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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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betrachte ich die Rosen. Die anderen Geschenke, die Bücher und CDs, das Fläschchen Duschgel, das ich von Tabita bekommen habe. Es tut gut, dass es Leute gibt, die mich mögen. Mir fällt ein, dass ich immer noch Geburtstag habe. Es ist gerade mal halb zwölf.
    Wow, und noch jemandem ist offenbar eingefallen, dass heute ein besonderer Tag ist, denn mein Handy meldet sich, und wer ist dran?
    »Happy birthday to you«, singt Tom.
    Ich kuschele mich in mein Kissen, während ich zuhöre. Seine Stimme klingt leicht rauchig, das zieht mir glatt die Schuhe aus. »Nett, dass du dran gedacht hast.«
    »Komm, wir gehen tanzen«, schlägt er vor.
    »Witzig«, sage ich. »Ich hab sozusagen Hausarrest, immer noch.«
    »Na und? Zieh dich rasch an, ich warte solange.«
    Ich bin noch gar nicht ausgezogen. Schließlich hab ich nur so ein bisschen vor mich hin geträumt. »Geht nicht«, sage ich. »Ich schlafe schon. Sozusagen.«
    »Und warum ist dann bei dir Licht an?«
    Ich falle fast aus dem Bett. Im Nu bin ich am Fenster. Da steht sein Auto an der Straße vor unserem Haus.
    Ich habe nur ein paar Sekunden Zeit, um mich auf Ausgehen umzustylen.
    Den Fön kann ich nicht benutzen, denn das könnte Tabita auf den Plan rufen. Sie hat die Sinne einer Katze; sobald sie Ärger wittert, ist sie auf einen Schlag hellwach.
    Also bin ich so leise wie möglich, schminke mich bloß und versuche, meine Haare etwas netter herzurichten.
    Dann schlüpfe ich aus dem Haus. Mit einem Seufzer lasse ich mich auf den Beifahrersitz plumpsen.
    »Hast du dich übers Dach abgeseilt?«, erkundigt Tom sich.
    »So ähnlich. Ich bin auf Socken die Treppe runter und durch den Keller. Statt den Schlüssel für die Haustür hab ich den von unserer Kellertür mit.«
    »Und unter deiner Bettdecke ist ein Kissen eingerollt?«
    So ist Tom. Er macht mir keine Vorwürfe, er zieht nicht die Brauen hoch und macht ein strenges Lehrergesicht, nein, er findet das lustig.
    »So ähnlich«, gebe ich zu. »Ein alter Schlafsack und ein Teddy.«
    »Und ich hab schon befürchtet, du hättest dein Versprechen vergessen«, meint er. »Mir mir tanzen zu gehen.«
    »Unsere Kletteraktion war ja wohl besser als jedes Tanzen«, halte ich dagegen. »Das war quasi ein Tanz auf dem Dachfirst.«
    »Nach dem wir sogar im Bett gelandet sind.« Er grinst. »Oder jedenfalls fast.«
    »Daniel findet das nicht komisch«, sage ich.
    »Tja, aber ich fand, es hatte was.«
    Da kann ich ihm nicht widersprechen.
    Wir fahren weiter aus der Stadt raus, als ich erwartet habe. In eine Bar mit Live-Musik. An einen Ort, an dem Tom von ein paar Leuten begrüßt wird, die schon in den Zwanzigern sind. Ich kenne hier absolut niemanden.
    »Hier spielen ein paar aus meiner alten Band«, verrät er mir. »Und tanzen kann man auch. Also, wenn du willst?«
    »Noch nicht.« Ich will mich erst umsehen. Die Atmosphäre genießen. Und reden.
    Es gibt so viele Dinge, die ich endlich aussprechen muss.
    »Also, wie war das jetzt mit eurem Besuch bei Finn? Die Briefe sind gar nicht von ihm?«
    Ich habe zwar geschworen, nicht über Sonja und Michael zu sprechen, tu es aber trotzdem. Weil die ganze Geschichte einfach zu seltsam ist.
    Tom hört mir aufmerksam zu.
    »Die Briefe sind aber auf jeden Fall von Finn«, meint er. »Wir haben doch gehört, wie er den letzten geschrieben hat. Wir waren dabei!«
    »Wir haben bloß gehört, dass er etwas geschrieben hat«, berichtige ich ihn. »Vielleicht hat er was für Sonja verfasst, seine Meinung dazu. Und hatte diesen einen Brief dafür nur noch durchgelesen und liegenlassen.«
    Tom ist nicht überzeugt. »Kennst du seine Handschrift? Wir müssten die Briefe mit irgendwas anderem vergleichen.«
    »Noch mal steig ich da nicht ein. Wir haben Glück, dass er uns nicht angezeigt hat.«
    »Vielleicht, weil er was zu verbergen hat.«
    Tom spricht meine Gedanken aus.
    »Finn ist unschuldig«, sage ich lahm, alles andere als überzeugt. »Ich muss dir noch was sagen.« Das wird jetzt schwer für ihn. »Dein Vater ... der Fahrer, der abgehauen ist ... das war Michael.«
    Ich habe meine Hand auf seine gelegt. Tom blickt mich überrascht an. »Michael? Du meinst, euer Michael von der Kirche? Wie kommst du denn darauf?«
    »Finn hat gesagt ...«, beginne ich, aber Tom unterbricht mich. »Das habe ich dir noch gar nicht erzählt. Die Polizei hat ihn letzte Woche gefasst. Es ist so ein LKW-Fahrer gewesen, der behauptet, er hätte nicht mitgekriegt, dass er einen Fußgänger erwischt

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