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Narziss und Goldmund

Titel: Narziss und Goldmund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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gedämpfter Stimme. Und Lene summte schon beim zweiten Lied leise mit und fiel bald mit voller Stimme ein. Es ging gegen Abend, fern hinter der Heide standen schwarze Wälder und hinter ihnen blaue niedere Berge, die wie von innen her immer blauer wurden. Bald fröhlich, bald feierlich klang im Takt der Schritte ihr Gesang.
    »Du bist heut so vergnügt«, sagte Robert.
    »Ja, ich bin vergnügt, natürlich bin ich heute vergnügt, ich habe ja eine so hübsche Liebste gefunden. Ach Lene, es ist schon gut, daß dich die Totenknechte für mich übriggelassen haben. Morgen we rden wir ein kleines Heimat chen finden, da wollen wir es gut haben und froh sein, daß wir Fleisch und Knochen noch hübsch beisammen haben.
    Lene, hast du schon einmal im Herbst in einem Walde den dicken Pilz gesehen, den die Schnecken so gern mögen und den man essen kann?«
    »O ja«, lachte sie, »viele Male hab ich ihn gesehen.«
    »Gerade so braun wie er ist dein Haar, Lene. Es riecht auch so gut. Wollen wir noch eins singen? Oder hast du etwa Hunger? In meinem Ranzen ist noch etwas Gutes.«
    Am andern Tag fanden sie, was sie gesucht hatten. In einem kleinen Birkengehölz stand eine Hütte aus rohen Stämmen, vielleicht von Holzfällern oder von Jägern einmal gebaut. Sie stand leer, die Tür ließ sich aufbrechen, und auch Robert fand, daß es eine gute Hütte und eine gesunde Gegend sei. Unterwegs waren sie Ziegen begegnet, die ohne Hirt sich herumtrieben, und hatten eine schöne Geiß mit sich genommen.
    »Nun, Robert«, sagte Goldmund, »wenn du auch kein Zimmermann bist, so warst du doch einmal ein Schreiner.
    Wir wollen hier wohnen, du mußt eine Zwischenwand in unser Schloß bauen, daß wir zwei Stuben haben, eine für Lene und mich, eine für dich und die Geiß. Zu essen haben wir nicht mehr viel, wir müssen heut mit der Geißmilch zufrieden sein, ob es viel oder wenig sei. Du mußt also die Wand bauen, und wir beide rüsten das Nachtlager für uns alle. Morgen geh ich dann nach Futter aus.«
    Alle gingen sogleich an die Arbeit. Goldmund und Lene gingen nach Streu, nach Farnkraut, nach Moos für Schlaflager, und Robert zog sein Messer auf einem Feldkiesel ab, um Stämmchen für die Wand zu schneiden. Doch konnte er damit nicht an einem Tage fertig werden und ging am Abend im Freien schlafen. Goldmund fand an Lene eine süße Gespielin, scheu und unerfahren, aber voll Liebe.
    Sanft nahm er sie an seine Brust und wachte lange und hörte ihr Herz schlagen, als sie längst ermüdet und gesättigt eingeschlafen war. Er roch an ihrem braunen Haar und schmiegte sich an sie und dachte zugleich an jene große flache Grube, in welche die vermummten Teufel all die Wagen voll Leichen geworfen hatten. Schon war das Leben, schön und flüchtig war das Glück, schön und rasch verwelkt die Jugend.
    Sehr hübsch wurde die Zwischenwand der Hütte, schl ieß lich arbeiteten sie alle drei daran. Robert wollte zeigen, was er könne, und sprach eifrig darüber, was er alles bauen wollte, wenn er nur eine Hobelbank und Werkzeug und Winkeleisen und Nagel hätte. Da er nichts hatte als sein Messer und seine Hände, begnügte er sich damit, ein Dutzend Birkenstämmchen zu schneiden und aus ihnen einen festen derben Zaun in den Hüttenboden zu bauen. Die Zwischenräume aber, so verfügte er, mußten mit Flechtwerk aus Ginster zuge baut werden. Das brauchte Zeit, aber es wurde fröhlich und schön, alle halfen mit. Zwischenein mußte Lene auf die Beerensuche gehen und nach der Ziege sehen, und Goldmund suchte in kleinen Streifzügen die Gegend ab, fahndete nach Nahrung, erkundete die Nachbarschaft und brachte dies und jenes mit. Weit und breit waren keine Menschen in der Nähe, damit war namentlich Robert sehr einverstanden, man war sicher vor Anste ckung sowohl wie vor Feindselig keiten, aber es hatte den Nachteil, daß sich sehr wenig zu essen fand. Es gab eine verlassene Bauernhütte in der Nähe, diesmal ohne Tote darin, so daß Goldmund vorschlug, sie zum Quartier zu wählen statt ihrer Blockhütte, aber Robert weigerte sich schaudernd und sah es ungern, daß Goldmund das leere Haus betrat, und jedes Stück, das jener von dort herüberbrachte, mußte erst geräuchert und gewaschen werden, eh Robert es anfaßte. Viel war es nicht, was Goldmund drüben fand, doch aber zwei Stabellen, einen Milcheimer, einige Stück irdenes Geschirr, ein Be il, und eines Tages fing er zwei verflogene Hühner im Felde. Lene war verliebt und glücklich, und allen dreien machte

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