein Jude.« Der Bischof lächelte schief. »Ziemt sich dies einem Verwandten gegenüber? Ihr seid ja fast schon mein Schwager. Aber wenn es denn Euer Wunsch ist, bitte sehr: Ich stelle siebzig Lanzenträger, dazu eine entsprechende Anzahl an Fußvolk und Kanonenschützen. Konrad Kantner, mein Bruder und Euer zukünftiger Schwiegervater, schickt sechzig Berittene. Ebenso viel stellt, das weiß ich, der hier anwesende Ludwig von Brieg. Ruprecht von Lüben und sein Bruder Ludwig bringen vierzig auf. Bernhard von Falkenberg . . .«
Reynevan wusste nicht, wann er eingenickt war. Ein Rippenstoß weckte ihn. Ringsumher war alles dunkel.
»Lass uns von hier verschwinden«, brummte Samson Honig.
»Haben wir geschlafen?«
»Ziemlich lange.«
»Ist das Treffen schon zu Ende?«
»Vorläufig wenigstens. Leise, hinter der Scheune steht ein Posten.«
»Wo ist Scharley?«
»Der hat sich schon zu den Pferden geschlichen. Jetzt bin ich dran. Und dann du. Zähl bis hundert, und dann geh los. Schnapp dir einen Bund Stroh, geh langsam, mit gesenktem Kopf, wie ein Pferdeknecht. Hinter der Ecke der letzten Hütte nach rechts und dann in den Wald. Hast du verstanden?«
»Na sicher.«
Alles wäre glatt gegangen, hätte Reynevan nicht, als er an der letzten Hütte vorbeiging, seinen Namen gehört.
Im Hof liefen ein paar Soldaten umher, Feuer und Pechfackeln brannten, aber das Dunkel des überstehenden Daches bot einen so guten Schutz, dass Reynevan furchtlos auf die Bank stieg, sich auf die Zehenspitzen stellte und durch die Fensterbespannung ins Innere der Hütte blickte. Die Bespannung war stark verschmutzt und das Innere der Hütte nur spärlich beleuchtet. Dennoch war zu erkennen, dass drei Personen in ein Gespräch vertieft waren. Einer von ihnen war Konrad, der Bischof von Breslau.
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