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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Gerechtigkeit. Für Breslau. Für das Jahr achtzehn. Die anderen Anführer des Aufstandes haben dem Henker auf dem Breslauer Marktplatz ihre Köpfe auf den Block gelegt, du legst deinen hierher, hier auf Bodak. Du Bankert.«
    »Du hast mich ein zweites Mal einen Bankert genannt.«
    »Ich tue es auch ein drittes Mal. Bankert! Womit willst du mir drohen?«
    Bevor Scharley antworten konnte, öffnete sich mit einem Schlag die Tür und Hubertl kam herein. Genauer gesagt, Samson Honig kam herein, der die Tür, mit Hubertl unterm Arm, aufgestoßen hatte.
    Während im Raum völlige Stille herrschte, in der nur die Rufe des Uhus zu vernehmen waren, der um den Turm flog, packte Samson den Knecht am Kragen und an der Hose, hob ihn hoch und warf ihn Buko vor die Füße. Auf dem Boden gelandet, jammerte Hubertl kläglich.
    »Dieser Mensch«, sagte Samson in die Stille hinein, »hat versucht, mich im Stall mit einem Zügel zu erwürgen. Er behauptet, das sei auf Euren Befehl geschehen, Herr von Krossig. Wollt Ihr mir das wohl erklären?«
    Buko wollte nicht.
    »Erschlagt ihn!«, brüllte er. »Erschlagt diesen Hurensohn! Schlagt zu!«
    Mit einer schlangenartigen Bewegung befreite sich Scharley aus Wittrams Griff und stieß den Ellenbogen gegen de Tresckows Hals. Tassilo röchelte und ließ Reynevan los, Reynevan hingegen traf mit der Präzision des Arztes mit seiner Faust genau Rymbabas schmerzende Seite, die wunde Stelle. Paszko heulte auf und krümmte sich. Scharley sprang auf Buko zu und trat ihm heftig gegen das Schienbein. Buko sank auf die Knie. Was dann geschah, bekam Reynevan nicht mehr recht mit, denn Tassilo de Tresckow packte ihn grob am Hals und warf ihn auf den Tisch. Er konnte es sich aber vorstellen, als er einen dumpfen Schlag vernahm, das Knirschen einer brechenden Nase und einen wütenden Schrei.
    »Nenne mich nie, nie wieder einen Bankert, Krossig«, hörte er die Stimme des Demeriten deutlich sagen.
    Tresckow war mit Scharley aneinander geraten, Reynevan wollte ihm zu Hilfe kommen, aber er schaffte es nicht, dennRymbaba, der sich immer noch vor Schmerzen krümmte, erwischte ihn von hinten und zog ihn nach unten. Weyrach und Kuno Wittram hatten sich auf Samson geworfen, der Riese ergriff eine Bank, schlug sie Weyrach gegen die Brust, schlug dann damit nach Kuno, stieß beide nieder und drosch mit der Bank auf sie ein. Als er sah, wie sich Reynevan in der bärenhaften Umklammerung Rymbabas wand, wie er strampelte, sprang er hinzu und haute Rymbaba mit der flachen Hand aufs Ohr. Paszko taumelte seitwärts gewendet durch die ganze Halle und knallte mit der Stirn gegen den Kamin. Reynevan riss einen Zinnkrug vom Tisch und schlug damit auf Notker Weyrach, der gerade aufstehen wollte, ein, dass es nur so krachte.
    »Das Mädchen, Reynevan!«, schrie Scharley. »Lauf!«
    Buko von Krossig sprang vom Boden auf und brüllte, das Blut rann ihm in Strömen aus der zertrümmerten Nase. Er riss einen Wurfspieß von der Wand, schwang ihn und zielte auf Scharley, der Demerit wich geschickt aus, der Speer glitt an seiner Schulter vorbei. Und traf Woldan von Nossen, der gerade aufgewacht war und sich, noch ganz benommen, von seinem Platz erhoben hatte. Woldan fiel nach hinten, mit dem Rücken gegen den flämischen Gobelin, glitt daran herab, bis er auf dem Boden zu sitzen kam, und sein Kopf sank auf den Speerschaft herab, der aus seiner Brust ragte.
    Buko brüllte jetzt noch lauter und stürzte sich auf Scharley, die Finger gespreizt wie ein Sperber. Scharley hielt ihn mit ausgestrecktem Arm auf und versetzte ihm eins auf die gebrochene Nase. Buko heulte auf und fiel auf die Knie.
    De Tresckow sprang Scharley an, Kuno Wittram Tresckow, Samson Wittram, Weyrach warf sich auf alle, ihm folgte der blutüberströmte Buko, obendrauf sprang Hubertl. Alle wälzten sich am Boden und bildeten, ineinander verschlungen, so etwas wie eine Laokoongruppe. Aber das sah Reynevan schon nicht mehr. Er lief die steilen Stiegen zum Turm hinauf, was seine Beine hergaben.
     
    Er fand sie gleich hinter der niedrigen Tür, an einer Stelle, die durch eine Fackel im eisernen Ring erhellt wurde. Sie sah keineswegs überrascht aus. Es schien, als hätte sie auf ihn gewartet.
    »Nicoletta . . .«
    »Aucassin . . .«
    »Ich bin gekommen . . .«
    Er konnte nicht mehr sagen, womit er gekommen war . . . Ein kraftvoller Schlag warf ihn zu Boden. Er richtete sich mühsam auf den Ellenbogen auf. Erhielt noch einen Schlag und ging wieder zu Boden.
    »Da meine ich es

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