Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
Vom Netzwerk:
Leinengewändern, geschmückt mit ausgeschnittenen Stofffiguren und Tausenden, ja Abertausenden glitzernden Silberblättchen. Flirrendes Sonnenlicht ließ die bunten Masken lebendig werden, Bänder umflatterten die hohen Spitzhüte. Musikanten mit Geigen und Ziehharmonika führten den fröhlichen Zug an, der immer wieder Halt machte. Nachdem die Kinder ihre Faschingssprüche aufgesagt hatten, flogen Nüsse in die Menge. Und vor den hässlichen Gestalten der Bless musste sich kein Bub oder Mädchen fürchten. Finstere Dämonen duckten sich an diesem Tag nur noch scheu unter dem leisen Diktat heiterer, aristokratisch wirkender Lichtgestalten.
    Käfer stand einfach da und ließ sich verzaubern. Dann spürte er eine leise Berührung, Anna stand dicht neben ihm. „Bist auch wieder ein Kind, Daniel?“
    „Ja, beinah. Und was ist denn mit dir los? Du schaust ja aus, wie du ausschaust, ganz ohne Maske!“
    „Die Sieglinde und ich, wir hätten schon was vorgehabt für heute: Salige Fräulein, so was wie Elfen. Hat ja dieser … na …“
    „Herzmanovsky-Orlando?“
    „Richtig. Der hat in Ebensee dauernd so was gesucht, im Wald und sonst wo.“
    „Und warum habt ihr es bleiben lassen?“
    „Warum? Wegen dir. Damit du nicht noch mehr durcheinander kommst wegen Ebensee und Ischl. Weißt was, Daniel? Bleib in Aussee und nimm’s leicht. Fasching ist Fasching und nachher bist sowieso gscheiter.“ Anna holte einen Geldschein aus ihrer Winterjacke. „Hier hast du deine hundert Euro zurück. Sonst willst womöglich noch was von mir dafür. Na ja, aber Zinsen bekommst du …“ Käfer sah sich unvermutet an einem innigen Kuss beteiligt. „He, Anna! Was soll das werden mit uns?“ Er zuckte zusammen, weil sie ihn ganz und gar undamenhaft ins Hinterteil gezwickt hatte, wollte noch etwas sagen, sah sie aber nur noch leichten Fußes enteilen.
    Käfer blieb bei den Flinserln, bis ihr Auftritt beendet war und sie sich liebenswürdig musizierend zurückzogen. Er beobachte auch Sabine, die so intensiv und leidenschaftlich fotografierte, dass er sich einer gewissen Eifersucht nicht erwehren konnte. Aber er war auch stolz auf seine Freundin und musste sich eingestehen, dass von Tag zu Tag sein Wunsch stärker wurde, sie öfter in der Nähe zu haben. Vielleicht konnte er sie dazu überreden, mit ihm nach Hamburg zu gehen. Und es wäre doch gelacht, gelänge es ihm in seiner neuen Position nicht, sie mit unwiderstehlichen Aufträgen ans Haus und an ihn zu binden. Bindung – dieses Wort war relativ neu in Daniel Käfers Vokabular. Gut, Sabine hatte bestimmt Recht mit ihrem Einwand, dass es berufsbedingte Zeiten der Trennung immer wieder geben würde. Käfer hatte sich aber ein hübsches Bild zurechtgelegt, er dachte an zwei Schiffe, die verschiedene Routen befuhren, aber dann doch immer wieder den gemeinsamen Hafen ansteuerten. Endlich vor Anker gehen, Seite an Seite, sich zärtlich aneinander reiben in der sanften Dünung heimatlicher Gewässer …
    „Mich hast du noch nie so angschaut, Daniel, wie ein Heiligenbild und ein Sexheftl gleichzeitig!“
    „Was? Ach so, du bist es, Maria.“ Käfer schob sentimentale Vorhaben energisch zur Seite. „Wie war’s denn noch, heute Nacht?“
    „Gaudig.“
    „Im Detail?“
    „Das tät dir so passen. Auf jeden Fall ist mit dem Hubert und mir wieder alles normal. Ich schimpf und er redt nix.“
    „Na also. Bist wegen der Flinserln da?“
    „Nein, wegen dir, Daniel. Ich weiß ja nicht, ob es wichtig ist, aber weil er eingeschrieben war, dieser Brief …“
    „Welcher Brief?“
    „Na, von deiner neuen Firma in Hamburg.“
    „Gib schon her, Maria!“
    „Du wirst es erwarten können … Da steckt er irgendwo in der Einkaufstasche …, na also!“
    Daniel Käfer nahm das Kuvert, öffnete es, las – und ließ das Papier sinken.
    „Schlechte Nachrichten?“
    „Ja.“

20
    „Daniel, alter Uhu, du klingst bedrückt!“
    Käfer war ins nahe Postamt geeilt, und sein Versuch, Bruno Puntigam telefonisch zu erreichen, war sofort erfolgreich gewesen.
    „Weißt du von diesem Brief an mich, Bruno?“
    „Nur andeutungsweise. Hast du ihn bei dir?“
    „Ja.“
    „Dann lies vor.“
    „Sehr geehrter Herr Käfer, wir sehen uns gezwungen, die von uns fest geplante und auch aufrichtig gewünschte Zusammenarbeit mit Ihnen neu zu überdenken. Die leider schwerwiegenden Gründe wollen wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch darlegen. Ein entscheidungsbefugter Mitarbeiter, Herr Konrad Klett, wird

Weitere Kostenlose Bücher