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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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ist griechisch und heißt Dalli!«
    »Asheghetam!«
    »Gesundheit!«
    »Nein.
Asheghetam.
Das ist Farsi.«
    »Ach. Und was heißt es?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du mich auch!«
    »Sicher.«
    Die beiden funkeln sich an. Mit einer eindeutigen Grimasse verschwindet Ramy im Getümmel. Dafür öffnet sich die Tür, und Lorenz Kanzler betritt das
Pies & Pages.
An seinem Arm hängt – ich traue meinen Augen kaum – ein hübsches Mädchen mit großen, runden Rehaugen und braunen Locken, die ihm fast bis zum perfekt geformten Hintern reichen. Würde dieser nicht in einem kurzen, roten Kleid stecken, das verdächtig nach Leutnant Uhuras Uniform aussieht, hätte ich auf fortgeschrittene Fata Morgana getippt. Lorenz, der sie um eineinhalb Köpfe überragt, umgibt eine Aura von dämlicher Glückseligkeit. Mister Spock in einem Amsterdamer Coffeeshop. Obwohl ich unmittelbar vor ihm stehe, gafft er aus glasigen Augen in eine nicht vorhandene Ferne. Ich räuspere mich, worauf sich sein Blick in Zeitlupe senkt und – nach einigen Sekunden Verwirrtheit – in ein schmales Lächeln verwandelt.
    »Ah, Dotti, ich gratuliere«, sagt er und streckt mir die Hand hin.
    »Ich habe nicht Geburtstag, Lorenz.«
    »Nicht?«
    »Nein.«
    »Schade. Das wäre doch heute ein total
crazy …
«
    »Hallo, Lorenz«, unterbricht ihn Stella und hebt die Augenbrauen. »Willst du uns nicht deine Begleitung vorstellen?«
    »Ja, natürlich,
sorry:
Das sind meine Kolleginnen Dotti und Stella, das ist Monika Bayer, genannt Momo. Meine Freundin«, ergänzt er mit tatsächlich stolzgeschwellter Hühnerbrust.
    »Du bist Dotti?«, fragt Momo mit weit aufgerissenen Augen, als sie mir die Hand schüttelt. Sie riecht nach Rosen und Zwiebeln.
    »Das behaupten jedenfalls alle.«
    Das Mädchen ist entzückend. Wenn sie lacht, leuchten ihre großen Pupillen, und obwohl sie kein Model zu sein scheint, glänzt sie mit einer natürlich schönen Ausstrahlung.
    »Ich liebe deinen Blog, Dotti! Echt, du hast so viel für uns Singles getan, ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
    »Ich dachte, ihr seid zusammen?«
    Der Widerspruch zwischen den Bezeichnungen Freundin und Single macht mich stutzig.
    »Oh, ja, es dauert eben eine gewisse Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat, nicht, Lollo?«
    Momo sieht Lorenz liebevoll an.
    »Aber bis letzte Woche war ich Single. Ich hatte noch nie eine richtige Beziehung, meine einzige große Liebe war Stephen King. Dann haben meine Freundinnen mir zum Geburtstag eine Mitgliedschaft bei
Literally in Love
geschenkt. Ich habe sie ausgelacht. Ich und Dating? Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich dort jemanden wie Lorenz kennenlerne.« Verliebt sehen die beiden sich an.
    »Du bist angemeldet?«, frage ich meinen Kollegen.
    »Tja, Dotti, du erinnerst dich unter Umständen nicht daran, aber du hast mich dazu gezwungen.«
    »Dritteperson?«
    »Positiv.«
    »Und als
dritteperson …
«
    »… habe ich Momo kennengelernt. Sie hat mich angeschrieben. Unser Matchingergebnis liegt bei dreiundneunzig Prozent«, ergänzt er stolz.
    »Aber Lorenz«, sage ich leise zu ihm, während Momo sich mit Stella unterhält, »den Test habe
ich
ausgefüllt. Er ist ein Fake und hat nichts mit dir zu tun.«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Weißt du, Dotti, wenn ich in den letzten Wochen eines von dir gelernt habe, dann, dass alles irgendwie ein Fake ist.«
    Mit einem zufriedenen Grinsen nimmt er Momos Hand und zieht sie in Richtung Gurkensandwiches. Dafür gesellt sich Christine zu uns. Sie balanciert einen Teller mit zwei Muffins sowie ein Glas Limonade.
    »Deine Mutter ist eine Meisterköchin«, sagt sie und beißt genüsslich in einen Schoko-Minz-Muffin. »Ich muss mir unbedingt das Rezept besorgen«, fügt sie mit vollem Mund hinzu.
    »Du kannst doch gar nicht kochen.«
    »Eben. Es wird Zeit, es zu lernen. Ich habe mich übrigens für Mikis Asia-Singlekochkurs angemeldet. Männer sind das neue Sushi«, ergänzt sie, als sie meinen Blick bemerkt. »Keiner will es mögen, aber alle reden drüber; jeder nascht davon, und gesund soll es auch sein.«
    »Und Phyllium?«
    »Man muss den großen Entwicklungen Zeit geben, Dotti. Gut Ding braucht Weile.« Sie zwinkert mir zu.
    »Dürfte ich endlich erfahren, was hier los ist?«
    Allein der Geruch von Muffins lässt meinen Magen rotieren. Immer wieder suche ich den Raum nach dem einen Gesicht ab, doch egal, wie oft ich nach ihm Ausschau halte, nirgendwo blitzt ein blonder Haarschopf oder ein Paar blaue Augen auf.

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