Narrenturm - Roman
nur gut mit dir«, schnaufte Paszko Rymbaba, breitbeinig über ihm stehend, »da meine ich es nur gut mit dir, und du versetzt mir einen Hieb in die Seite? In meine schmerzenden Seite? Du Schlange, du!«
»He du! Großer!«
Paszko blickte sich um. Und lächelte breit und fröhlich, als er Katharina Biberstein sah, das Fräulein, das ihm gefiel, mit dem er sich schon verlobt glaubte und in seinen Träumen schon im Ehebett wähnte. Aber er hatte wohl etwas viel geträumt, wie sich zeigen sollte.
Die Traumverlobte fuhr ihm schnell mit der Faust ins Auge. Paszko griff sich ins Gesicht. Das Mädchen raffte der größeren Bewegungsfreiheit wegen ihre
cottehardie
und trat ihm heftig in den Schritt. Der Möchtegernverlobte krümmte sich zusammen, sog pfeifend die Luft ein, dann heulte er wie ein Wolf und fiel auf die Knie, seine männlichen Kleinodien mit beiden Händen haltend. Nicoletta hob das Kleid noch höher, wobei sie ihre hübschen Schenkel zeigte, und trat ihm im Sprung gegen den Kopf, drehte sich um und trat ihm dann gegen die Brust. Paszko Rymbaba fiel auf die Stufen der Wendeltreppe und stürzte kopfüber hinunter.
Reynevan hatte sich auf die Knie erhoben. Sie stand neben ihm, ruhig, nicht einmal außer Atem, kaum dass sich ihre Brust hob und senkte, nur ihre Augen, glitzernd wie die eines Panthers,verrieten ihre Aufregung. Sie hat nur so getan, dachte er, sie hat die Verängstigte und Verzagte nur gespielt. Sie hat uns alle getäuscht, auch mich.
»Was nun, Aucassin?«
»Nach oben. Rasch, Nicoletta.«
Sie rannte hinauf, über die Stufen hüpfend wie eine Gemse, er konnte ihr kaum folgen. Man wird, dachte er schnaufend, die Ansichten über die Schwäche dieses Geschlechts auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen.
Paszko Rymbaba kollerte die Treppe bis ans Ende hinunter, dann wurde er mit Schwung in die Mitte der Halle katapultiert, fast bis unter den Tisch. Dort lag er ein Weilchen und schnappte nach Luft wie ein Karpfen auf dem Trockenen, ächzte und stöhnte, wiegte den Kopf und hielt sich die Genitalien. Dann setzte er sich auf.
In der Halle war niemand, wenn man den toten Woldan mit dem Speer in der Brust nicht mitzählte. Und den vor Schmerz gekrümmten Hubertl, der seinen vermutlich gebrochenen Arm gegen den Bauch presste. Der Knecht fing Rymbabas Blick auf und wies mit dem Kopf in Richtung Tür, die auf den Hof hinausführte. Vergebens, Paszko hatte bereits den Lärm, die Schreie und das gleichmäßige Gepolter vernommen.
Eine erschrockene Magd und ein Knecht streckten den Kopf in die Halle, fast wie in dem Lied:
servus cum ancilla.
Sie rannten davon, als er sie nur ansah. Paszko stand auf, fluchte schauerlich und riss eine große Hellebarde mit schwarz angelaufener Klinge von der Wand, deren Schaft übersät war mit Holzwurmlöchern. Eine Zeit lang kämpfte er mit sich. Obwohl er vor Wut kochte, danach gierte, Rache an dieser gemeinen Biberstein zu nehmen, sagte ihm doch die Vernunft, dass er der
comitiva
helfen müsse.
Die Biberstein, dachte er, entkommt meiner Rache nicht, aus dem Turm führt kein Weg nach draußen. Einstweilen, dachte er und spürte, wie ihm die Eier schwollen, strafe ich sie nur mitstolzer Verachtung. Zuerst würden die anderen dafür bezahlen müssen.
»Wartet nur, ihr Hurensöhne!«, brüllte er, während er der Tür zum Hof und dem Kampfeslärm entgegenhinkte. »Ich werd’s euch zeigen!«
Die Tür des Turmes erzitterte unter heftigen Schlägen. Scharley fluchte.
»Beeil dich!«, schrie er. »Samson!«
Samson Honig führte zwei gesattelte Pferde aus dem Stall. Den Knecht, der vom Stallboden heruntersprang, brüllte er drohend an. Dieser bekam es mit der Angst und gab Fersengeld.
»Die Tür hält nicht mehr lange!« Scharley lief die Steinstufen hinab und übernahm von Samson die Zügel. »Das Tor! Schnell!«
Auch Samson sah, wie in der Tür, mit der es ihnen gelungen war, Buko und seine Kameraden an der Verfolgung zu hindern, das nächste Brett brach und splitterte. Eisen klirrte gegen die Mauer und auf Metall, es war klar, dass die wütenden Raubritter versuchten, die Angeln herauszuschlagen. In der Tat war keine Zeit zu verlieren. Samson sah sich um. Das Tor war mit einem Balken verriegelt und zusätzlich durch ein massives Schloss gesichert. Mit drei Sprüngen war der Riese bei einem Stapel Brennholz, riss die große Schreineraxt aus dem Hackklotz und war mit drei Sprüngen schon wieder am Tor. Er ächzte, hob die Axt und ließ ihren Rücken mit
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