Narrenwinter
sich am kommenden Mittwoch in Salzburg aufhalten. Wir hoffen, dass es Ihnen trotz der knappen Zeit möglich sein wird, den vorgeschlagenen Termin wahrzunehmen. 16.00 Uhr, Flughafen, Restaurant Hangar 7. Bitte geben Sie uns Bescheid. Mit freundlichen Grüßen und so weiter …“
„Wer hat geschrieben?“
„Dr. Almut Weiß.“
„Unsere Personalchefin, diese Ratte.“
„Schwerwiegende Gründe …, was weißt du darüber, Bruno?“
„Wenig. Aber etwas steht für mich fest: Du hast natürlich keine Zeit morgen.“
„Und warum nicht?“
„Weil sich ein Daniel Käfer nicht einfach vorladen lässt. Du wirst nichts von dir hören lassen als mächtig dröhnendes Schweigen. Ich werde indessen meine Fäden ziehen, und dann bringen wir zwei gemeinsam diesen hässlichen Luftballon zum Platzen.“
„Also, ich weiß nicht!“
„Keine Widerrede. Ich werde dieser Natter von Personalchefin Bescheid geben, dass du ihren Brief als freche Zumutung empfindest. Bis später, Daniel.“
„Nein, Bruno. Jetzt will ich ganz konkret wissen, woran ich bin. Ich werde kommen.“
„Du machst mich ärgerlich, Bub.“
„Dann entschuldige, das ändert aber nichts. Wirst du vielleicht auch da sein, morgen?“
„Darauf kannst du dich verlassen.“
Vor dem Postamt wartete Sabine. „Was ist los, Daniel, ich habe kurz mit Maria gesprochen.“
„Da, dieser Brief.“
Sie griff nach dem Papier, las und schaute ihrem Freund ratlos ins Gesicht. „Scheiße. Und ich versteh’s nicht. Hast du gerade mit diesem Puntigam telefoniert?“
„Ja. Er hält arrogantes Schweigen für das Mittel der Wahl. Hat möglicherweise was für sich. Aber ich werde morgen in Salzburg sein.“
„Erstaunlich.“
„Was?“
„Ich hätte gewettet, dass du die Idee, den Kopf in den Sand zu stecken, freudig aufgreifst. Du überraschst mich immer wieder, Daniel. Positiv, mein ich.“
„Fein. Wenn ich nur wüsste, was denen nicht passt an mir oder an meinem Konzept.“
„Ich wollte, ich könnte dir helfen. Geht’s dir sehr schlecht?“
„Darüber muss ich erst nachdenken.“
„Allein, wie ich dich kenne.“
„Ja.“
Käfer überquerte die Straße, winkte Sabine zu, betrat den Kurpark, und als er sicher war, dass sie ihn nicht mehr sehen konnte, setzte er sich auf den hart gefrorenen Schnee und legte sein Gesicht in beide Hände. Probleme, ja, damit war zu rechnen gewesen. Aber einfach Schluss, Ende, aus? Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie gewiss er seiner Sache gewesen war, und wie sehr er sich auf seine neue Aufgabe gefreut hatte. Käfer zerpflückte den Brief im Gedanken Wort für Wort. Es war keine Feindseligkeit darin, eher ernsthafte Enttäuschung. Doch warum wurden ihm die Gründe dafür nicht gleich genannt? Immerhin war die Bereitschaft zum persönlichen Gespräch wohl mehr als eine höfliche Geste. Allerdings sollte diese Unterredung offenbar nicht dem Meinungsaustausch dienen, sondern eine Urteilsverkündung sein. Käfer versuchte Fehler bei sich zu finden. Gut möglich, dass er mit seinem Konzept nicht überzeugen konnte. Doch darauf hätte Kappus & Schaukal anders reagiert als mit diesem Brief. Vielleicht war es verkehrt gewesen, die Taktik Puntigams zu seiner eigenen zu machen … Doch was hätte er anderes tun sollen, als in Übereinstimmung mit seinem einzigen Ansprechpartner zu handeln? Oder hatte ihm der Kontakt mit Mertens so sehr geschadet? Und was war in diesem Zusammenhang von dessen Reise nach Frankfurt zu halten? Hatte dieser Unglücksrabe womöglich irgendeine Bombe hochgehen lassen?
„Ist was oder sind S’ nur rauschig?“ Eine ältere Frau war neben ihm stehen geblieben.
„Nein nein …, habe nachgedacht.“ Rasch stand er auf und ging weiter.
Die Frau schaute ihm kopfschüttelnd nach. „Nachgedacht, mit dem kalten Hintern. Leut gibt’s!“
Ziellos ging Käfer das Traunufer entlang und fand sich auf der neuen Stahlbetonbrücke wieder. Er, der es sich geschworen hatte, die Existenz dieses monströsen Bauwerks mit konsequenter Missachtung zu quittieren! Aber so war das wohl mit seinem Leben. Erst glaubte er selbst den Weg und das Ziel zu bestimmen, doch unvermutet fand er sich dort wieder, wo er ganz bestimmt nicht hin gelangen wollte. Käfer war wütend. Mit raschen Schritten setzte er seinen Weg fort.
Kurz dachte er darüber nach, ob er sich diese demütigende Unterredung in Salzburg wirklich antun sollte. Es war doch recht einfach, sich zu verweigern – nicht im Sinne Puntigams natürlich, aber er konnte
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