Narzissen und Chilipralinen - Roman
Sack, und so verrückt das jetzt auch klingt, aber ich hatte den Eindruck, das war Absicht.
Dann macht es in meinem Kopf
Pling
. Soll das heißen, er will Bastians Rolle?
»Du bist doch beim Musikteam«, meint Michael, der immer noch keine Erklärung erhalten hat, was eigentlich los war.
»Ich krieg auch beides hin, kein Problem«, sagt Finn lässig. »Den Song, den wir spielen, kann ich schon.«
Hilfe! Ich kann mir Finn beim besten Willen nicht als reuigen Soldaten vorstellen. Aber nach meiner Meinung fragt keiner. Jemand, der gerade zusammengeschlagen worden ist, darf sich wünschen, was er will.
Tine zieht ihre Hand nicht zurück, die er in seinem Krallengriff hält, und macht ein verwirrtes Gesicht.
Manchmal erwacht man und stellt fest, dass man jemanden, den man sein ganzes Leben lang kannte und nie beachtet hat, richtig gut leiden kann. Hier ist genau das Gegenteil der Fall. So wie er Basti aus dem Rennen geschlagen hat, das war nicht die feine Art. Das nehme ich ihm übel.
Nein, ich kann diesen Finn absolut nicht ausstehen.
»Miriam?«, flüstert es aus Silas’ Zimmer. Um diese Zeit sollte er doch schon längst im Bett sein?
»Was ist?« Ich schiebe seine Tür auf. Da sitzt er, die Decke wie ein Nest um ihn herum drapiert. Ein kleines Vogelküken.
»Ich kann nicht schlafen. Betest du mit mir?«
Das Ritual, das er zum Einschlafen braucht. Ob mir nach Beten zumute ist oder nicht, spielt keine Rolle.
Ich setze mich an seine Bettkante. »Okay«, sage ich. »Aber dann schläfst du sofort ein, kapiert?«
Er nickt.
Also bete ich, so wie meine Mutter früher immer an meinem Bett gebetet hat. »Herr, ich danke dir für diesen schönen Tag. Lass uns jetzt alle gut schlafen. Und sei morgen auch bei uns. Und vor allem bei Silas in der Schule«, füge ich noch hinzu, denn mir fällt ein, dass ihn vielleicht morgen irgendetwas Schreckliches erwartet, ein Diktat oder so, das ihn jetzt nicht schlafen lässt. »Amen.«
»Dasselbe. Amen.«
Silas’ Gebete sind immer sehr kurz und effizient.
Ich versuche, ihm ein Küsschen auf die Wange zu verpassen, was er mit einem Kichern abwehrt.
Danach schlafe ich trotz des Streits richtig gut.
Meine Sonne
,
endlich sind wir zusammen. Meine Allerliebste! Ich wusste doch, dass es so kommen würde. Manchmal muss man durch Prüfungen und Schwierigkeiten gehen, aber wenn man bereit ist, Gottes Willen zu tun, fügt sich am Ende alles so zusammen, wie es soll
.
Es gibt nichts Schöneres, als bei dir zu sein. Deine Hand zu halten. Zu wissen, dass alles seine Richtigkeit hat
.
Du solltest diesem Kerl keine einzige Träne nachweinen. Du hast ja gesehen, wozu er fähig ist. Wer sich nicht für Gott entschieden hat, lebt im Reich der Finsternis. In einem Reich, wo Unordnung und Gewalt herrschen. Wir haben eine Schlange von der dunklen Seite zu uns herübergelassen. Ich glaube, es war nie seine Absicht, sich für Jesus zu entscheiden, er ist nur zur Kirche gegangen, um sich an dich heranzumachen. Gut, dass er jetzt endlich enttarnt ist, bevor etwas Schlimmes passieren konnte. Ich werde ihn in meine Gebete einschließen, und Gott in seiner Gnade gibt ihm vielleicht noch eine Chance. Aber dich sollte das nicht länger belasten. Wir wollen uns lieber auf das konzentrieren, was wir als Christen zu tun haben: Gott zu dienen, so gut wir es in unserer Schwachheit vermögen. Eigentlich bin ich ganz gegen diesen Talentabend, weil sich da doch nur die Menschen in den Vordergrund stellen, obwohl Jesus unser Mittelpunkt sein sollte. Anderen vorführen, was man kann – das ist für mich nicht die rechte Art, einen Gottesdienst zu feiern. Auch was diese andere Sache angeht, sollten wir nochmal drüber reden. Aber von nun an werden wir uns ja häufiger sehen. Ich freu mich schon!
Dein Salomo
9.
Daniel sitzt unten in der Küche. Etwas ist passiert. Er strahlt übers ganze Gesicht. Auch meine Mutter lächelt und lächelt und hört gar nicht mehr auf damit.
»Sie ist aufgewacht«, sagt er. »Sarah ist wach!«
Ich bin so überwältigt, dass ich mit offenem Mund dastehe. An Sarah habe ich kaum noch gedacht.
»Warst du schon bei ihr?«
»Ja, heute Vormittag«, antwortet er. »Aber nur kurz. Sie hat sogar mit uns gesprochen, aber wir wollten sie nicht zu sehr anstrengen. Meine Mutter fährt heute Nachmittag noch einmal hin.«
Ich höre mir an, wie er erzählt. Gut gelaunt verzehre ich mein Frühstück. Endlich ist die Welt wieder in Ordnung.
Danach besichtigt er mein Zimmer. »Meine kleine
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