Narzissen und Chilipralinen - Roman
Chaosqueen.«
»Hauptsache, ich finde immer alles.«
»Und, tust du das?«
»Tja ...« Ehrlich gesagt, nicht alles und nicht immer. Aber ab und zu fische ich etwas aus meinen Stapeln, was ich seit Monaten gesucht habe. Das ist doch schon etwas.
Ich drehe mich zu ihm um und schlinge die Arme um ihn. »Dich hab ich gefunden.«
Erst als ich es gesagt habe, fällt mir wieder diese Sieben-Wochen-ohne-Sache ein. Ich will ihn loslassen, aber da hält er mich fest.
»Ich bin so glücklich«, flüstert er. »Jetzt kann ich endlich weiterleben. Mir ist, als hätte ich die Luft angehalten, die ganze Zeit, während sie im Koma lag, und endlich kann ich wieder atmen.«
Alles ist in diesem Augenblick vergessen. Dass er Abstand wollte. Dass ich sauer bin und nicht mit ihm rede. Wir halten uns fest, und es fühlt sich so gut an, seine Arme um mich. Erst jetzt bin ich wieder vollständig. Als hätte ich endlos lange ohne ihn auskommen müssen, und dabei war es nur ... eine Woche? Ein Tag? Es spielt keine Rolle.
Doch als wir uns ausgiebig geküsst haben, erinnert er sich offensichtlich an sein Vorhaben, denn statt zu sagen: Wow, du küsst aber gut, oder: Wahnsinn, das war wieder himmlisch, entfährt ihm ein ziemlich uncooles »Mist, das hab ich ja ganz vergessen!«.
Ich seufze. »Fängst du schon wieder damit an?«
Daniel lässt sich auf der Bettkante nieder und streicht abwesend die Decke glatt. »Können wir nicht ganz normal drüber reden, ohne dass du gleich wieder ausflippst?«
»Okay. Ich bin ganz Ohr.«
»Von wegen«, sagt er. »Du bist schon beleidigt, bevor ich überhaupt angefangen habe.«
Ich versuche, etwas weniger beleidigt auszusehen, bezweifle aber, dass mir das gelingt. »Sollte das vielleicht eine Art Fasten sein?«, erkundige ich mich. »Um Gott dazu zu bringen, Sarah zu heilen?«
Daniel starrt mich ungläubig an. »Was? An so was habe ich nun wirklich nicht gedacht.« Er runzelt die Stirn. »Nein, ich denke nicht, dass wir Gott durch solche Aktionen dazu kriegen, unsere Bitten zu erhören.«
»Was soll es dann?«
Er druckst etwas herum. »Ich hatte das Gefühl, die Sache zwischen uns wird irgendwie ... zu heiß.«
Heiß, ja. Aber das »zu« in dem Satz stört mich irgendwie. »Ach, meinst du?«, frage ich und lächele ihn unschuldig an.
Daniel wird rot und stottert verlegen herum.
Offenbar habe ich diese Wirkung auf ihn. Interessant.
»Wenn wir in dem Tempo weitermachen, wie soll das dann enden?«, fragt er schließlich.
»Das ist unfair«, sage ich.
»Nein, aber überleg doch. Wie weit willst du gehen?«
»Muss man das denn vorher alles planen?«, frage ich.
»Wenn man sich vorher keine Grenzen setzt, wie will man dann wissen, wo man aufhören soll?«, fragt er zurück.
Muss Liebe denn so kompliziert sein? Muss man aus allem und jedem ein Problem machen? Ich seufze laut, während ich das Zeug in meiner Reichweite hin und her schiebe.
Daniel weiß auch nicht, wie er weiter darüber sprechen soll, denn ich bin ihm, zugegeben, da keine große Hilfe. Stattdessen fängt er an, mir beim Aufräumen zu helfen. Wenn das die Zukunft für uns beide ist, na toll. Statt uns küssend in den Armen zu liegen, werden wir aufräumen und putzen. Wie ein altes Ehepaar. Ich seh schon vor mir, wie ich mit dem Feudel in den Ecken fuhrwerke, während Daniel mit dem Staubsauger unterm Bett liegt.
Ich hab ja nicht gesagt, dass ich mit ihm schlafen will. Ich finde es bloß übertrieben, gleich auf alles zu verzichten. Es gibt doch noch jede Menge Zwischenstufen, von denen man nicht schwanger werden kann, oder?
Aber darüber kann ich nicht mit ihm reden. Er ist mein Freund und ich müsste über alles mit ihm sprechen können, trotzdem kriege ich kein Wort raus. Es geht einfach nicht. Diese Dinge sind dazu da, dass man sie tut, nicht, dass man bei Tageslicht darüber spricht. Ich bring’s jedenfalls einfach nicht fertig. Bin ich verklemmt? Au weia. Ich bin sogar megaoberverklemmt.
Mein Teppich leert sich allmählich.
Mit sechzehn will ich noch nicht heiraten. Mit siebzehn auch nicht. Vierundzwanzig scheint mir ein ganz gutes Alter dafür, wie ich auf diese Zahl komme, weiß ich auch nicht. Doch angenommen, ich werde also in ungefähr sieben, acht Jahren heiraten ... was ist bis dahin? Wie soll ich leben? Früher war es vielleicht leichter, als Männer und Frauen keine Gelegenheit hatten, allein zusammen zu sein, und immer eine Anstandsdame dabei war. Aber jetzt?
Erwartet irgendjemand, dass man acht Jahre
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