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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Bank wahrgenommen. Aber das Geheul übte eine geradezu niederschmetternde psychologische Wirkung aus. Weyrach kroch auf allen vieren herum, Rymbaba fluchte, schrie und warf sich flach auf den Boden, neben ihm sank Tassilo de Tresckow ohnmächtig nieder, er war das einzige Opfer des Abfluges, denn die im Sturzflug auf den Hof niedergehende Bank hatte ihn erwischt und ihm einen Schlag auf den Hinterkopf versetzt. Kuno Wittram bekreuzigte sich und schlüpfte unter einen mit Heu beladenen Wagen. Buko von Krossig krümmte sich, als ihm der Saum von Nicolettas
cottehardie
um die Ohren schlug. Die Bank hingegen strebte jetzt steil nach oben, unter erneutem, noch lauterem Geheul ihrer Reiter. Notker Weyrach starrte den Davonfliegenden mit offenem Mund nach, er hatte Glück, dass er aus dem Augenwinkel Scharley sah und so im letzten Moment dem Stoß mit der Hellebarde entging. Er ergriff ihren Schaft, sie begannen miteinander zu ringen.
    Samson warf seine Axt weg, packte eines der Pferde am Zügel und wollte gerade nach dem zweiten greifen. Buko sprang herbei und stieß mit dem Dolch zu. Samson wich aus, aber nicht schnell genug. Die Schneide trennte ihm den Ärmel auf.Und die Schulter. Buko gelang es jedoch nicht, ein zweites Mal zuzustoßen. Er erhielt eins vor die Fresse und kollerte bis ans Tor.
    Samson Honig betastete seine Schulter und betrachtete seinen blutenden Arm.
    »Jetzt«, sagte er langsam und vernehmlich, »jetzt bin ich aber wirklich böse.«
    Er ging zu Scharley und Weyrach, die immer noch um die Hellebarde rangen. Und schlug mit der Faust mit solcher Macht auf Weyrach ein, dass der alte Raubritter einen imponierenden Purzelbaum schlug. Paszko Rymbaba holte mit der Hellebarde zum Schlag aus. Samson wandte sich um und sah ihn an. Hastig zog sich Paszko zwei Schritte zurück.
    Scharley fing die Pferde ein, Samson hingegen nahm von einem Gestell am Tor einen runden, eisernen Schild.
    »Auf sie!«, schrie Buko und hob das Schwert auf, das Wittram fallen gelassen hatte. »Weyrach! Kuno! Paszko! Auf sie! O Christus . . .«
    Er sah, was Samson tat. Samson hielt den Schild wie einen Diskus, und wie ein Diskuswerfer begann er sich immer schneller zu drehen. Der Schild glitt aus seiner Hand wie eine Balliste, verfehlte Weyrach nur um Haaresbreite, schlug in einen Kragstein der Mauer, welcher zerbarst. Weyrach musste schlucken. Samson nahm den zweiten Schild vom Gestell herab.
    »Christus . . .«, Buko schnaufte, als er sah, dass sich der Riese von Neuem zu drehen begann. »Duck dich!«
    »Bei den Titten der heiligen Agathe!«, brüllte Kuno Wittram. »Rette sich, wer kann!«
    Die Raubritter wandten sich zur Flucht, jeder nach einer anderen Seite, es war nicht vorherzusehen, auf wen Samson zielen würde. Rymbaba floh in den Stall, Weyrauch tauchte hinter dem Brennholzstapel ab, Kuno Wittram kroch wieder unter den Wagen, Tassilo de Tresckow, der gerade das Bewusstsein wiedererlangt hatte, legte sich erneut flach auf den Boden.Buko von Krossig entriss im Laufen einer Kampfpuppe den langen altmodischen Schild und bedeckte damit auf der Flucht seinen Rücken.
    Samson beendete seine Drehung auf einem Bein, in der klassischen Pose, der Statue eines Myron oder eines Phidias würdig. Der Schild hielt sirrend auf sein Ziel zu, mit mächtigem Getöse krachte er auf den Schild auf Krossigs Rücken. Der Aufprall schleuderte den Raubritter wenigstens fünf Klafter weit und hätte ihn sicher noch weiter hinwegbefördert, wäre da nicht die Mauer gewesen. Einen Moment lang schien es, als würde Buko an die Mauer gespießt, aber nein, einige Sekunden später glitt er an ihr entlang zu Boden.
    Samson Honig sah sich um. Es war keiner mehr da, auf den er etwas hätte werfen können.
    »Her zu mir!«, rief Scharley vom Tor her, schon im Sattel. »Her zu mir, Samson! Aufs Pferd!«
    Das Pferd, obgleich gedrungen, sank ein wenig unter seiner Last zusammen. Samson Honig beruhigte es.
    Sie jagten im Galopp davon.

Fünfundzwanzigstes Kapitel
    in dem, wie bei Béroul und Chrétien de Troyes, wie bei Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue, wie bei Gottfried von Straßburg, Guillaume de Cabestaing und Bertran de Born von der Liebe und vom Tod die Rede ist. Die Liebe ist schön. Der Tod ist es nicht.
    E s konnte tatsächlich stimmen, was einer von Reynevans Prager Lehrern über Zauberflüge herausgefunden und zu beweisen versucht hatte, nämlich, dass sie der mentalen Kontrolle der Hexe oder des Zauberers unterliegen, die Flugsalbe verwendet

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