Narrenturm - Roman
Waffenknechten unschwer erkennen ließ. Als der Tross des Herzogs Kantner unter großem Aufsehen und Getöse in den Hof einzog, war der Wirt schon benachrichtigt. Er schoss wie eine Kanonenkugel durch die Eingangstür, fegte das Federvieh beiseite und verspritzte Dreck. Von einem Bein aufs andere tretend, verbeugte er sich ständig.
»Willkommen, willkommen, ein Gast im Haus, Gott im Haus, keuchte er, welche Ehre, welche Ehre, dass Hochdero erlauchte Gnaden . . .«
»Viel Volk heute hier.« Kantner stieg von dem Braunen ab, den seine Knappen hielten. »Wen habt ihr hier zu Gast? Wer leert hier die Töpfe? Wird es für uns denn noch reichen?«
»Sogleich wird es reichen, sogleich, versicherte schwer schnaufend der Wirt. Und gleich gibt es auch . . . Das Lumpenpack, die Vaganten und die Bauern habe ich hinausgejagt . . . kaum dass ich Euer Liebden in den Hof kommen sah . . . Die Schankkammer ist frei, das Nebenzimmer auch, aber . . .«
»Aber was?« Rüdiger Haugwitz hob die Brauen.
»In der Schankstube sind Gäste. Wichtige, geistliche Personen . . . Abgesandte. Ich habe nicht gewagt . . .«
»Das ist gut, dass du es nicht gewagt hast«, unterbrach ihn Kantner. »Mir und ganz Oels hättest du eine Despektierlichkeit erwiesen. Gäste sind Gäste! Und ich bin ein Piast, kein sarazenischer Sultan, es ist für mich kein Makel, gemeinsam mit Gästen zu speisen. Geht voran, Ihr Herren.«
In dem ziemlich verrauchten und kohlduftgeschwängerten Schankraum war es tatsächlich leer. In der Tat war nur ein Tisch besetzt, an dem drei Männer saßen. Alle mit Tonsur. Zwei von ihnen trugen das charakteristische Reisegewand der Geistlichen, aber so reich geschmückt, dass es keine einfachen Pröpste sein konnten. Der Dritte war in den Habit der Dominikaner gekleidet.
Bei Kantners Eintritt erhoben sich die Geistlichen von der Bank. Der mit dem prunkvollsten Gewand verbeugte sich mit übertriebener Höflichkeit.
»Euer Gnaden«, sagte er und bewies damit, wie gut er informiert war. »Das ist in der Tat eine große Ehre für uns. Ich bin, mit Eurer Erlaubnis, Maciej Korzbok, der Offizial der Diözese Posen, unterwegs in einer Mission nach Breslau zum Bruder Eurer herzoglichen Gnaden, Bischof Konrad, entsandt von Seiner Erlaucht, dem Bischof Andreas Łaskarz. Dies sind meine Reisegefährten, ebenso wie ich von Gnesen nach Breslau unterwegs. Herr Melchior Barfuß, Vikar Seiner Gnaden des Bischofs von Lebus, Christoph Rotenhahn. Und der hochwürdige Jan Nejedlý von Vysoké,
prior Ordinis Praedicatorum
, unterwegs in einer Mission des Krakauer Ordensprovinzials.«
Der Brandenburger und der Dominikaner neigten die Tonsuren, Konrad Kantner erwiderte den Gruß mit einem leichten Kopfnicken.
»Euer Hochwürden, es ist mir lieb, in so ehrenwerter Gesellschaft zu speisen. Und sich zu unterhalten. Gesprächsstoff werden wir, wenn es die hochwürdigen Herren nicht langweilt, sowohl hier als auch auf der Reise genug finden, denn auch ich reise nach Breslau, mit meiner Tochter . . ., erlaube, Agnes . . . verbeuge dich vor den Dienern Christi.«
Die Prinzessin knickste und senkte den Kopf, um ihnen die Hände zu küssen, aber Maciej Korzbok hielt sie zurück und machte schnell ein Kreuzzeichen über ihrem hellen Haarschopf. Der böhmische Dominikaner faltete die Hände und murmelte ein kurzes Gebet, dem er etwas wie
clarissima puella
anfügte.
»Dies hier ist Herr Seneschall Rüdiger Haugwitz«, sagte Kantner, das Gespräch wieder aufnehmend, »dies sind meine Ritter und mein Gast . . .«
Reynevan spürte, wie ihn jemand am Ärmel zog. Er sah die Gesten und hörte das Gezischel von Krompusch und ging mit ihm in den Hof hinaus, wo die durch die Ankunft des Herzogs verursachten Turbulenzen noch immer andauerten. Im Hof wartete Ebersbach.
»Ich habe mich umgehört«, sagte er. »Sie waren gestern hier. Wolfher Sterz und sechs andere. Ich habe auch die Großpolen gefragt. Die Sterz’ haben sie angehalten, es aber nicht gewagt, den Geistlichen zur Last zu fallen. Aber wie man sieht, suchen sie dich auf den Straßen nach Breslau. An deiner Stelle würde ich fliehen.«
»Kantner wird mich verteidigen«, stammelte Reynevan.
Ebersbach zuckte mit den Schultern.
»Wie du willst. Es ist deine Haut. Wolfher hat recht laut und in allen Einzelheiten geschildert, was er mit dir machen wird, wenn er dich kriegt. Wenn ich du wäre . . .«
»Ich liebe Adele und verlasse sie nicht!«, brach es aus Reynevan hervor. »Das vor allem! Und zweitens . . .
Weitere Kostenlose Bücher